Ich begrüße meine Leser dieses langen Beitrags und wird einen „Haupt“-Beitrag von Anfang 2020 darstellen. Besonders im Mittelpunkt, deswegen ist es auch ein so wichtiger Beitrag, ist die Zusammenarbeit mit dem KIT-Bereichsleiter Prof. Dr. Johannes Blümer für den Bereich V (röm. für 5) „Physik und Mathematik“. Um diese Frage auch genauer erläutern zu können, habe ich mir ein ganz passendes Forschungsprojekt ausgewählt, um es auch als Beispiel zu nehmen. Mein Thema heißt daher Wie wird Forschung finanziert? – Am Beispiel von KIT/KATRIN. Dieser Beitrag umfasst mehr als 4000 Wörter und daher nehmt am besten euer Tablet, geht in den Lesesessel, am besten ein Ohrensessel, zurück und stellt einen Tee bereit. Achtet darauf, dass ihr es schön gemütlich habt.
Was ist Forschung?
Unter der Forschung versteht man die gezielte Suche nach Erkenntnissen in der Wissenschaft, Forschung ist es also eher weniger, zufällig an das Wissen zu gelangen. Das gilt für jede Wissenschaft. Dabei schreibt man am geschicktesten eine Dokumentation in der die verwendeten Methoden, Systematiken, das Vorgehen, die gewonnenen Daten etc. beschrieben werden. Um daraus überhaupt eine Erkenntnis zu gewinnen, muss man die Daten richtig interpretieren können. Wenn diese Arbeit fertig ist, wird sie für gewöhnlich einer Öffentlichkeit publiziert.
Es gibt die Grundlagenforschung, dort werden wortwörtlich nach den Grundlagen geforscht. Die Translationale Forschung ist die weiterführende Forschung, so wie sie im Moment z.B. in der Medizin stattfindet, und in der angewandten Forschung, dort wo die Industrie hauptsächlich forscht, wird es nach Möglichkeiten geforscht, aus dem Wissen einen praktischen Nutzen zu ziehen.
Wie finanziert sich Forschung?
Die Frage, die ja eigentlich interessiert ist, wie dieser Ablauf funktioniert, dass so große Institute, einzelne Experimente und Forschungen, Universitäten oder sowas an Geld gelangen? Wie funktioniert es, wenn sie Geld vom Bund und Land bekommen, z.B. von Steuergeldern? Fertigen sie Präsentationen an, sind es Anträge, kommt das Geld schon mehr oder weniger automatisch dorthin, weil die Organisation in staatlicher Verbindung stehen, oder direkt staatlich sind?
Diese Frage möchte ich im Folgenden beantworten und vielleicht möchte Prof. Dr. Johannes Blümer den Vorgang auch am KATRIN speziell beantworten.
Zuerst klären wir einen scheinbaren Grundbegriff mit einer netten Grafik des Ministeriums für Wissenschaft Forschung und Kunst. So sind die Drittmittel, die in einem späteren Kapitel nochmal angesprochen wird, die konkrete Finanzierung zu einem Forschungsprojekt und läuft idR. Solange wie das Projekt auch läuft.
In Deutschland, als Beispiel, bekommt die Forschung und Wissenschaft insgesamt etwa 99,6 Mrd. Euro. Die Forschung in Einrichtungen, z.B. Hochschulen, Universitäten, und andere Forschungsorganisationen wird aus einem großen Teil mit öffentlichen Mitteln gestemmt, auch deutsche Unternehmen forschen z.B. in der Elektromobilität, oder Maschinenbau, und sind mit 69,1 % sehr stark beteiligt. [15] Öffentliche Mittel sind im Grunde Subventionen. [16]
Der Bund und Land hat als Nachfolger der Exzellenzinitiative von 2007 die Exzellenzstrategie aufgestellt. Ziel ist es, Forschungsorganisationen (Hochschulen, Universitäten, andere Eirichtungen) im internationalen Wettbewerb sichtbarer zu machen und Deutschland als Wissenschaftsland attraktiver zu machen. Dass dieses Projekt funktioniert, hat die Exzellenzinitiative gezeigt. Sie baute die Exzellenzstrategie auf und bereitete die Exzellenzstrategie auf. So werden diese Organisationen nicht nur mit insgesamt 385 Mio. Euro unterstützt, sondern auch mit angestrebten Partnerschaften und Kooperationen unter den Organisationen selbst. So können einzelne Forschungseinrichtungen, oder einen Verbund einen Antrag auf die Unterstützung der sogenannten exzellenten Forschung stellen.
Die Antragsstellung erfreut jeden Bürokraten oder Stand-up-Komödianten: Der Antrag geht zuerst an die Behörde für Exzellenzcluster des jeweiligen Landes, der geht dann weiter an die Deutsche Forschungsgemeinschaft e.V. (DFG), der begegnet uns noch später, und dann an den Wissenschaftsrat.
Die Förderlaufzeit beträgt „zweimal sieben Jahre“ als Drittmittel (projektgebundene Fördergelder) und kann nach dem Ablauf der Laufzeit auch für dasselbe Projekt nochmal beantragt werden. So gibt es aber 10 Universitäten und einem Verbund, die auch dauerhaft gefördert werden. [17]
Im Jahr 2018 wurde von der DFG knapp 33 200 Projekte mit insgesamt 3,4 Mrd. Euro gefördert und im selben Jahr wurde über 20 200 Förderanträge entschieden. Die Quote der Bewilligung liegt bei fast 30 % und die Förderung bei etwa 34 %. [18]
Das KIT
Das KIT, Karlsruhe Institut für Technologie, ist eine führende Technische Universität in Deutschland und hat mehrere (124) Institute in Karlsruhe und der
Umgebung. Es entstand 2009 als Zusammenschluss der Universität Karlsruhe, die ihren Ursprung 1825 findet, und der Forschungszentrum Karlsruhe GmbH, welche 1956 gegründet wurde. So ist das KIT ein recht junges Forschungszentrum, wenn man da hingegen die Universität Heidelberg betrachtet, welche 1386 gegründet wurde.[1,2]
Die 124 Institute sind in fünf übergeordneten Bereichen gegliedert. Sie organisieren den Wissenschaftsbetrieb und seine Infrastruktur. Dem Bereich untersteht einem Bereichsleiter. Bereichsübergreifende Forschungsthemen werden von den KIT-Zentren koordiniert. Die Bereichsleiter kontrollieren die fachliche Weiterentwicklung und verteilen ihre Ressourcen möglichst sinnvoll. Die Bereichsleiter vertreten ihren Bereich vor dem internen Präsidium. Das Präsidium ist quasi die Administration des KIT: Sie kontrolliert die strategische Gesamtsituation, verantwortet das Berufungsgeschehen, also irgendwelche Unfälle, sowie die Finanzierung. Das Präsidium des KIT wiederum, vertritt das KIT gegenüber einem Aufsichtsrat und den Zuständigen des Bunds und Land. [3] Die Abbildung 1 beschäftigt sich mit dem Aufbau der Organisation des KIT, das ist ein sogenanntes „Organigramm“.
Das KCETA-Institut
Das KCETA-Institut ist ein Institut, welches sich für die Astroteilchenphysik interessiert, sie unternehmen Forschungen, oder unterstützen sie, weltweit in den Bereichen Kosmische Strahlung, Hochenergie Neutrino-Astronomie, Dunkle Materie, indirekt sowie direkt, in der Quantenfeldtheorie, Theoretische Kolliderphysik, Flavourphysik, Neutrinophysik, wozu auch das KATRIN gehört, Computergestützte Physik, Technologieentwicklung, Beschleunigerforschung, sowie weitere Projekte, die in Planung sich befinden. [26]
Wie finanziert sich das KIT?
Das KIT hatte 2018 einen Jahresetat von 880,9 Mio. Euro. Davon kamen etwa 31,8 % vom Bund und knapp 30 % (29,9 % berechnet; 29,8 % angegeben) vom Land, der Rest (38,4 %) ist von Sonstigen „Drittmitteln“.[1,4] Doch wie hat das KIT das Geld erhalten? Wie kam das Geld von z.B. Bund und Land zum KIT? Im Jahresbericht 2018 vom KIT, welches als Quelle Nr. 4 angegeben ist, wird das Jahresetat in zwei Sektoren aufgeteilt. Der erste Sektor ist der Universitätsbereich und der zweite ist der Großforschungsbereich. Die dazugehörige Grafik steht rechts neben den Text. Die sonstigen Drittmittel sind Verfügungen aus dem DFG, die Deutsche Forschungsgemeinschaft und deren Sonderforschungsbereiche (SFB), die EU, vermutlich Zusatzgelder vom Bund und Land, es gibt auch eine Quelle mit „sonstige Erträge“, das sind vermutlich irgendwelche Spenden, von der Industrie oder eigene Einnahmen.
Was ist KATRIN, was macht KATRIN?
Als Zusammenfassung könnte man KATRIN, also Karlsruher Tritium Neutrino Experiment, zusammenfassen, dass es mit einer ausgeklügelten Methode um eine Größenordnung genauer die Masse des Neutrinos bestimmen kann, als alles bisher. Also kurz: KATRIN ist die bisher genaueste Neutrino-Waage der Menschen. Um vorzustellen, was KATRIN genau ist, habe ich zu den folgenden Fragen, die man vielleicht haben könnte, eine Antwort geschrieben.
Warum nur in Karlsruhe am KIT? Weil das KIT als einzige Forschungsorganisation eine Lizenz hat, bis zu 40 Gramm zu lagern oder verwenden. Deshalb steht KATRIN im KIT. [12]
Was ist ein Neutrino und wie leicht oder schwer ist es denn?
Das Neutrino wurde bereits ziemlich früh, also 1930, von Wolfgang Pauli postuliert, er kam zu der Erkenntnis, dass beim β-Zerfall eine bislang unbekannte Energie bzw. Masse fehlt, oder dass der Energieerhaltungssatz möglicherweise doch nicht korrekt ist. Enrico Fermi ging auf dieses fehlende Teilchen genauer ein und beschrieb es erstmals. So kommt der Name Neutrino daher, dass er das zuvor „Neutron“ genannte Teilchen in Neutrino umbenennt.[5] 1933 wurde diese Theorie erstmals einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt und eine Frage nach dem experimentellen Nachweis entstand. Da das Neutrino so leicht sein muss, war klar, dass diese Aufgabe schwierig werden wird. Der Suffix -ino ist ein italienisches Diminutiv (Verkleinerungsform/Verniedlichung). Eine Beobachtung gelang tatsächlich erst 1956. Ein Kernreaktor, der benutzt wurde, emittiert durch den Betazerfall sogenannte Elektron-Antineutrinos. Die Antiteilchen haben immer die umgekehrten Eigenschaften von den „eigentlichen“ Teilchen.[6] Ein eV/c² entspricht ungefähr 1,782 661 922 × 10-36 kg, ein eV entspricht exakt 1,602 176 634 × 10-19 J. [9]
Eigenschaften von den Neutrinos (siehe 8)) | |||
Elektron-Neutrino (ve) | Myon-Neutrino (vµ) | Tau/Tauon-Neutrino (vτ) | |
Elektrische Ladung | neutral | neutral | neutral |
Masse | < 1 eV/c² [7] | <170 keV/c² | <18,2 MeV/c² |
Farbladung | keine | keine | keine |
Spin | ½ | ½ | ½ |
Wechselwirkungen | Schwache, Gravitation | Schwache, Gravitation | Schwache, Gravitation |
Zu einem Elektron z.B. gehört bei einem β-Zerfall immer ein Elektron-Antineutrino, beim Myon ein Myon-Antineutrino, das gleiche wie beim Tau(-on).
Durch die geringe Masse und auch selten große Energie des (Elektron-)Neutrinos wechselwirkt es nur sehr selten mit Materie, was im Folgenden Link ganz gut erklärt wird: https://de.wikipedia.org/wiki/Neutrino#Durchdringungsf%C3%A4higkeit.
Warum ist es so wichtig zu wissen, wie schwer ein Neutrino ist?
Die Neutrinos wechselwirken nicht mit der starken Wechselwirkung, da sie keine Farbladung haben, und da sie elektrisch neutral sind auch nicht mit der elektromagnetischen Wechselwirkung. Sie sind die einzigen Teilchen, mit solchen Eigenschaften. So können sie mit ihrer Masse nur mit der Gravitation wechselwirken, was allerdings auf den Skalen der Teilchenphysik sehr irrelevant ist, und mit der schwachen Wechselwirkung, sie wirkt hauptsächlich im β-Zerfall welche trotz ihrem Namen viel „stärker“ in ihrer Wirkung ist, als die Gravitation, allerdings wirkt die schwache Wechselwirkung nur über extrem kurze Distanzen.
Wie misst KATRIN die Masse der Neutrinos? (Aufbau)
Das Messprinzip von KATRIN ist modellunabhängig, erfolgt aber nicht direkt, wie wenn man einen Menschen auf eine Waage stellt. Auch würde das nicht so funktionieren, da wir ja gelernt haben, dass ein Neutrino mit nur sehr schwierig wechselwirkt. KATRIN misst deshalb die kinetische Energie des Elektrons im β–-Zerfall. Nämlich wenn ein Tritium-Atom spontan zerfällt (HWZ: 12,32 a), zerfällt es in ein Helium, ein Elektron und ein Elektron-Antineutrino. Dabei wird ein Neutron zu einem Proton (Formel als Bild). Die freiwerdende Übergangsenergie teilt sich in der Ruhemasse des Elektrons, wenn das Neutrino massiv ist auch in die Ruhemasse des Neutrinos, und der Rest als kinetische Energie in Elektron und Antineutrino.
Grundsätzliche könnte jedes Isotop, das in einem Betazerfall zerfällt, dafür genutzt werden. Die Wahl fiel jedoch auf Tritium, da es eine geeignete Halbwertszeit hat (s.o.) und eine möglichst einfache Kernstruktur aus nur wenigen Nukleonen. [14] Die genaue Arbeitsweise bis ins kleinste Details, was ich durchaus machen könnte, allerdings habe ich nicht vor das alles zu erklären, da das den Rahmen und meine vorgegeben Zeit einfach sprengt. Gehen wir aber weiter zu den einzelnen Bausteinen von KATRIN, die ich erläutern mag.
Rear Section/Schlusssektion
Auf der Webseite ist der Text zwar „unter Bearbeitung“ (Stand 05.02.2020) [22], aber meine Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Johannes Blümer ergab, dass die Schlusssektion Ionen aufnimmt und elektrisch neutralisiert, es definiert das Potential der Gasquelle. (Siehe E-Mails mit Prof. Dr. Johannes Blümer)
Transportbereich
Aus dem WGTS (Windowless gaseous tritium source, fensterlose, gasförmige Tritium-Quelle) kommt das Tritium für den Hauptspektrometer. Das Tritium hat eine recht hohe Reinheit von > 95 % und wird auf 27 K / -246 °C. Es werden ständig nur wenige Gramm Tritium in den Spektrometer-Bereich gelassen. In dem weiteren Bereich, z.B. DPS (differenzielle Pumpstrecke), wird das Tritium für den Spektrometer aufbereitet. [23, 24]
Spektrometer-Bereich
Im Spektrometer-Bereich wird zuerst die energiearmen durch den Zerfall entstehenden Elektronen absorbiert, da sie keinen weiteren Nutzen haben, der Vorspektrometer kommt aus den ersten Tests im Rahmen des KATRIN-Projekts. [27] Im Hauptspektrometer werden die Elektronen über ein starkes magnetisches Feld geleitet und dort wird auch gemessen, wie sich die Elektronen am Ende des Spektrums sich verhalten, welche wichtige Informationen über die Neutrinomasse enthalten. Das Monitor-Spektrometer misst die Position der Elektronen aus den Zerfällen, zur Überwachung der Spannungsstabilität dient der Hauptspektrometer als sehr präzises Instrument. [25]
Wie finanziert sich KATRIN?
Bisher kostete KATRIN übrigens etwa 60 Millionen Euro [12] (Stand: höchstens 29.11.2019). Prof. Dr. Blümer hat mir verraten, dass jedes Jahr 15 Millionen Euro Personalkosten etwa entstehen, die USA sollen direkt 10 % der Kosten beisteuern, auch Tschechien hat einige 105 Euro beigesteuert und unverzichtbares Know-how. Allgemein gilt bei internationalen Projekten, dass man nie auf das Geld schauen sollte.
Um sich ein Bild zu machen, in welchen Größenordnungen sich eine Investition wie KATRIN bewegt, muss man sich den Aufwand anschauen, der hier betrieben werden muss. Produziert wurden die Bauteile von KATRIN in der Nähe von Regensburg. Da die Teile für den Straßen- oder Schienentransport zu groß sind, mussten die Teile auf dem Schiffsweg transportiert werden. Per Schiff ging es von Regensburg über die Donau ans Schwarze Meer und von dort über den Bosporus, das Mittelmeer, den Atlantik bis über den Kanal in den Rhein rein. Dieser Hauptspektrometer wurde dann in Leopoldshafen abgelegt und per Transporter ganz langsam durch die Straßen von Leopoldshafen ins Campus Nord in die eigens dafür errichtete Halle gehievt. Zuvor wurde jede Engstelle der Reise des Hauptspektrometers ausgemessen, nicht dass er Durchmesser zu groß werden würde. [27] Die Seereise dauerte zwei Monate.
Als Gegenzug bekommen die internationalen Partner und auch inländische Mitarbeiter eine gute Ausbildung, Studium oder Promotion. Bei der Beteiligung am Projekt erhoffen sich die Geldgeber und Wissenschaftler etwas Anerkennung.
Nachdem um 2000 die ersten Ideen von einer noch präziseren Neutrino-Waage aufkamen, als es sie bisher schon gibt, z.B. in Mainz oder Troitsk bei Moskau, hatte man sich in einem Workshop führende Neutrino-Wissenschaftler berufen und einige aus dem Bundesministerium nach Bad Liebenzell in eine Burg eingeladen und darüber nachgedacht, wie man so ein Projekt verwirklichen konnte. Einige Tage später soll einer vom Bundesministerium in Bonn am KIT angerufen haben und nachgefragt, wie viel das Projekt wohl kosten würde. „So ungefähr 2 Millionen Mark“. Nachdem man einige Tests und Simulationen durchgeführt haben soll, und erste Teile gebaut wurden, waren die Kosten auf 16 und später auf 24 Millionen Euro gestiegen. Diese wurden von dem Ministerium auch gebilligt. Nachdem wieder einige Jahre vergangen waren und festgestellt wurde, dass der 7-Meter-Hauptspektrometer leider nicht ausreichte, dass die Kosmologen ihr Verständnis über das Universum in den ersten Momenten verbessern können. So wuchs der Hauptspektrometer von 7 auf 10 Meter an. Jetzt brauchten sie Gelder von 32 Millionen Euro und einen Grund, dass sie das Projekt weiter finanzieren. Sie gaben an, dass das Projekt nur in Karlsruhe durchführbar ist, weil es das bis heute übrigens noch die einzige Universität ist, die soviel Tritium bereitstellen darf. Das war ein guter Grund. Dann war noch einige Überzeugungsarbeit notwendig, dass das Tritium aus dem nicht mehr verwendeten Tritiumlabor für den Tritium-Testfusionsreaktor für KATRIN zu verwenden. Nachdem klar war, dass diese Hochspannung von ca. -18 535 Volt für den Messprozess über Jahre unbedingt halten muss, genauso wie mit der konstanten Temperatur von etwa 27 K des Tritiums (Zahl aus 23)), mussten neue Technologien her, oder das KIT schaltet sich mit der Uni in Göttingen in Verbindung, jedoch hatten sie eine solche Technologie auch nicht, nur die Tschechen, über die die KATRIN-Kollaboration eher zufällig gekommen sind, die auch an sowas schon jahrzehntelang arbeiten, hatten diese Technologie. Sie wurden dann ebenso ins Boot geholt und lieferten dieses „unverzichtbares Knowhow“ für KATRIN. Die größte Schwierigkeit lag darin, diese Tritium-Aufbereitung vor dem Spektrometerbereich zu bauen, bzw. bauen zu lassen. Es wurde eine Firma in Kalifornien, USA, beauftragt diesen Teil für einen Festpreis von 8 Millionen Euro oder Dollar zu bauen. Leider schaffte es diese Firma aus Los Alamos nicht, den Teil zu liefern und so erklärten sie sich bereit, die bisher gefertigten Teile plus 10 Millionen Euro bereitzustellen und sich von dem Vertrag zurückzuziehen. Das KIT hätte theoretisch gerichtliche Schritte dagegen einleiten lassen können. Der Hauptspektrometer lieferte für einen 6,5 Millionen Euro Vertrag plus Transport in KIT die Deggendorfer Werft. Das war sozusagen ein Schnäppchen im Vergleich dazu, wenn man den Hauptspektrometer in eine noch extra gebaute Halle bauen zu lassen. Bis zum Tag, an dem das Projekt soweit stand, wurden wie bereits gesagt ziemlich genau 60 Millionen Euro ausgegeben. [27]
Ablauf des Gespräches oder E-Mail-Wechsel mit Prof. Dr. Blümer
Zuerst habe ich mit einer willkommenden Nachricht an Prof. Dr. Blümer den E-Mail-Wechsel begonnen.
Nach bloß 31 Minuten kam bereits eine fast schon unerwartet schnelle Antwort von ihm zurück, zum aktuellen Stand (12.02.2020) bisher noch die einzige E-Mail:
Allerdings habe ich
erst am 03.02.2020 gegen 11:46 antworten können:
Ich habe mich erkundigt, ob ein Treffen stattfinden könnte. Am
12.02.2020 habe ich nochmal eine Antwort geschickt, mit meinen Fragen, dessen
Antworten ich in meine Arbeit einbeziehen werde, allerdings, wie schon erwähnt,
hat er sich bis zum 12.02.2020 noch nicht gemeldet, was wohl an seiner großen
Geschäftigkeit liegen wird. Meine E-Mail beinhaltet noch fröhliche „Emoticons“:
Meine Fragen betreffen einige Themen meiner Arbeit und sind
möglichst auf sein Aufgabengebiet angepasst.
Also sind die Fragen diese:
- Fragen zur Finanzierung von KATRIN (mein eigentliches Thema):
- Wie ist der Anteil von Grundfinanzierung, Programmmittel und Drittmitteln?
- Sind Betriebe der freien Wirtschaft beteiligt?
- Sind auch ausländische Geldgeber beteiligt?
- Was versprechen sich die einzelnen Parteien von ihrer Beteiligung?
- Welche Gegenleistungen bekommen Geldgeber (Staat, Hochschule, ggf. Betriebe, ggf. ausländische Partner)
- Wie läuft das ab, dass man finanziert wird, gibt es Anträge, werdet ihr vielleicht unvermittelt finanziert, gibt es Präsentationen für die Geldgeber…?
- Fragen zur Bedeutung von KATRIN
- Was denken Sie, wie bekannt KATRIN in der Öffentlichkeit ist?
- Und wie international ist KATRIN?
- Warum ist es so wichtig zu wissen, wie schwer ein Neutrino ist und warum sollte der Geldgeber dafür Geld geben?
- Fragen zur Funktionsweise von KATRIN
- Wie funktioniert KATRIN, gibt es irgendwelche Handbücher als PDF zum Beispiel auch für nähere Informationen, als bislang auf dem schnellen Weg via Wikipedia, o.ä. möglich ist?
- Was macht die Rear Section/Schlusssektion bei KATRIN?
- Fragen zu Ihrer Person
- Was machen Sie in ihrem Beruf genau?
- Darf ich fragen, wieviel Sie etwa verdienen und wie sehr Ihnen das Geld wichtig ist?
- Fragen zur Finanzierung des KIT
- Wie funktioniert die Finanzierung beim KIT?
- Wie wird das Geld intern unter den Bereichen und Instituten verteilt?
Am 12. Und 13.02.2020 ging es dann auf einmal rund: Prof. Dr. Johannes Blümer hat auf meine Fragen passende Antworten gegeben und super kurzfristig einem Treffen für den 13.02.2020 gegen 16:00 Uhr bei mir zugestimmt. Seine Antworten per E-Mail sind:
Fragen zur Finanzierung von KATRIN (mein eigentliches Thema):
Wie ist der Anteil von Grundfinanzierung, Programmmittel und Drittmitteln?
Der Aufbau hat exakt 60 M€ als Investition gekostet. Grundfinanzierung und Programmittel kann man bei Helmholtz’ Programmorientierter Förderung eigentlich nicht unterscheiden. Die Drittmittel sind ca. 5 M€, wiederum nur der Investanteil.
Zusätzlich braucht das Projekt bei 150 Personen ca. 15 M€/a Personalkosten, die in den 60 M€ NICHT enthalten sind.
Sind Betriebe der freien Wirtschaft beteiligt?
Als Auftragnehmer, z.B. die Deggendorfer Werft hat den Tank gebaut. Wichtig war auch “Research Instruments” in Bergisch-Gladbach…
“Im Projekt drin” sind keine Firmen.
Sind auch ausländische Geldgeber beteiligt?
ja, USA steuern direkt 10% zu den Betriebskosten bei.
Viel läuft über sogenannte ‘in-kind’-Beiträge: Sachen und Verfahren, ohne die es nicht geht. Tschechien z.B. hat wenig Geld (wenige 100 T€) aber unverzichtbares Knowhow beigetragen. Für eine faire Anerkennung darf man in internationalen Projekten NIE NUR AUFS GELD schauen!
Was versprechen sich die einzelnen Parteien von ihrer Beteiligung?
Man ist dabei, wenn eine unglaublich wichtige Größe gemessen wird.
Und wer das kann, der kann mit diesen Kompetenzen auch noch anderes…
Welche Gegenleistungen bekommen Geldgeber (Staat, Hochschule, ggf. Betriebe, ggf. ausländische Partner)
Grundlagenwissen und Technologie sowie bestens ausgebildete Leute (Master, Dr.)
Wie läuft das ab, dass man finanziert wird, gibt es Anträge, werdet ihr vielleicht unvermittelt finanziert, gibt es Präsentationen für die Geldgeber…?
Es gibt (vergessen weiter zu schreiben?)
Fragen zur Bedeutung von KATRIN
Was denken Sie, wie bekannt KATRIN in der Öffentlichkeit ist?
Sehr bekannt, vor allem wegen dem Tanktransport. (Dort waren 30 Tausend Menschen anwesend! [27])
Unsere Medienanalyse zeigt auch eine Riesenresonanz auf das erste Messergebnis.
Und wie international ist KATRIN?
Naja, total mit x Ländern, siehe Webseite-
Warum ist es so wichtig zu wissen, wie schwer ein Neutrino ist und warum sollte der Geldgeber dafür Geld geben?
Weil die Neutrinomasse eine fundamentale Größe ist. Im Standardmodell der Teilchentheorie ist die Masse Null. Aus den Neutrinooszillationen weiß man aber, dass die Masse nicht null sein kann (=Nobelpreis). Neutrinos waren nach dem Urknall die ersten massiven Teilchen, die sich quasi-frei bewegen konnten, sie hatten geringe Wechselwirkung und flogen bei kleiner Masse und hoher Energie mit fast Lichtgeschwindigkeit. Dabei haben sie die ersten Verdichtungen von Materie etwas wieder ausgewaschen. Das Ergebnis ist genau die Klumpigkeit des Universums, wie wir sie aktuell beobachten. Je nach Neutrinomasse sähe das heutige Weltall anders aus.
Fragen zur Funktionsweise von KATRIN
Wie funktioniert KATRIN, gibt es irgendwelche Handbücher als PDF zum Beispiel auch für nähere Informationen, als bislang auf dem schnellen Weg via Wikipedia, o.ä. möglich ist?
ich suche mal was… (weitere Infos sind z.B. auf https://katrin.kit.edu zu finden)
Was macht die Rear Section/Schlusssektion bei KATRIN?
Ionen aufnehmen und elektrisch neutralisieren, das Potential der Gasquelle definieren.
Fragen zu Ihrer Person
Was machen Sie in ihrem Beruf genau?
Als Bereichsleiter Wissenschaftsmanagement und Wissenschaftler/innen dirigieren, gute Rahmenbedingungen setzen, neues anstoßen
Darf ich fragen, wieviel Sie etwa verdienen und wie sehr Ihnen das Geld wichtig ist?
Nein lieber nicht 😉
Geld allein macht nicht unglücklich. In der Industrie bekäme jeder von uns das 3-10 fache, aber man hat da halt andere Zeile
Fragen zur Finanzierung des KIT
Wie funktioniert die Finanzierung beim KIT?
1/3 kommt von der Helmholtz-Gemeinschaft.
1/3 kommt vom Land BW.
1/3 sind Drittmittel, die von den ca. 360 Professor/innen etc. eingeworben werden (durch Anträge…).
(s. Wie wird das KIT finanziert)
Wie wird das Geld intern unter den Bereichen und Instituten verteilt?
Naja, das KIT mit seinen internen Strukturen war ja da bevor es die Bereiche gab. Also war die anfängliche Verteilung so, dass jeder Bereich, das bekommt, was er gemäß seinen Einrichtungen braucht. Nach diesen Startwerten geht es etwas dynamisch zu, je nach strategischen Entwicklungen und Erfolgen bei Begutachtungen. Insgesamt stehen wir mit diesem Mix (s.o. *) stabil und langsam wachsend dar. Deutschland ist mit im Prinzip +3% pro Jahr (!) in die Wissenschaft viel besser dran als die meisten anderen Länder. Das brauchen wir auch, um weiter Hightech produzieren zu können.
Treffen mit Prof. Dr. Blümer
Am 13.02.2020 gegen 16:00 Uhr bis 17:20 Uhr, obwohl er nur eine Stunde bleiben wollte, konnte Prof. Dr. Johannes Blümer bei mir vorbeikommen und erzählte von seiner Laufbahn, dem KATRIN-Projekt in Übersicht, kleinere andere Themen. Er bracht mir sogar plastische Gegenstände für die Präsentation mit, wie zum Beispiel T-Shirts von KATRIN.
Vielen Dank für die Zusammenarbeit, wenn Sie (Prof. Dr. Johannes Blümer) das mal lesen!
Quellen:
- http://www.kit.edu/kit/daten.php, abgerufen am 30.01.2020
- https://www.uniturm.de/magazin/news/wo-steht-die-aelteste-uni-deutschlands-405, abgerufen am 30.01.2020
- Abb.1: http://www.kit.edu/img/organigramm-kit-de_rdax_562x713.jpg, abgerufen am 30.01.2020
- http://www.kit.edu/kit/organisation.php, abgerufen am 04.02.2020
- https://publikationen.bibliothek.kit.edu/1000097610, abgerufen am 04.02.2020
- http://www.neutrino.uni-hamburg.de/sites/site_neutrino/content/e45939/e48540/e48541/e48544/infoboxContent48545/material-vorlesung1-moessbauer-pauli.pdf, abgerufen am 05.02.2020
- https://de.wikipedia.org/wiki/Neutrino#Forschungsgeschichte, abgerufen am 05.02.2020
- https://www.kit.edu/kit/pi_2019_119_neues-limit-fur-neutrinomasse.php, abgerufen am 05.02.2020
- https://de.wikipedia.org/wiki/Elementarteilchen; bzw. https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/1c/Standard_Model_of_Elementary_Particles-de.svg, beide abgerufen am 05.02.2020
- https://de.wikipedia.org/wiki/Elektronenvolt, abgerufen am 05.02.2020
- https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/2/22/KATRIN_Transportweg.png, abgerufen ebenso am 05.02.2020
- https://www.egg-leo.de/de-wAssets/img/umwelt-wirtschaft/wirtschaft/katrin-einweihung_20180611_web-Bild-KIT.JPG, abgerufen am 05.02.2020
- Aus einer Präsentation von Prof. Dr. Blümer; Karlsdorf-Neuthard in den „Schlindwein-Stuben“; am 29.11.2019 gehalten, weitere Beschreibung: https://astronomiefreunde-kn.de/vortragsabend-am-freitag-29-11-19-neutrino-waage-katrin-oder-die-jagd-nach-den-neutrinos/
- https://www.katrin.kit.edu/img/Full_Beamline_rdax_758x136.jpg, abgerufen am 05.02.2020
- https://www.katrin.kit.edu/deutsch/866.php, und https://www.katrin.kit.edu/img/bdecay.jpg, abgerufen am 05.02.2020
- https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bildung-Forschung-Kultur/Forschung-Entwicklung/_inhalt.html#sprg229112, abgerufen am 07.02.2020
- Vergleiche: https://de.wikipedia.org/wiki/Finanzielle_F%C3%B6rdermittel; Übersicht, bzw. https://de.wikipedia.org/wiki/Subvention, beide abgerufen am 06.02.2020
- https://www.bmbf.de/de/die-exzellenzstrategie-3021.html#accordion-content-8, bzw. https://www.bmbf.de/de/die-exzellenzstrategie-3021.html, abgerufen am 06.02.2020
- https://www.dfg.de/download/pdf/dfg_im_profil/geschaeftsstelle/publikationen/flyer_zahlen_fakten_de.pdf, abgerufen am 06.02.2020
- https://www.stifterverband.org/sites/default/files/styles/1000x563_c90/public/forschung_und_entwicklung_fue-facts_2017_infografik.jpg, abgerufen am 07.02.2020
- https://www.egg-leo.de/de-wAssets/img/umwelt-wirtschaft/wirtschaft/KATRIN-Ankunft-28.11.2006-Foto-KIT-web.JPG, abgerufen am 07.02.2020
- https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/3/3a/Logo_KIT.svg, abgerufen am 11.02.2020
- https://www.katrin.kit.edu/deutsch/887.php, abgerufen am 12.02.2020
- https://www.katrin.kit.edu/deutsch/888.php, abgerufen am 12.02.2020
- https://www.katrin.kit.edu/deutsch/890.php, abgerufen am 12.02.2020
- https://www.katrin.kit.edu/deutsch/891.php, hauptsächlich aus dem Abschnitt „Spektrometerbereich“, abgerufen am 12.02.2020
- http://www.kceta.kit.edu/26.php, abgerufen am 13.02.2020
- Gespräch mit Prof. Dr. Johannes Blümer am 13.02.2020 von 16:00 Uhr bis etwa 17:20 Uhr.
Sehr ausführliche Dokumentation, und das nicht nur für Astrophysiker.