Äußerst massereiche O-Sterne, die kurz vor der Supernovadetonation stehen.
Wolf-Rayet-Sterne sind, wie der Name schon sagt Sterne. Doch sind sie zwar Sterne, jedoch sind Sterne äußerst unterschiedlich: Vom Braunen Zwerg und dem Roten Zwerg über die G-Sterne bis hin zu den Blauen Hyperriesen gibt es einen Massenunterschied des über Zweitausendfachens. Die massereichsten Sterne existieren in ihrer ersten Lebensspanne, nämlich in der Hauptreihe, für nur knapp mehr als eine Millionen Jahre, das ist weniger Zeit als die Spanne, in der der Homo Sapiens Sapiens das Feuer zu kontrollieren wusste, wohingegen viel masseärmere Sterne für mehrere Dutzend Jahrbillionen. Auch hier ist die Spanne nicht nur bemerkbar, sondern nicht zu übersehen. Auch in Punkto Oberflächentemperatur unterscheiden sie sich: die allerwinzigsten Braunen Zwergen haben Oberflächentemperaturen von nur um die 100 K, da wären wir um tiefsten Y-Spektrum, bis hin zu Neutronensternen, Pulsare und Magnetare also, und andere O-Sterne, welche über 100 000 K an ihrer Oberfläche heiß sind. Das sind natürlich nur die Extremen. Der Großteil der Sterne variiert aber trotzdem beträchtlich. Jetzt wissen wir, warum die Frage sich zwar selbst beantwortet, aber dies in einer nur ungenügenden Qualität.
Sterne strahlen Licht aus, senden also elektromagnetische Strahlung aus. Wenn man durch sein Glasprisma Licht durchlässt, dann zerlegt das Prisma das Licht in die Farben des Regenbogens, in das Spektrum. Durch einen geometrisch-optischen Effekt werden die längeren Wellenlängen anders als kürzere im Prisma gebrochen. Diese Technik in verfeinerte und moderne Form setzt man ein, um das Sternenlicht spektraltechnisch zu analysieren. Bei einigen sehr bestimmten Wellenlängen wird das Licht stark absorbiert und man kann solche Absorptionen klar zu bestimmten Elementen zuordnen. So kann man Sterne kategorisieren. Masse, Radius, Temperatur, Leuchtkraft und Spektrum von bestimmten Sternengruppen gehen meist einher. Den verschiedenen Kategorien haben die Astronomen Großbuchstaben zugeordnet: O-B-A-F-G-K-M. Die Wolf-Rayet-Sterne, oder auch WR-Sterne abgekürzt, 3 Sterne des Sternbild Schwans konnten die französischen Astronomen Georges Antoine Pons Rayet und Charles Joseph Etienne Wolf jedoch zu keinem Sternentypen einordnen und teilten sie deswegen einer von ihnen neu erdachten Kategorie „W“ ein. W wie Wolf-Rayet.
Wolf und Rayet und bisschen Geschichte
Deren ersten Zusammenarbeit fand bei der fotografischen Beobachtung der totalen Mondfinsternis am 04. Oktober 1865 statt.
Georges Antoine Pons Rayet wurde am 12. Dezember 1839 in Gironde bei Bordeaux geboren und besuchte keine Schule innerhalb der ersten 14 Jahre. Seine Familie zog nach Paris und er wurde mit seinem zwanzigsten Lebensjahr in eine École Normale Supérieur eingeschrieben, schon 1862 erhielt er sein Physik-Diplom und arbeitete kurz darauf am Pariser Observatorium für den Wetterdienst. Zu dem Zeitpunkt war Urbain J. J. Leverrier Direktor des Observatoriums und geriet nach fast einem Jahr mit Rayet in einen Streit über eine Vorhersage eines Sturms und infolgedessen wurde ihm, Rayet, gekündigt. Später wurde er wiedereingestellt. Ab 1876 wurde Rayet Professor für Astronomie und Observatoriumsdirektor von Bordeaux. 1879 wurde er Direktor des Obseravtoriums in Floriac (bei Bordeaux), welches durch u.a. eine Personalunion mit der Sternwarte von Bordeaux zusammenhing. Rayet verstarb am 14. Juni 1906 in Bordeaux.
Charles Joseph Etienne Wolf wurde am 09. November 1827 geboren und ebenfalls die École Normale Supérieur ab 1848 und schloss sein Studium 1851 mit dem Physik-Diplom ab. 1856 promovierte er an der Universität Montpellier über das Thema der Kapillarität als Funktion der Temperatur. Nach dem widmete er sich der Spektroskopie so wie oben angedeutet. Leverrier bot ihm ebenfalls eine Anstellung an seinem Observatorium an. Er untersuchte spektroskopisch die Nova von T CrB (Sternbild: Corona Borealis, Nördliche Krone) vom 20. Mai 1866. Dann entdeckte Wolf und Rayet zusammen drei Sterne im Schwan mit der 8. Größenklasse mit dem „W“-Spektrum. Er stellte später mit seinen astrometrischen Arbeiten einen Sternenkatalog der Sterne aus den Pleiaden an. 1883 wurde Wolf Mitglied der Pariser Akademie der Wissenschaften und 1898 sogar noch Präsident von deren. Am 04. Juli 1918 verstarb auch Wolf in Saint Servan, Ille-et-Vilaine.
Das Wesen der Wolf-Rayet-Sterne
WR-Sterne sind wirklich Giganten, sie sind sehr leuchtstark und haben viel Masse und haben unglaubliche Temperaturen, sogar auf der Oberfläche. Sie existieren aber auch nur für maximal 4 Millionen Jahre, was im Vergleich zur Sonne, die schon deutlich über 4 Milliarden Jahre noch nicht einmal zur Hälfte existiert hat, sehr kurz ist. Charakteristisch für WR-Sterne sind etwa 20 Sonnenmassen (ca. 4 × 1031 kg) und darüber. Teilweise haben sie sogar Massen von über 100 Sonnenmassen. Ihre Radien sind im Vergleich zur Sonne dahingegen geringer: von zwischen drei und 25 Sonnenradien ist meist die Rede. Ihre Oberflächentemperaturen liegen wirklich in der Extreme: die Temperaturskala für WR-Sterne beginnt erst bei 30 000 Kelvin bei ihrer Oberfläche. Sie strahlen also sehr viel im UV-Bereich ab und im sichtbaren Bereich nur stark bläulich. WR-Sterne sind das Endstadium der Sterne, die in der Hauptreihe den Spektraltyp O innehatten.
WR-Sterne zeigen bis zu 100 Å (10 nm) Einschnitte von Spektrallinien, also Emissionen, nahezu schon fast ganze Bänder. Der Ursprung der Emissionslinien liegt bei hochionisiertem Sauerstoff, Stickstoff, Kohlenstoff, Neon usw. Planetarische Nebel haben ähnlich Muster. Das liegt daran, dass die Emissionslinien von seinen expandierenden Hüllen kommen, deshalb werden sie auch des Öfteren Hüllensterne genannt. Diese Hüllen werden von der harten UV-Strahlung, nein Bestrahlung, vom Kern ionisiert und dabei zum Leuchten (Rekombinationsleuchten, Leuchten das bei der Rekombination entsteht) angeregt. Bei den meisten WR-Sternen kann man die Hüllen nicht direkt sehen. Tatsächlich ist jedoch jeder zehnte Wolf-Rayet-Stern das Zentrum eines Planetarischen Nebels.
Die Hüllen der WR-Sterne expandieren mit wenigen Tausend Kilometern pro Sekunde nach außen, werden dabei aber nicht nur von dem Strahlungsdruck der hochenergetischen Photonen nach außen befördert, sondern auch der Sternenwind des WR-Sterns. Dabei habe ich gerade massiv untertrieben, denn eigentlich ist es ein regelrechter Teilchensturm, diese Korpuskularstrahlung von den WR-Sternen, denn durch Sternenwind verlieren sie eine Sonnenmasse pro Hunderttausend oder Zehntausend Jahre. Sie rotieren auch sehr schnell. Trotz ihrer 3 bis 25fachen Sonnenradien Größe können sie einmal in 20 Stunden ungefähr um sich selbst rotieren. An der Oberfläche beträgt die Rotationsgeschwindigkeit auch somit bis zu 300 km/s, was immerhin 0,1 Prozent der Lichtgeschwindigkeit ist. Unsere Sonne bewegt sich einmal in ca. 25 Tage um sich (am Äquator schneller als an den Polen) und schafft somit ca. 2 km/s was sogar der Erde mit ihrer Rotationsgeschwindigkeit ähnelt.
Ihr Spektrum kann sich in drei Unterklassen einteilen, je nachdem welches Element im Spektrum überwiegt: WC (für Kohlenstoff), WN (für Stickstoff), WO (für Sauerstoff). In welche Unterklasse ein WR-Stern eingeordnet wird, hängt von seiner Masse ab. WC-Typen zwischen ca. 25 und 60 Sonnenmassen schleudern erst im Stadium des Helium-Brennens ihre Hüllen ab. Dieses Stadium ist vergleichbar mit Roten Riesensternen, die erst deswegen Rote Riesen geworden sind, da ihre Kerntemperatur dafür passte das Helium-Brennen mit einem Helium-Blitz zu beginnen. WN-Sterne haben Massen über 60 Mal der der Sonne und blasen bereits beim Wasserstoffbrennen im Kern ihre Hülle ab. WO-Sterne gibt es nur sehr selten und verlässliche Daten gibt es kaum, aber ihre Emissionslinien weisen auf hochionisierten Sauerstoff (O IV) hin.
Ihr kurzes Dasein endet in einer Supernova vom Typ Ib oder Ic, also ihr Wasserstoff ist aufgebraucht (im Falle der WR-Sterne vom Sternenwind einfach weggeblasen) und der Kern erzeugt nicht mehr genügend Energie und die Massen außerhalb vom Stern krachen in den Kern, dann gibt es eine Schockwelle, bei der sehr viel Sternenmaterie freigesetzt wird, der Kern wird bei den Supernovae, die vorher WR-Sterne waren, sehr wahrscheinlich immer zu stellaren Schwarzen Löchern.
Zuvor verlaufen massereiche WR-Sterne das Stadium der Hauptreihe als Spektraltyp O und wenn ihr Wasserstoff nach wenigen Millionen Jahren im Kern aufgebraucht wird, wandeln sich diese Sterne ins LBV-Stadium ein (das steht für Leuchtkräftigen Blauen Veränderlichen) und nach Masseverlusten zu WN, danach zu WC und anschließend eine Supernova vom Typ Ic.
Für weniger massereiche O-Sterne, also etwa unter 30 Sonnenmassen sieht der Weg etwas anders aus: Nach dem die „kleinen“ O-Sterne die Hauptreihe verlassen gehen sie in das LBV-Stadium über, werden anschließend Rote Überriesen und danach zu einem WN-Stern und folgend die Supernova vom Typ Ib. WR-Sterne sind damit die Sterne die auch die meisten supernovagefährdet sind.
Beispiele
Man dachte ursprünglich, dass WR-Sterne nur Komponente eines Mehrfachsternsystems sein können. Das ist jedoch nicht korrekt, denn es gibt auch viele WR-Sterne mittlerweile, die nachweislich keinen Partner haben (oder man noch keinen Partner entdeckt hat). Also schauen wir uns mal 4 Beispiele von bekannten WR-Sternen an.
γ Velorum
γ Velorum ist ein Stern erster Größenklasse (1,8 mag) und ist auch bekannt als Regor und Suhail al-Muhlif, liegt also im Sternbild Vela (Segel) und liegt für die mittleren Breiten hier in Mitteleuropa nur um knapp 10 Grad zu tief, sodass er von uns aus nicht gesehen werden kann. Suhail ist ein optischer Doppelstern, welche zwei Komponente spektrografische Doppelsterne (also „echte“) sind. γ Vel A oder γ2 Vel besteht aus einem 30 Sonnenmassen schweren O7,5III~V-Stern, also ein Blauer Riese, mit einer Leuchtkraft wie 280 Tausend Sonnen und sein Partner der WR-Stern ist ein WC8-Stern mit 9 Sonnenmassen und 170 Tausend Sonnenleuchtkräften, wobei das Spektrum vom WC8-Stern (γ Vel AB) überwiegt. γ Vel B ist ebenfalls ein spektrografischer Doppelstern, wobei die Hauptkomponente ein Blauer Riese (B2III) mit einem bisher noch nicht direkt bestätigten Partner ist. Wobei A 1 120 Lichtjahre weit weg liegt und B 920 Lichtjahre.
WR 124
Der WR-Stern WR 124 ist umgeben von einem Planetarischen Nebel, der aus seinen expandierenden Hüllen und Sternenwind stammt, örtlich begrenzt haben sich größere Klumpen im Nebel gefunden und der Nebel ist den Ursachen des Entstehens nach ein Rekombinationsnebel, der angetrieben vom krassen Sternenwind und der harten UV-Strahlung. Seine Entfernung zur Erde ist ungewiss, Schätzungen und Messungen zeigen eine Entfernung von fast 11 000 bis 41 000 Lichtjahre. Aufgrund dessen ist seine Leuchtkraft ebenso ungewiss, hier reichen die Schätzungen von 150 000 Sonnenleuchtkräfte bis zu einer Million. Das hängt auch von der nicht genau bekannten Entfernung zusammen. Er ist schon 8,6 Millionen Jahre alt und etwa 15 % Wasserstoff ist noch in ihm, seine Oberflächentemperatur beträgt etwa 39 800 Kelvin. Er ist ein Einfachstern und einer der hellsten Sterne der Milchstraße.
V444 Cygni
Das Doppelsternsystem V444 Cygni wurde 1937 entdeckt und ab 1940 von Gaposchkin als Doppelstern wahrgenommen. V444 Cygni ist ein Bedeckungsveränderlicher Doppelstern und in dem System umkreisen sich ein O6II~V und ein WN5 in 4 Tagen 5 Stunden und sechs Minuten, wobei 24 Stunden lang in einem Umlauf der O6-Stern vom WR-Stern bedeckt wird und somit die Helligkeit vom O6-Stern fehlt und dieser Stern bedeckt die Wolf-Rayet-Komponente für etwa 12 Stunden damit in einem Zyklus nochmals die Helligkeit kurzzeitig abfällt. Das System befindet sich ungefähr 4 400 LJ von uns entfernt und hat eine Helligkeit von ca. 8,0 mag.
WR 93b
Der Stern WR 93 b ist ein sehr seltener Stern des WO-Typs und liegt im Sternbild des Skorpions, genauer: WO3. Der Stern ist etwa 8 700 LJ entfernt, wobei die Unsicherheit hier im Bereich von 7 400 bis 10 600 Lichtjahren liegt. Bisher wurden nur 4 WO-Sterne in der Milchstraße entdeckt und 5 in anderen Galaxien, was insgesamt 9 bekannte WO-Sterne ergibt. Er besitzt ungefähr 8 Sonnenmassen, aber hat nur einen Radius von gerade mal 44 % der Sonne (!), er hat eine Temperatur von 160 000 Kelvin (!!) und eine Leuchtkraft von ungefähr 118 000 Sonnenleuchtkräften. Sein Licht wird vom Interstellaren Medium und Gas- u. Staubwolken zu etwa 99,75 % geschluckt, der Stern erscheint also im sichtbaren Licht etwa 6,5 mag dunkler als er eigentlich wäre. Er wäre ein Gamma-Ray-Burst-Kandidat bei seiner drohenden und anbahnenden Supernova, die vermutlich in den nächsten Hunderttausenden von Jahren passieren wird.
R136a1 ist übrigens auch ein WR-Stern, er hat ein Spektrum von WN5h und besitzt 215 Sonnenmassen, was eigentlich viel zu viel für die gängigen Massenobergrenz-Theorien bei Sternen ist, aber scheinbar trotzdem möglich ist. Er verliert durch den Sternenwind in etwa 5 000 bis 6 000 Jahren eine Sonnenmasse, was sehr extrem ist. Seit beginn soll er so schon 36 Sonnenmassen durch den Sternwind abgegeben haben.
Ihr Verbleib
Bis heute wurden schon über 300 WR-Sterne entdeckt und man schätzt, dass es insgesamt um die 2000 von ihnen in der Milchstraße verteilt sind, also sind Wolf-Rayet-Sterne sehr selten, da allein die Milchstraße schon mindestens 300 Milliarden Sterne beherbergt. Man hat also dennoch schon viele von ihnen vermutlich gefunden. Das liegt u.a. daran, dass WR-Sterne auch sehr hell sind, fast wie Leuchttürme in einem Ozean voller Sterne.
Quellen:
- http://simbad.u-strasbg.fr/simbad/sim-basic?Ident=wr+93b
- http://simbad.u-strasbg.fr/simbad/sim-basic?Ident=gam1+Vel
- http://simbad.u-strasbg.fr/simbad/sim-basic?Ident=gam2+Vel
- http://simbad.u-strasbg.fr/simbad/sim-basic?Ident=v444+cyg
- http://simbad.u-strasbg.fr/simbad/sim-basic?Ident=wr+124
- https://en.wikipedia.org/wiki/WR_93b
- https://en.wikipedia.org/wiki/Gamma-ray_burst
- https://en.wikipedia.org/wiki/Wolf%E2%80%93Rayet_star
- https://de.wikipedia.org/wiki/Wolf-Rayet-Stern
- https://en.wikipedia.org/wiki/Gamma_Velorum
- https://de.wikipedia.org/wiki/Gamma_Velorum
- https://en.wikipedia.org/wiki/WR_124
- https://de.wikipedia.org/wiki/WR_124
- Kosmos Himmelsjahrbuch 2017, von Hans-Ulrich-Keller, Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart, 2016, ISBN-13: 978-3-440-15115-0
Schaut auch mal in das Video von Yggis Komos herein: https://www.youtube.com/watch?v=AIdE9ThtQhc