Kosmische Strahlung, Teil 2 von 2

Sonnenwind, wie und was genau?

Im vorigen Kapitel haben wir schon gehört, dass viel Kosmische Strahlung über den Sternenwind geht, deshalb wollen wir es nun in diesem Extra-Kapitel genauer erläutern.

Die Sonne ist eine riesige Kugel aus erregtem Gas, Plasma, welche vor rund 4,567 Mrd. Jahren in einem lokalen Verdichtungsevent des sogenannten Sonnennebels, welcher heute nicht mehr existiert, geformt wurde.
Die Sonne zog über 1,4 × 1029 Kilogramm oder etwa über 80 Jupitermassen an, um das einfache Wasserstoff, Protium genannt, bei einer Kerntemperatur von 3 Millionen Kelvin zum Fusionieren zu bringen. Wäre sie nicht schwerer als 80 Jupitermassen geworden, was nur etwa 7,6 Prozent einer Sonnenmasse ist, dann wäre sie als Brauner Zwerg verblieben, der nur genügend Kerntemperatur für die Deuteriumfusion hat, welche erst ab 13 Jupitermassen beginnt. Die Sonne besitzt etwa 1047 Jupitermassen.

Der pp-Prozess veranschaulicht.

In der Tat startet die Wasserstofffusion erst bei einer Temperatur von etwa 3 Millionen Kelvin und ist zur vierten Potenz temperaturabhängig. Das heißt, dass wenn wir die Temperatur verdoppeln, erhöht sich die Energieproduktion um den Faktor 24, also um das Sechzehnfache. Bei dieser sogenannten Proton-Proton-Reaktion, oder pp-Prozess, reagieren zweimal zwei Protonen unabhängig voneinander zu zwei getrennten Deuteriumkerne, sowie ein Positron und Elektronneutrino jeweils. Die beiden Deuteriumkerne fusionieren wiederum mit einem Proton, wobei sie zu einem Helium-3-Kern verschmelzen. Dabei entsteht jeweils ein Photon. Die zwei Helium-3-Kerne verschmelzen schließlich zusammen und zwei Protonen werden wieder freigesetzt und der Mutterkern ist nun ein Helium-4-Kern.

Der CNO-Zyklus veranschulicht.

In der Sonne ist noch ein Vorgang am Werk, der Energie produziert. Der sogenannte CNO-Zyklus oder auch der Bethe-Weizsäcker-Zyklus. Dieser startet erst ab ca. 6 ½ Millionen Kelvin, ist aber jedoch um die 17. Potenz temperaturabhängig, also viel temperaturgebundener als der einfache pp-Prozess, wenn man hier die Temperatur verdoppelt, wird die Energiefreigabe um den Faktor 217 erhöht, was das 131 072-fache wäre. Beim CNO-Zyklus reagiert ein Kohlenstoff-12-Kern mit einem Proton zu Stickstoff-13 und gibt dabei ein Photon ab. Der Stickstoff-13-Kern ist instabil und gibt im Beta-Plus-Zerfall ein Neutrino und ein Positron ab und wird zu Kohlenstoff-13. Dieser 13C-Kern reagiert mit einem Proton unter Abgabe von einem Photon zu Stickstoff-14. Dieser Kern reagiert mit einem weiteren Proton zu Sauerstoff-15 und verliert ebenso ein Photon. Unter einem Beta-Plus-Zerfall zerfällt der 15O-Kern zu Stickstoff-15 unter Abgabe von einem Neutrino und einem Positron. Danach reagiert das Stickstoff-15 wieder mit einem Wasserstoffkern, woraufhin gleich der Kern ein Alphateilchen (Helium-4-Kern) abgibt und wieder zu Kohlenstoff-12 wird. Dieser Prozess macht allerdings nur lediglich 2 % der Gesamtenergieerzeugung der Sonne aus, während der Rest nur der pp-Prozess ist. Das ist wegen der geringen Menge an schwereren Elementen in der Sonne im Vergleich zu Wasserstoff und Helium und wegen der dafür zu geringen Temperatur.

Diese Teilchen haben all ihre Energien, die sie durch ihre Temperatur und Geschwindigkeit und weitere Eigenschaften haben, und geben sie im Falle einer Reaktion weiter an die an der Reaktion beteiligten Teilchen. Falls sie vorher eine Bindung mit anderen Teilchen gehabt haben, wird die Bindungsenergie genauso übertragen. Kernfusion ist im Allgemeinen ein sehr langwieriger Prozess und hätte man ein Komposthaufen, der das gleiche Volumen wie die Sonne hat, würde im Komposthaufen mehr Energie freigesetzt werden.

Jedenfalls gehen diese ganzen Produkte wie diese Neutrinos, Protonen teilweise und Alphateilchen direkt aus der Sonne. Das Neutrino sogar sofort, da ihre Masse vermutlich unter einem eV/c2 liegt, aber meist Energien besitzen, die tausendfach stärker sind. So reagieren sie nur äußerst unwahrscheinlich mit einem Teilchen der Sonne, sodass sie die Sonne sofort verlassen können und nicht wie andere Materie und gewöhnliches Licht sich an den Teilchen in der Sonne entlangschlängeln muss.
Andere Materie, auch schwerere Partikel, verlassen die Sonne nicht unbedingt durch Kernfusionsreaktionen, sondern eher durch Eruptionen, Kurzschlüsse im Magnetfeld, welches das Plasma, also die Materie der Sonne allgemein, dann wegen dem Kurzschluss in eine Protuberanz leitet und dann von der Sonne sich abstößt, wenn die Ladungen quer stehen.
So verlassen etwa 1,84 × 1036 Neutrinos pro Sekunde insgesamt die Sonne und auch viele andere Teilchen. Diese sind die Hauptquelle für Neutrinos und generell Kosmische Strahlung auf der Erde.

Der Sternwind von besonders massereicheren und jungen Sternen führt besonders viel Energie mit sich und regt die H-II-Region (Nebel aus Staub und Gas) zum Leuchten durch Rekombination an. Rekombination ist, wenn ionisierte Materie in den Normalzustand zurückkehrt und Licht als Energie freigibt. Diese Nebel nennt man auch Emissionsnebel und der Stern „brennt“ oft eine Kugel in den Nebel hinein und löst diesen über die Zeit auf.

Was wir von der Kosmischen Strahlung messen können

Der Entdecker der Kosmischen Strahlen ist Victor Hess im Jahr 1912. Er unternahm ein Heißluftballonflug, um die Radioaktivität in der Höhe zu messen. Es war eine zufällige Entdeckung und er erwartete eigentlich, dass die Radioaktivität sinken würde, weil er einen größeren Abstand zum Erdkern einnimmt. Also man hatte an Radioaktivität, Strahlung, aus dem All nicht wirklich gedacht – bis dahin.

Die Partikelrate der Kosmischen Teilchen. Die x-Skala zeigt die Energien der Teilchen an, die y-Skala eine Art Wahrscheinlichkeit. Bei ca. 10^11 eV kommt zum Beispiel ein Teilchen pro Sekunde und Quadratmeter an.

Was tatsächlich zur Erde von der Kosmischen Strahlung kommt, ist die Höhenstrahlung. Wenn ein Teilchen, auch genannt Primärteilchen, der Kosmischen Strahlung in der Atmosphäre gelingt, dann trifft dieses Teilchen mit Sicherheit irgendwann auf ein Teilchen der Luft. In diesem Moment reagieren die beiden Teilchen und weil das Teilchen der Kosmischen Strahlung sehr viel Energie mitbringt, zerfallen beide Partikel in kleinere Stücke, die man dann Sekundärteilchen nennt. Diese Partikel haben in der Regel trotzdem noch äußerst viel Energie und spalten sich wieder mit anderen Luftteilchen auf. Weil so immer mehr Sekundärteilchen insgesamt entstehen, entsteht eine Kaskade, eine Kettenreaktion. Dieser Prozess wird deswegen auch „Teilchenschauer“ genannt.

Es gibt hauptsächlich vier moderne Arten die Höhenstrahlung zu messen: Mit Szintillatoren, Tscherenkow-Detektoren, Radiodetektoren und mit Lumineszenzdetektoren.

Das ist einer der Szintillatoren, als Testbau für IceCube (mehr weiter unten). Es nutzt Plastik als Szintillator und das einfallende Licht wird schnell über diese grünlichen Kabel an den Photomulitplier weitergeschickt.
Foto aus einer Werkstatt im KIT Campus Nord bei Leopoldshafen, Foto von ca. 05.03.2020

Szintillatoren sind Detektoren, dessen Moleküle von energiereichen Photonen und anderen Teilchen so angeregt werden, dass sie Photonen abgeben, wenn die energiereichen Partikel durch den Szintillator gehen.

Tscherenkow-Detektoren arbeiten auf der Basis von der Tscherenkow-Strahlung. Sie wird erzeugt, wenn energiereiche Teilchen durch ein Medium blitzen und dabei schneller sind als die spezifische Lichtgeschwindigkeit des Mediums. Die spezifische Lichtgeschwindigkeit eines Mediums ist immer geringer als die konstante Vakuumlichtgeschwindigkeit von 299 792 458 m/s, sodass Teilchen mit viel Energie zwischen beiden Lichtgeschwindigkeiten liegen. Durch geometrische Effekte wird von den Teilchen eine Art Energiestoß freigesetzt, welches ein bläulich schimmerndes Licht freigibt. Dieses wird von Photomultipliern eingefangen, welche das Signal verstärken. Das Licht eines einzelnen Teilchens der Kosmischen Strahlung hebt sich nur für einen kleinen Bruchteil einer Sekunde.

Mit Radioantennen kann man natürlich ebenso nach Partikeln Kosmischer Strahlung Ausschau halten. In dem Fall werden wohl nur elektrisch geladene Teilchen mit den Radiodetektoren aufgespürt.

Lumineszenz-Detektoren sind meistens Teleskope für das sichtbare Licht, welche in die Atmosphäre schauen. Wenn die Teilchen der Kosmischen Strahlung auf z.B. Stickstoff-Moleküle der Luft treffen (Stickstoff ist in der Luft eigentlich nur als N2 vorhanden), dann kommt es zu einer ganz sachten Lumineszenz, welche vermutlich durch ein Rekombinationsleuchten ausgelöst werden. Also wenn Stickstoff von einem höheren Energiezustand zu einem niedrigeren Energiezustand fällt und dabei ein ganz bestimmtes Licht abgeben. Da dieses Licht so schwach ist und auch sehr zeitabhängig ist, also dass das Licht sehr schnell wieder abebbt, muss es extra von lichtempfindlicheren Teleskopen beobachtet werden, die keine Probleme haben ein Licht, welches sich nur für Nanosekunden hebt, zu erfassen. Die Daten hieraus sind ziemlich genau, aber können nur etwa 13 % der Zeit eingesetzt werden, weil es tagsüber viel zu hell ist und ebenso, wenn der Mond scheint.

Die schon reagierten Sekundärteilchen sind durch die hohen Energien, die mit ins Spiel kommen, teilweise exotische Materie, wie die Mesonen, die aus einem Quark und einem Antiquark bestehen, wie zum Beispiel die Pionen oder die Kaonen. Auch exotische Leptonen werden gebildet. Myonen zum Beispiel. Daher gibt es beim Pierre-Auger-Observatorium Myonen-Detektoren auf Szintillator-Basis.

Wenn die Primärteilchen oder Sekundärteilchen auf z.B. Stickstoffmolekül treffen, kann zum Beispiel das Stickstoff ein Proton gestohlen bekommen und so das Kohlenstoff-14-Atom entstehen. Dieses Isotop nehmen die Pflanzen natürlicherweise bei der Photosynthese auf und tragen es über Tier oder direkt in der Nahrungskette zum Menschen.

Wie ich schon vorhin gesagt habe, gehen die Energien der höchstenergetischsten Teilchen der Kosmischen Strahlung bis zu etwa 1021 eV, was für ein einzelnes Teilchen schon sehr viel Energie ist. Man geht von etwa 1 000 Teilchen der Kosmischen Strahlung pro Quadratmeter und Sekunde aus, außer der Sonne und der Neutrinos.

IceCube, angerissen

Die Wohnkuppel von IceCube beim Südpol im Eis
…und jetzt unten drunter IceCube und auf der Oberfläche IceTop.

Ein Beispiel für eine Forschungsbasis für die Kosmische Strahlung ist IceCube. Es liegt direkt in der Antarktis, nur wenige Hundert Meter des Südpols und der Scott-Amundsen-Raumstation entfernt. Dort wird in einem Kubikkilometer unter der Oberfläche Neutrinos gemessen. Also sie haben nicht alles freigegraben, aber viele Hundert Röhren gebohrt, in denen viele Sensoren für die Neutrinos kommen. Auf der Oberfläche haben wir IceTop, welches ähnlich wie das Pierre-Auger-Observatorium mithilfe verschiedener Instrumente die Kosmische Strahlung einfängt. Da wir sie am Südpol laborieren, sind die menschlichen Faktoren kleingehalten.

Eine Übersicht des Standardmodells der Teilchenphysik.

Quellen:

Bildnachweis (gilt auch für den ersten Teil):

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