Gnomonik

Es ist nicht nur ein kompliziertes Wort, sondern auch ein Thema der beobachtenden Astronomie. Keine Sorge, es ist wirklich leicht zu verstehen. Und damit habe ich es auch schon verraten: Es ist nicht nur ein Thema der beobachtenden Astronomie, sondern auch ein Thema für jetzt. Suggeriert ja auch schon der Titel.

Gnomone sind im Grunde nichts anderes als Sonnenuhren. Am einfachsten sind Werkzeuge wie ein Stab oder ein Mast, welcher senkrecht in den Boden gerammt wird. Das Wort kommt, wie schon fast gedacht, aus dem Griechischen (ὁγνώμων) und bedeutet so viel wie Aufseher, Beobachter, Begutachter und in dem Fall ein Instrument, welches den Sonnenstand aufzeigt. Mit einem Gnomon meint man meist die gesamte Sonnenuhr mit Ziffernblatt.

Im Altertum baute man die Gnomone riesig! Die Griechen übernahmen die Technik des Gnomons von den Babyloniern. (Aber da wir ja hauptsächlich den Fokus auf die Ägypter haben, interessieren wir uns mal eher dafür.) In Ägypten baute man riesige Obelisken, welche aus dem nackten Stein gehauen waren, mit welchen man die Sonnenstände und Sonnenläufe studierte. Sie mussten so groß gebaut sein, um präzise wie möglich zu sein. Da aber die Sonne nicht punktförmig ist, sondern eine Kugel mit dem mittleren scheinbaren Durchmesser von 32 Bogenminuten, muss man versuchen den Schatten zu mitteln. Jedenfalls steht der größte noch erhaltene Obelisk in Luxor, der während der Herrschaft von Hatschepsut errichtet wurde. Leider wurden einige der Obelisken von den Römern entwendet und nach Rom geschafft. So auch der Obelisk, der unter der Herrschaft von Ramses II. errichtet wurde.

Aus der Höhe des Gnomons (H) und der Schattenlänge (s), die dieser wirft, kann man die Höhe der Sonne (h) ermitteln: h = tan-1 (H/s). Im Laufe eines Jahres verändert sich durch die Neigung der Rotationsachse der Erde der Sonnenstand, im Winter nimmt die Sonne einen niedrigen Lauf am Himmel ein und im Sommer einen zenitnahen Lauf. Was auch gleichzeitig bedeutet, dass die Schatten länger oder kürzer sind. Aber nicht nur das kann man aus den Schattenläufen herauslesen, sondern natürlich auch der aktuelle Höhenwinkel und die damit verknüpfte Wahre Sonnenzeit.

Aus solchen Gnomonbeobachtungen lässt sich auch die Neigung der Ekliptik gegen den Himmelsäquator und somit die Neigung der Rotationsachse bestimmen. Das kann man aus dem Höhenwinkel des höchsten Stands (am Mittag) der Sommersonnenwende und der Wintersonnenwende. Der daraus gebildete Mittelwert ist die Neigung der Ekliptik und eine kleine Ungenauigkeit, weil die genaue Sonnenwende nicht genau mittags standfinden muss. Ferner kann man sogar aus diesen Beobachtungen ziehen, dass die Erdbahn eine Ellipse sein muss, weil das Sommerhalbjahr der Nordhalbkugel länger dauert, als das Winterhalbjahr auf derselbigen. Eine Folge des 2. Keplerschen Gesetzes: Wenn die Erde im Aphel (Sonnenferne) ist, läuft sie langsamer, als wenn sie nahe dem Perihel (Sonnennähe) ist. Die Erde durchläuft den Aphel Anfang Juli und den Perihel Anfang Januar.

Um aus einem Gnomon eine Sonnenuhr werden zu lassen, eine Sonnenuhr ist im Grunde ein erweiterter Gnomon, fehlt noch die Fläche, wo der Schatten entlanglaufen kann. Auf der Fläche kann man die Schattenstände in Bezug auf Datum und Zeit eintragen, also das Zifferblatt. Man unterscheidet Sonnenuhren nach ihrer Ausrichtung des Ziffernblatts. Die erste Unterteilung ist in Horizontal-, Vertikal-, oder Äquatorialsonnenuhren. Bei einer Horizontalsonnenuhr liegt das Ziffernblatt logischerweise auf der Horizontalen des Aufstellungsort. Besonders bei sehr großen Uhren wählt man diese Art der Sonnenuhr. Bei der Vertikalsonnenuhr ist das Ziffernblatt senkrecht zur Horizontalen gerichtet und findet man oft an z.B. alte Stadttürme oder Hauswände. Am einfachsten wäre es das Ziffernblatt oder die Gebäudewand in die Ost-West-Richtung auszurichten, da man sonst ein asymmetrisches, also nicht-lineares Ziffernblatt besorgen müsste. Das wären übrigens dann die Asymmetrischen Vertikalsonnenuhren. Die dritte Variante findet man häufig in eher kleineren Ausgaben, nämlich die Äquatorialsonnenuhr. Hier gibt es auch zwei verschiedene Ausführungen. Einmal der Typ, der äquatorparallel das Ziffernblatt hat und der zweite Typ, der erdachsenparallel das Zifferblatt hat. Dabei ist die äquatorparallele Sonnenuhr parallel zum Himmelsäquator und der zweite Typ parallel mit dem Himmelsnord, bzw. -südpol. Bei beiden Fällen muss man die eigene geografische Breite berücksichtigen, beim zweiten Typ ist das Ziffernblatt um den Winkel der geogr. Breite gegen der Horizontebene geneigt und beim ersten Typ um den Komplementärwinkel, also der Kehrwert des Winkels der geogr. Breite.

Meine eigene improvisierte äquatorialparallele Sonnenuhr aus Holz.

Sonnenuhren zeigen wie oben bereits angedeutet, wenn man das Zifferblatt und der Schattenwerfer richtig anbringt, bzw. nach Norden ausrichtet, die WOZ an, die Wahre Ortssonnenzeit an. Außer sie ist extra schon auf MEZ für eine bestimmte geografische Länge genormt. Um daraus z.B. MEZ oder MESZ zu erhalten, muss man die geografische Länge berücksichtigen. So ist die MEZ z.B. sozusagen genormt nach der WOZ für 15° Ost und die MESZ nach 30° Ost. 15° Langendifferenz ist eine Stunde, da (360° (Vollkreis) / 24 h = 15°). Eine Minute wäre (360° / 1 440 min = 0,25° = 15′) und eine Sekunde (360° / 86 400 s = 0,25′ = 15″). Beispiel: Du lebst auf einer geogr. Länge von 8°37′ und wir haben aktuell Sommerzeit (MESZ, Mitteleuropäische Sommerzeit) und deine Sonnenuhr zeigt eine WOZ von 12:40 an. Dann bist du (30° – 8°37′ = 21°23′) von dieser genormten geogr. Länge entfernt. Das macht einen Zeitversatz zur gesetzlichen MESZ von (21°23′ / 360° = 0,059 398… → 0,059 398 × 24 h = 1h25min32sec) was bedeutet, dass es zwar 12:40 WOZ ist, aber nach MESZ haben wir (12:40 + 1:25:32 = 14:05:32) schon nach 14:00.

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Quellen:
Kompendium der Astronomie, Hans-Ulrich Keller, 2019, Kosmos, 978-3-440-16276-7, S. 12-14.
http://www.swetzel.ch/sonnenuhren/mtsu/mtsu.pdf
https://de.wikipedia.org/wiki/Sonnenuhr
https://de.wikipedia.org/wiki/Gnomon
https://de.wikipedia.org/wiki/Gnomonik

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