2I/Borisov (C/2019 Q4)

Der Komet Borisov ist das zweite interstellare Objekt, welches unser Sonnensystem durchfliegt. Er ist jedoch eher wie ein gewöhnlicher Komet – im Gegensatz zu ‘Oumuamua. Was ein Komet ausmacht. Über Borisovs Entdeckung

Borisov vom 08. Dezember am Tag seines Perihelions
Bildquelle: https://www.spacetelescope.org/images/heic1922b/

In diesen Tagen bietet sich jedoch eine einmalige Gelegenheit ihn noch genauer zu erforschen: Am 08. Dezember passierte er sein Perihelion von etwa 2 AE. So kann er etwas näher betrachtet werden, denn mit einer Exzentrizität von etwa 3,36 befindet er sich auf einer hyperbolischen Bahn und wird also wieder in einigen Jahren oder Jahrzehnten das Sonnensystem verlassen.
So hat also unser außerirdischer Freund vor Millionen, oder gar Milliarden Jahren ein anderes, fremdes Sonnensystem verlassen.

Entdeckungsgeschichte

Am 30. August dieses Jahres 2019 (Ortszeit 29. August) entdeckte Gennadij Borisow durch sein eigen gebaut und designtes 65-cm-Teleskop ein schwaches Leuchten mit einem breiten, kurzen Schweif. Borisov ist tatsächlich nicht besonders groß. Er sah den Kometen kurz vor Morgengrauen in seinem Teleskop. Dem Amateurastronom Borisov ist es bereits sein achter Komet, aber noch nie hat er natürlich einen interstellaren Kometen entdeckt. „Es war ein großes Glück, dass ich so einzigartiges Objekt zu Gesicht bekomme“, sagte er (scheinbar) zu Alexandra Witze (s. Quelle).

Blick auf unser Sonnensystem

2I/Borisov unterscheidet sich sehr von seinem Vorgänger ‘Oumuamua, welcher bereits 2017 in unser inneres Sonnensystem vorgedrungen war. (Es machte weltweit öfters Schlagzeilen, und habe ich eigentlich schon vom Projekt Lyra erzählt?) (ersten) Schätzungen zufolge soll es 1026 von solchen interstellaren Kometen in unserer Milchstraße geben. Ausgeschrieben ist das die Zahl 10‘000‘000‘000‘000‘000‘000‘000‘000!

Sie entstehen vermutlich in der Entstehungsphase junger Sterne, wenn sich die Planetesimale in den Akkretionsscheiben um das Masse Zentrum, junger noch heißer Sterne, welche aus Gas und Staub bestehen, bilden. Sie werden bei nahen Begegnungen von größeren Objekten zum Beispiel aus gravitativen Gründen aus dem jeweiligen Sternsystem herausbefördert. Den Simulationen aus der Quelle zufolge würdenmehr als 90 % der Planetesimale und Kometen in dieser Entstehungsphase von Planeten aus einem Sternsystem herausgeschleudert.

‘Oumuamua und Borisov geben bereits einen ersten Blick auf die Physik, Dynamik und Chemie junger Sternsysteme außerhalb von unserem. So kann man erfahren, ob unser Sonnensystem irgendwie hinsichtlich der Stoff-Zusammensetzung einzigartig ist, auch getrennt davon, dass der Aufbau unseres Sonnensystems ebenso einzigartig ist.

Anders als bei ‘Oumuamua, der erst bei der Abreise sozusagen entdeckt worden war, konnte Borisov schon vor dem Perihelion finden. Das ermöglicht uns Wissenschaftlern natürlich mehr Zeit um Borisov zu untersuchen. Aus dem Grund kann man über Borisov auch mehr erfahren und somit auf chemische Verbindungen von seinem Herkunftsstern schließen. Der Herkunftsstern ist unbekannt, oder konnte ihn nicht herausfinden.

Die interstellaren Objekte

Die Astronomen hatten als ein erstes interstellare Objekt sich tatsächlich einen gewöhnlichen Kometen vorgestellt, der aus einer anderen Oortschen Wolke stammt. Die Oortsche Wolke ist eine Region, in der kugelförmig (mehr oder weniger) isotrop verteilt, viele Milliarden Kometen sind. Die Oortsche Wolke dehnt sich bis zu etwa einem Lichtjahr aus. Falsch gedacht!

‘Oumuamua war kleines, mysteriöses Objekt, etwa 4-mal länger als breit, vielleicht auch 10-mal länger als breit. Ungefähr 700 Meter lang. Im Vergleich zu den konventionellen, gewöhnlichen Kometen, die wir aus unserem Sonnensystem kennen, ist ‘Oumuamua also winzig! ‘Oumuamua hat auch eine dunkle Albedo, noch dunkler, als bei gewöhnlichen Kometenkernen. Er hat keinen feststellbaren Schweif, hatte allerdings eine Beschleunigung beim Abflug hingelegt, wie wir sie von Kometen auch kennen. Auch taumelte der ‘Oumuamua unkontrolliert herum – eine unberechenbare Rotation aus drei Achsen. Viel mehr konnten die Wissenschaftler nicht herausfinden.

Borisov sieht hingegen ziemlich üblich für einen Kometen aus. Wissenschaftler und Untersuchungen laufen im Moment auf Hochtouren für Borisov, für ihn sind freilich einige Teleskope gebucht. So sind die Wissenschaftler, wie z.B. Karen Meech brennend daran interessiert, ob er sich mit der chemischen Signatur vom Sonnensystem übereinstimmt. Borisov hat einen erstmals geschätzten Durchmesser von zwischen 2 und 16 Kilometer, am wahrscheinlichsten ist er vielleicht etwa 2 Kilometer groß und hat seine größte Annäherung zur Erde am 28.12.2019 von etwa 289,7 Millionen Kilometer. Borisov scheint rötlich gefärbt zu sein. Seine Oberflächenzusammensetzung ist wie erwartet: Ähnlich einem Kometen aus der Oortschen Wolke und auch eher wie ein langperiodischer Komet.

Nach der Entdeckung von ‘Oumuamua haben die Wissenschaftler schon gedacht, dass sie ihre Vorstellungen von interstellaren Objekten überdenken müssen. Mit der Entdeckung von Borisov seien die Wissenschaftler mehr beruhigt. Wobei man sagen muss, dass nach zwei interstellaren Objekten eigentlich noch keine feste Aussage gemacht werden kann.

Alle Neuigkeiten bisher

Neue Informationen waren nach der Information, dass es wegen der hyperbolischen Bahn ein interstellares Objekt sein muss, absolut zu erwarten.
Schon drei Wochen später richteten eine Gruppe von Astronomen um unbekannt von der IAC das 4,2-Meter-William-Herschel-Teleskop nach Borisov aus und entdeckten im sichtbaren Spektrum die Spektrallinien von Cyanid(-gas), die vom Kometenkern wegströmen. (Emissionsline bei 388 nm) So haben sie das erste Mal die Emissionen von einem Gas von Kometen festgestellt, welcher von außerhalb unseres Sonnensystems kommt.

Am 11. Oktober 2019 wies ein anderes Team mit einem 3 ½-Meter-Teleskop in New Mexico atomarer Sauerstoff nach. Er kommt vielleicht von Wasser, das sich im Kometenkern aufspaltet. Dass Cyanidgas und Wasser auftaucht ist allerdings keine Seltenheit und auch bei unseren Kometen üblich.

Auch sei die Evidenz von diatomarer Kohlenstoff wurde berichtet, jedoch noch nicht bestätigt. Das Massenverhältnis von C2 zu CN (Das ist Cyanid) soll aber demnach weniger als 0,3 liegen, was bedeutet, dass es etwas mehr als 3-mal soviel CN auf 2I/Borisov gibt, als C2.

Chancen

Im Laufe der nächsten Wochen werden sind mit neuen Ergebnissen zu rechnen. Die Wissenschaftler und ich auch, hoffe, ob man durch Borisov lernen kann und besser verstehen kann, wie es in fremden Sonnensystemen mit der chemischen Zusammensetzung ist, und wie viele Besucher wie ‘Oumuamua und Borisov in den nächsten Jahren und Jahrzehnten kommen mögen. Tatsächlich haben die Forscher nicht erwartet in so kurzer Zeit zwei interstellare Objekte zu entdecken.
Auch versuchen andere durch Simulationen am Computer herauszufinden, wo die zwei interstellare Objekte herkommen – gar nicht so einfach, denn sie können in der Nähe eines Planemos vorbeigekommen sein, bei seinem letzten Stern auch nur ein Besuch gemacht haben.

i4is

Die Grafik stellt den Kurs und die Manöver dar.

Auch bei Borisov hat die i4is Machbarkeitsstudien durchgeführt, wie man an die interstellaren Objekte herankommen kann. Bei ‘Oumuamua wäre es einfacher, denn er ist nicht ganz so schnell, wie Borisov. Laut i4is könnte man, hätte man Borisov früher entdeckt (Startdatum Juli 2018) mit einer Rakete der Falcon Heavy z.B. recht energetisch einfach eine bis zu 2 Tonnen schwere Nutzlast losschicken können.

Es würde nur noch gehen können, wenn man am 16. Januar 2030 eine extreme Schwerlastrakete, wie das SLS starten könnte – aktuell wäre die Vorbereitung und die Erprobung der noch nicht ganz fertigen SLS das leider erst in 5 Jahren. Aber wenn, dann müsste Richtung Jupiter fliegen, innerhalb von wenigen Monaten, am 13. November 2031, und dann beim Jupiter durch ein Fly-By-Manöver stark abbremsen, dass man in der Nähe der Sonne am 22. Juli 2032 den vollen Schub liefert, vielleicht mit Festtreibstoffraketen, und dann am 21. März 2045 bei einer relativen Geschwindigkeit von 34 km/s den Borisov einholen könnte. Jedoch könnte die Nutzlast nur noch in der Größe eines CubeSats sein (3 kg).

Die Tabelle zeigt, was nötig für die zwei Manöver wäre.

Quellen:

https://arxiv.org/pdf/1909.06348.pdfhttps://ssd.jpl.nasa.gov/sbdb.cgi?sstr=1003639;old=0;orb=1;cov=0;log=0;cad=0#elemhttps://en.wikipedia.org/wiki/2I/Borisov
https://www.spektrum.de/news/rendezvous-mit-einem-interstellaren-eindringling/1689226 eine Übersetzung aus: https://www.nature.com/articles/d41586-019-03530-3

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