Arecibo ist tot

„Arecibo ist tot.“

„War Arecibo eine Person?“

„Nein! Es ist rein zufällig ein Radioteleskop.“

„Dieses   R a d i o t e l e s k o p   ist nun von uns gegangen?“

„Jap. … Weißt du überhaupt was ein Radioteleskop ist?“

„Ähmmmm, … Teleskope, die Radio hören … vielleicht?“

„Nun, damit bin ich zufrieden. Was ist denn ein Teleskop und was ist Radio?“

„Ein Teleskop habe ich hier zu Hause, da kann ich nachts reingucken und mit bisschen Glück sieht man auch Sterne … also nur nachts. Ein Radio ist ein Gerät, da kommt Musik raus.“

„Gut, richtig. Ich habe auch welche, vier Stück. Naja, dreieinhalb. Dein Auge sieht verschiedene Farben und im Regenbogen kann man die Farben ordnen. Schonmal fein, hast du eigentlich auch mal was von Infrarot oder Ultraviolett gehört? Zu Radios kommen wir noch später, wenn es ok ist.“

„Ja, ist ok für mich. Wird das jetzt eigentlich ein Interview?“

„Nein ja.“

Sichtlich verwirrt „ahm, ja, dagegen schützen wir unsere Haut mit der Sonnencreme, nicht wahr. Und Infrarotlichter kenne ich auch als Wärmestrahler fürs Terrarium. Aber was hat das jetzt mit unseren Teleskopen oder dem Radio zu tun?“

„Jou, gute Frage. Wenn du Infrarot sehen könntest, könntest du auch Farben sehen? Vielleicht auch andere Farben und andere Details?“

„Ja, denke schon.“

„Es geht noch weiter als Infrarotstrahlung. Infrarot ist infra rot, Ultraviolett ist ultra violett. Beide Wörter infra und ultra sind hier Gegensätze. Noch stärker in die andere Richtung von Rot oder Violett. Infra von Infrarot haben wir die Terahertzstrahlung, danach die Millimeterwellen, Zentimeterwellen, …“

„Moment, wieso Länge und wieso Welle?“

„Länge, weil wir hier von Wellenlängen reden. Licht kann auch als Welle dargestellt werden, da sich Licht u.a. beugen lässt. Je kleiner die Wellenlänge, desto höher die Frequenz und die Energien des Lichts. UV-Licht, also Ultraviolettes Licht kann zum Beispiel bei einem Sonnenbrand deine Haut eher schädigen als blaues oder rotes Licht.“

„Und es gibt dann also Radiowellen als eine Art Licht, oder was?“

„Ja, das ist vereinfacht gesagt wahr, jedoch sprechen wir nur von Licht zwischen UV und IR (Infrarot). Im Allgemeinen sprechen wir von Elektromagnetischer Strahlung. Radiowellen kommen dann nach den Dezimeterwellen. Zuvor sprechen wir nur von Mikrowellen.“

„Mikrowelle, das ist doch das Gerät in meiner Küche?“

„Die Mikrowelle erhitzt mit Mikrowellen dein Essen. Das macht sie, in dem sie eine Frequenz benutzt, die das Wasser in deinem Essen anregt. Da die niedrigste Resonanzfrequenz von Wasser 22,235 08 Gigahertz beträgt, benutzt die Mikrowelle diese Frequenz, um dein Essen zu erwärmen. Logisch?“

„Ja!“

„Nein.“

„Warum?“

„Die Dimension für Frequenz ist s hoch minus eins (s-1). Die Wellenlänge benutzt Meter (m). Die Geschwindigkeit, an die Licht gekoppelt ist, ist die Lichtgeschwindigkeit und ist genau 299 792 458 Meter pro Sekunde groß (m s-1).“

„Wow, woher weiß man das so genau?“

„Das hat man einfach so festgelegt, damit unsere Standardeinheiten absolut genau sind. Nennt sich auch SI, wenn man googeln will. Jedenfalls kann man damit herausfinden, was für eine Wellenlänge zu welcher Frequenz passt. 22,235 08 Gigahertz entspricht 1,348 286 Zentimeter. Weißt du warum diese Wellenlänge blöd zum Erhitzen meiner Speise ist?“

„Die Welle kommt vermutlich nur etwa 1,3 Zentimeter weit, weil die Wellenlänge sie begrenzt?“

„Ja, genau. Das erwärmt natürlich nur oberflächlich mein Essen. Was kann man also tun?“

„Die Wellenlänge erhöhen“. Ist über die Mimik des anderen erstaunt

„Genau.“

„Kann man das so einfach tun? Ich meine, dass es ja die spezifische Resonanzfrequenz für Wasser ist.“

Das Käse-Experiment aus der Mikrowelle mit drei deutlich sichtbaren geschmolzenen Streifen im Käse. Bildquelle: Prof. Michail Lemeshko, Bildquelle: https://youtu.be/0Ws-N1LleA8?t=227

„Klar, kann man einfach so tun. Weil die umgebenden Moleküle von Wasser im festen oder flüssigen Zustand direkt mit dem zu beobachtenden Wassermolekül interagieren, wird die zu erwartende Spektrallinie um diesen 22,235 08 Gigahertz bis zur Unkenntlichkeit verbreitert. Daher kann man auch die Frequenz erniedrigen, sagen wir mal 2,455 Gigahertz. Dann liegt die Wellenlänge bei ca. 12,21 Zentimeter und daher können auch große Speisen nicht nur oberflächlich erwärmt werden. Das ist auch warum, wenn man z.B. Käse ohne Drehteller mit der Mikrowelle in einer bestimmten Zeit erwärmen will und dann im Abstand von ca. sechs Zentimetern bemerken kann, dass es einen geschmolzenen Streifen gibt und einen, der nicht geschmolzen ist.“

„Wieso 6 Zentimeter?“

„Weil eine Welle eine Sinuskurve im Grunde ist: Sie geht zuerst von der Ausgangsposition zum Maximum bei einem Viertel, dann nominalisiert sie sich wieder bis zur Hälfte und im dritten Viertel ist die Kurve dann nun im anderen Maximum angekommen, bevor sie sich im letzten Viertel wieder nominalisiert. Wir haben also mehr oder weniger auch eine gute Hälfte, die bis auf den negativen Ausschlag identisch wäre.“

„Wow, puh. Was hat eigentlich geschmolzener Käse mit dem toten Arecibo zutun, kannst du auch davon sprechen ohne um den heißen Brei zu reden?“

„Ja, natürlich. Ich wollte bloß darstellen, dass es auch niederfrequentere elektromagnetische Strahlung gibt, die viel niederenergetischer als Sichtbares Licht ist und dass man das mit speziellen Teleskopen beobachten kann.“

„Was kann man denn im Radiowellenbereich so sehen, oder soll ich lieber hören sagen? Was für spezielle Teleskope braucht man denn?“

„Wowowow, das sind schon zwei Fragen. Zuerst die eine, dann die andere bitte. Also im Radiobereich kann man Radioquellen beobachten. Wirklich sehen oder hören kannst du sie nur durch Hilfsmittel, wie zum Beispiel den Computer, der die Signale dann zu akustischen Tönen und umgerechneten Bildern auf dem Display verarbeiten kann. Gut, Radioquellen war etwas plump. Grundsätzlich kann man alle Photonen mit bestimmten niedrigen Energien auffangen. Diese stammen von nicht sehr energiereichen Vorgängen. Es gibt aber auch wahre Radiostrahler. Zum Beispiel Planeten und Monde als Wärmestrahlung (planckscher Schwarzkörper), Sonneneruptionen, Pulsare, Supernovaüberreste und aktive Galaxienkerne, Radiogalaxien, beziehungsweise Quasare (helle ferne Galaxien(-kerne)). Interstellare Nebel im Zustand des Plasmas und Besitzer von Magnetfeldern können deren Elektronen und Ionen zwingen auf Spiralbahnen, um die Magnetfeldlinien zu laufen und strahlen daher tangential (vom Magnetfeld weg) kontinuierliche Synchrotronstrahlung ab. Diese ist regulär im Radiobereich und die Radiointensität nimmt mit der Frequent ab.“

„Wow, viel Input, das muss ich mir mal notieren.“ Notiert mit ausgefahrener Zunge und schaut mit einem leicht angestrengten, gesenkten Blick auf seine Notizen

(Er nochmal): „Und was ist mit diesen Teleskopen, wie kann man sich die vorstellen?“

„Das sind einfach Antennen. Die bekannten Radioteleskope sind Schüsseln, also Parabolantennen, die mit ihren Schüsseln viele Radiowellen auffangen können und dann an einen Empfänger weiterreflektieren. Ihre Schüsseln müssen zehnmal genauer poliert oder geschliffen werden als die zu beobachtende Wellenlänge.“

„Und Arecibo ist so ein Teleskop? Hat es etwas Besonderes, weil ich mein, so ein Radioteleskop hat ja fast jedes dritte Haus oder so im Kleinformat.“

Die 305-Meter-Parabolantenne von Arecibo am . Bildquelle: Mariordo (Mario Roberto Durán Ortiz), CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons; https://upload.wikimedia.org/wikipedia/
commons/1/13/Arecibo_radio_telescope_SJU_06_2019_6144.jpg

„Arecibos Schüssel, beziehungsweise dessen Empfänger waren zwar nur teilweise steuerbar, aber dafür eine riesige Schüssel im Durchmesser von 305 Metern! In der Nähe von Bonn steht ein Radioteleskop, welches vollbeweglich ist und 3200 Tonnen wiegt. Es hat dafür eine 100-Meter-Parabolantenne. Allein die Antennenplattform von Arecibo wog 900 Tonnen. Die Genauigkeit der Positionierung betrug 3 mm, beziehungsweise 5 Bogensekunden. Durch die sogenannte Apertur von 305 Metern konnte die Winkelauflösung bei einer Wellenlänge von zum Beispiel 21,1 Zentimetern nur ca. 2,4 Bogenminuten betragen. Das ist eine ähnlich große Leistung wie das menschliche Auge.“

„Wieso schafft ein 305-Meter-Radioteleskop nur eine Auflösung wie zwei 9-Millimeter-Augen?“

„Weil wir Wellenlängen von 380 Nanometern bis 750 Nanometern circa sehen können und das Radioteleskop 3 Zentimeter bis einen Meter. Elektromagnetische Strahlung kürzerer Wellenlängen sind energiereicher und schaffen also natürlich eine bessere Auflösung.“

„Wo befindet sich Arecibo?“

„Arecibo befindet sich auf Puerto Rico. Das ist eine kleine Insel in der Karibik und nordwestlich der Antillen, sowie östliche von Hispaniola, beziehungsweise der Insel von Haiti und Dominikanische Republik. Puerto Rico ist ein Außengebiet der USA und wirtschaftlich und politisch von den USA abhängig. So ist das Projekt auch von der National Science Foundation abhängig, welche wichtige Geldgeber und Betreiber für das Projekt sind.“

„Was waren Arecibos Aufgaben?“

„Ursprünglich war angedacht, dass das Arecibo-Observatorium nur ein Radioteleskop für die Ionosphäre sein sollte, weswegen es erst 1973 erweitert wurde. Arecibo hat für die Erforschung dieser Ionosphäre auch einen Sender, der aktiv Wellen verschicken kann, die dann wieder vom Teleskop aufgefangen werden können, wenn sie auf die Ionosphäre treffen. Nachdem auch Radioastronomie drin war, konnten sie mit Mikrowellenstrahlung die Planeten im Sonnensystem untersuchen, welche ein Echo zur Erde zurückwerfen, wenn das ursprünglich gesendete Signal stark genug war. Als 1973 auch der Sender erneuert wurde, wurde auch die berühmte Arecibo-Nachricht für die Außerirdischen 1974 in Richtung M 13 (bekannter Kugelsternhaufen im Sternbild Herkules) gesendet.“

„Was hat Arecibo entdeckt?“

Die erste große Erforschung mit Arecibo war April 1964 eine Bestimmung der Rotation von Merkur zu etwa 59 Tagen, und nicht wie früher gedacht, gezeitengebunden zur Umlaufszeit von 88 Tagen. 1968, 1974 und 1982 wurden wichtige Entdeckungen über Neutronensternen und Pulsare mit dem Arecibo-Radioteleskop getätigt, so zum Beispiel 168 wurde die Periodizität des Krebspulsars im M1 auf 33 Millisekunden bestimmt, 1974 der erste Pulsar-Doppelstern und 1982 auch der erste Millisekundenpulsar mit einer Periodizität von 1,558 Millisekunden (642 Hertz).
Später im Jahr 1990 wurden auch die ersten drei Exoplaneten von Aleksander Wolszczan entdeckt, eine polnische Astro-Ikone. Sie kreisen um Lich, einem Pulsar. 1980 beobachtete Arecibo zum ersten Mal einen Kometen, in diesem Fall den Kometen Encke. Ende August 1989 dann lichtete Arecibo zum ersten Mal überhaupt einen Asteroiden ab: (4769) Castalia.
1994 verwendete John Harmon das Arecibo-Teleskop, um die Verteilung des Eises in den Merkurpolarregionen zu studieren. In der Starburst-Galaxie Arp 220 wurde Methylenimin (CH2NH) und Cyanwasserstoff im Januar 2008 durch Radiospektroskopie-Messungen nachgewiesen.
Aleksander Wolszczan hat zwischen 2010 und 2011 wieder mit Arecibo gearbeitet und unter anderem Methanlinien im Radiospektrum eines Braunen Zwergs mit der Spektralklasse T6.5 (ca. 900 K) gefunden.“

„Wow, vielen Dank für diese ausführlichen Antworten gerade, genauso lange fragen kann ich allerdings nicht, deswegen kommen wir nun zum wichtigsten, und zwar warum nennst du Arecibo tot?“

Nachdem am 01. Dezember 2020 die Empfängerplattform vom Arecibo-Observatorium abgestürzt ist, hat es deutliche Schäden hinterlassen, wie man in der Luftaufnahme sieht. Bildquelle: Ricardo Arduengo/AFP; https://static.dw.com/image/55790516_403.jpg (1)

Und hier nochmal von einer anderen Perspektive Bildquelle: Ricardo Arduengo/AFP; https://www.nationalgeographic.de/wissenschaft/2020/12/puerto-rico-beruehmtes-radioteleskop-ist-eingestuerzt (2)

„Am 10. August 2020 brach ein Hilfskabel von Tower 4 der Anlage des Teleskops und stürzte auf den Parabolspiegel hinab und erzeugte eine 30-Meter-Schadensschneise. Es war unklar, ob das Versagen des Kabels noch vom zurückliegenden Tropensturm stammen. Die Anlage wurde geschlossen und Schadenskontrollen wurden durchgeführt.

Das Observatoriumsteam hatte bereits ein neues Kabel organisiert, jedoch brach am 07. November einer der zwei Kabeln der Hauptlast am Tower 4 und machte die Lage um die Stabilität der Instrumentenplattform langsam kritisch. Die Techniker und Ingenieure vor Ort erkannten, dass die Gefahr zu hoch wäre, die Kabel zu reparieren.
Die Betreiber (National Science Foundation) wollte das Teleskop kontrolliert außer Betrieb nehmen und gab am 19. November bekannt, dass sie Arecibo nun erstmal abbrechen und stoppen würden. Es wurden Schritte unternommen, die Lastverteilung der Seile für die Empfängerplattform besser zu verteilen.
Andere Pläne, wie zum Beispiel mit Hubschraubern die Plattform abzulassen oder zu heben, wurden als zu riskant eingestuft.
Es wurde festgestellt, dass jeden Tag ein oder zwei Drähte in den Kabeln reißen und ein Kollaps wahrscheinlich kurzbevorstünde. Am Wochenende vor dem Unglück waren die Drahtlitzen des Stützkabels auseinandergerissen und es gab weitere für den anbahnenden Kollaps. Am 01. Dezember um 07:53 Uhr Ortszeit (12:53 MEZ) war das zweite Hauptkabel von Tower 4 gerissen und noch bestehende Unterstützungskabel brachen nur Momente danach ebenso zusammen. Die Empfängerplattform bewegte sich nun seitlich nach unten und nahm Fahrt in die Parabolantenne des Teleskops auf. Die zerstörten Kabel des Tower 4 rissen auch noch die Spitze des Towers ab, an dem die Kabel befestigt waren. Auch an Tower 8 und 12 fehlte nun der Halt und die Kabel dessen Towers stürzten sich ebenso in die Antenne. Der Fall der Spitze des Towers 12 hinterließ kleinere Schäden an den in der Nähe sich befindlichen Gebäude des Observatoriums. Zum Glück wurde wenigstens niemand verletzt.
Das Radioteleskop des Arecibo-Observatoriums war für dessen Leistungen wohl bekannt und auch in der allgemeinen Gesellschaft nicht unbekannt: So spielte das Radioteleskop in einigen Filmen wie Contact oder GoldenEye (James-Bond-Reihe) eine Rolle, so wie in einigen Videospielen. Die totale Zerstörung von Arecibo hatte die weltweite Gemeinde der Astronomen und Astronominnen und Astrophysiker und Astrophysikerinnen zutiefst geschockt, da mit diesem Teleskop nun eine bedeutende Ressource in der Radioastronomie, besonders in der Radarastronomie verschütt gegangen ist.“

„Oh, wow. Mich als Interessierter der Astronomie packen diese Geschehen schon fast emotional. Da würde man gerne wissen, wie so ein Unglück überhaupt zustande kommen kann?“

„Ich denke es lag besonders an der chronischen Unterfinanzierung und Gelderkürzung durch die National Science Foundation, ferner noch die NASA.
Im Vorfeld war die NASA am Arecibo-Observatorium schon immer stark wegen ihrem Monitoring und Aufspüren der Potentiellen Erdnahen Objekte und einige weitere interessante Forschungsobjekte interessiert gewesen, hat jedoch ihre Gelder für das Teleskop seit 2001 bis 2006 auf null reduziert.
Die Betreiber National Science Foundation setzten ihren Beitrag von 2007 bis 2011 zur Finanzierung von 10,5 Millionen US-Dollar auf 4 Millionen US-Dollar je Jahr runter.
Zum Schutz des Teleskops gründeten Wissenschaftler und Forscher eine Organisation 2008. Die Regierung Puerto Ricos wurden weitere Beiträge von 3 Millionen USD gesichert und Wissenschaftler, Medien und Politiker übten auf den Kongress der Vereinigten Staaten aus und dies führte zu weiteren 3,1 Millionen USD pro Jahr in einem Act von 2009.
Die NASA stellte ab 2010 ihre Unterstützung auch wieder für ihre Beobachtungen mit 2 Millionen USD her und erhöhten ab 2012 auf 3,5 Millionen USD pro Jahr.
Im Jahr 2011 gab es rund um Organisationen in der NSF (National Science Foundation) ein paar Umstrukturierungen, welche wiederum mehr Freiheiten mit sich brachten.
2015 und 2016 kündigte die NSF an, wieder ihre Mittel weiterhin zu kürzen und dachte auch über Stilllegungen nach.
Ein Konsortium übernahm ab 2018 ein Teil der Finanzierung, sodass die NSF von 8 Mio. USD auf 2 Mio. USD heruntergehen konnte.
Durch die Unterfinanzierung und Unstetigkeit konnte das Teleskop nur ungenügend erhalten und gewartet werden, was schließlich zu dem üblen Zustand des Teleskops führte.“

„Oha. Ich frage mich dennoch ernsthaft, warum diese Mittel einfach nicht da sind. Während der Hochphase des Spacerace steckten doch die Amerikaner äußerst viel Geld in die Raumfahrt-Branche und allgemein Technologie und Entwicklung. Sind die Vereinten Staaten von Amerika nun in Unehre geraten, was ist da los?“

„Meiner Meinung nach sind die Vereinigten Staaten nachlässig geworden, gerade wenn es um Forschung und Entwicklung geht. Ich beobachte aus meiner Warte auch den Trend, dass nicht nur die NASA weniger Mittel bekommt, sondern auch die NASA, wobei es den Amerikanern in den 1960er und 1970er sehr viel um äußeren Prestige und die bessere, raffiniertere Technik ging. Auch sind die größeren Meinungsverschiedenheiten der letzten Regierungsperioden an Richtungswechsel ebenso teilschuld.“

„Nun zur Abschlussfrage für heute: Wie sieht die Zukunft für Arecibo aus, was ist schon geplant, was für Ideen gibt es?“

Ein direkter Vergleich der Teleskope Arecibo, FAST in China und RATAN-600 in Russland. Bildquelle: Cmglee, CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons; https://upload.wikimedia.org/
wikipedia/commons/8/83/Comparison_
FAST_Arecibo_Observatory_profiles.svg

„Es gibt große Stimmen, dass man zum Beispiel das Teleskop woanders aufbaut, aber auch, dass man Arecibo komplett saniert und erneuert oder doch nur repariert. Bislang ist jedoch noch wenig in der Richtung geschehen und so bleibt nur das Abwarten. Jedenfalls wäre es ein großer Verlust, wenn man es nicht baldig wieder er- oder einsetzen kann. Die Chinesen haben schließlich auch Radioteleskope, aber im Moment noch keine größeren mit Radar, obwohl das „FAST“-Radioteleskop schon größer und etwas moderner ist als Arecibo war. Lustig nur, dass das theoretisch größere Radioteleskop RATAN-600 (РАТАН-600) der Russen in Südrussland nahe dem Kaukasus auch nicht so die bessere Technik hat.

Quellen:

Kosmische Strahlung, Teil 2 von 2

Sonnenwind, wie und was genau?

Im vorigen Kapitel haben wir schon gehört, dass viel Kosmische Strahlung über den Sternenwind geht, deshalb wollen wir es nun in diesem Extra-Kapitel genauer erläutern.

Die Sonne ist eine riesige Kugel aus erregtem Gas, Plasma, welche vor rund 4,567 Mrd. Jahren in einem lokalen Verdichtungsevent des sogenannten Sonnennebels, welcher heute nicht mehr existiert, geformt wurde.
Die Sonne zog über 1,4 × 1029 Kilogramm oder etwa über 80 Jupitermassen an, um das einfache Wasserstoff, Protium genannt, bei einer Kerntemperatur von 3 Millionen Kelvin zum Fusionieren zu bringen. Wäre sie nicht schwerer als 80 Jupitermassen geworden, was nur etwa 7,6 Prozent einer Sonnenmasse ist, dann wäre sie als Brauner Zwerg verblieben, der nur genügend Kerntemperatur für die Deuteriumfusion hat, welche erst ab 13 Jupitermassen beginnt. Die Sonne besitzt etwa 1047 Jupitermassen.

Der pp-Prozess veranschaulicht.

In der Tat startet die Wasserstofffusion erst bei einer Temperatur von etwa 3 Millionen Kelvin und ist zur vierten Potenz temperaturabhängig. Das heißt, dass wenn wir die Temperatur verdoppeln, erhöht sich die Energieproduktion um den Faktor 24, also um das Sechzehnfache. Bei dieser sogenannten Proton-Proton-Reaktion, oder pp-Prozess, reagieren zweimal zwei Protonen unabhängig voneinander zu zwei getrennten Deuteriumkerne, sowie ein Positron und Elektronneutrino jeweils. Die beiden Deuteriumkerne fusionieren wiederum mit einem Proton, wobei sie zu einem Helium-3-Kern verschmelzen. Dabei entsteht jeweils ein Photon. Die zwei Helium-3-Kerne verschmelzen schließlich zusammen und zwei Protonen werden wieder freigesetzt und der Mutterkern ist nun ein Helium-4-Kern.

Der CNO-Zyklus veranschulicht.

In der Sonne ist noch ein Vorgang am Werk, der Energie produziert. Der sogenannte CNO-Zyklus oder auch der Bethe-Weizsäcker-Zyklus. Dieser startet erst ab ca. 6 ½ Millionen Kelvin, ist aber jedoch um die 17. Potenz temperaturabhängig, also viel temperaturgebundener als der einfache pp-Prozess, wenn man hier die Temperatur verdoppelt, wird die Energiefreigabe um den Faktor 217 erhöht, was das 131 072-fache wäre. Beim CNO-Zyklus reagiert ein Kohlenstoff-12-Kern mit einem Proton zu Stickstoff-13 und gibt dabei ein Photon ab. Der Stickstoff-13-Kern ist instabil und gibt im Beta-Plus-Zerfall ein Neutrino und ein Positron ab und wird zu Kohlenstoff-13. Dieser 13C-Kern reagiert mit einem Proton unter Abgabe von einem Photon zu Stickstoff-14. Dieser Kern reagiert mit einem weiteren Proton zu Sauerstoff-15 und verliert ebenso ein Photon. Unter einem Beta-Plus-Zerfall zerfällt der 15O-Kern zu Stickstoff-15 unter Abgabe von einem Neutrino und einem Positron. Danach reagiert das Stickstoff-15 wieder mit einem Wasserstoffkern, woraufhin gleich der Kern ein Alphateilchen (Helium-4-Kern) abgibt und wieder zu Kohlenstoff-12 wird. Dieser Prozess macht allerdings nur lediglich 2 % der Gesamtenergieerzeugung der Sonne aus, während der Rest nur der pp-Prozess ist. Das ist wegen der geringen Menge an schwereren Elementen in der Sonne im Vergleich zu Wasserstoff und Helium und wegen der dafür zu geringen Temperatur.

Diese Teilchen haben all ihre Energien, die sie durch ihre Temperatur und Geschwindigkeit und weitere Eigenschaften haben, und geben sie im Falle einer Reaktion weiter an die an der Reaktion beteiligten Teilchen. Falls sie vorher eine Bindung mit anderen Teilchen gehabt haben, wird die Bindungsenergie genauso übertragen. Kernfusion ist im Allgemeinen ein sehr langwieriger Prozess und hätte man ein Komposthaufen, der das gleiche Volumen wie die Sonne hat, würde im Komposthaufen mehr Energie freigesetzt werden.

Jedenfalls gehen diese ganzen Produkte wie diese Neutrinos, Protonen teilweise und Alphateilchen direkt aus der Sonne. Das Neutrino sogar sofort, da ihre Masse vermutlich unter einem eV/c2 liegt, aber meist Energien besitzen, die tausendfach stärker sind. So reagieren sie nur äußerst unwahrscheinlich mit einem Teilchen der Sonne, sodass sie die Sonne sofort verlassen können und nicht wie andere Materie und gewöhnliches Licht sich an den Teilchen in der Sonne entlangschlängeln muss.
Andere Materie, auch schwerere Partikel, verlassen die Sonne nicht unbedingt durch Kernfusionsreaktionen, sondern eher durch Eruptionen, Kurzschlüsse im Magnetfeld, welches das Plasma, also die Materie der Sonne allgemein, dann wegen dem Kurzschluss in eine Protuberanz leitet und dann von der Sonne sich abstößt, wenn die Ladungen quer stehen.
So verlassen etwa 1,84 × 1036 Neutrinos pro Sekunde insgesamt die Sonne und auch viele andere Teilchen. Diese sind die Hauptquelle für Neutrinos und generell Kosmische Strahlung auf der Erde.

Der Sternwind von besonders massereicheren und jungen Sternen führt besonders viel Energie mit sich und regt die H-II-Region (Nebel aus Staub und Gas) zum Leuchten durch Rekombination an. Rekombination ist, wenn ionisierte Materie in den Normalzustand zurückkehrt und Licht als Energie freigibt. Diese Nebel nennt man auch Emissionsnebel und der Stern „brennt“ oft eine Kugel in den Nebel hinein und löst diesen über die Zeit auf.

Was wir von der Kosmischen Strahlung messen können

Der Entdecker der Kosmischen Strahlen ist Victor Hess im Jahr 1912. Er unternahm ein Heißluftballonflug, um die Radioaktivität in der Höhe zu messen. Es war eine zufällige Entdeckung und er erwartete eigentlich, dass die Radioaktivität sinken würde, weil er einen größeren Abstand zum Erdkern einnimmt. Also man hatte an Radioaktivität, Strahlung, aus dem All nicht wirklich gedacht – bis dahin.

Die Partikelrate der Kosmischen Teilchen. Die x-Skala zeigt die Energien der Teilchen an, die y-Skala eine Art Wahrscheinlichkeit. Bei ca. 10^11 eV kommt zum Beispiel ein Teilchen pro Sekunde und Quadratmeter an.

Was tatsächlich zur Erde von der Kosmischen Strahlung kommt, ist die Höhenstrahlung. Wenn ein Teilchen, auch genannt Primärteilchen, der Kosmischen Strahlung in der Atmosphäre gelingt, dann trifft dieses Teilchen mit Sicherheit irgendwann auf ein Teilchen der Luft. In diesem Moment reagieren die beiden Teilchen und weil das Teilchen der Kosmischen Strahlung sehr viel Energie mitbringt, zerfallen beide Partikel in kleinere Stücke, die man dann Sekundärteilchen nennt. Diese Partikel haben in der Regel trotzdem noch äußerst viel Energie und spalten sich wieder mit anderen Luftteilchen auf. Weil so immer mehr Sekundärteilchen insgesamt entstehen, entsteht eine Kaskade, eine Kettenreaktion. Dieser Prozess wird deswegen auch „Teilchenschauer“ genannt.

Es gibt hauptsächlich vier moderne Arten die Höhenstrahlung zu messen: Mit Szintillatoren, Tscherenkow-Detektoren, Radiodetektoren und mit Lumineszenzdetektoren.

Das ist einer der Szintillatoren, als Testbau für IceCube (mehr weiter unten). Es nutzt Plastik als Szintillator und das einfallende Licht wird schnell über diese grünlichen Kabel an den Photomulitplier weitergeschickt.
Foto aus einer Werkstatt im KIT Campus Nord bei Leopoldshafen, Foto von ca. 05.03.2020

Szintillatoren sind Detektoren, dessen Moleküle von energiereichen Photonen und anderen Teilchen so angeregt werden, dass sie Photonen abgeben, wenn die energiereichen Partikel durch den Szintillator gehen.

Tscherenkow-Detektoren arbeiten auf der Basis von der Tscherenkow-Strahlung. Sie wird erzeugt, wenn energiereiche Teilchen durch ein Medium blitzen und dabei schneller sind als die spezifische Lichtgeschwindigkeit des Mediums. Die spezifische Lichtgeschwindigkeit eines Mediums ist immer geringer als die konstante Vakuumlichtgeschwindigkeit von 299 792 458 m/s, sodass Teilchen mit viel Energie zwischen beiden Lichtgeschwindigkeiten liegen. Durch geometrische Effekte wird von den Teilchen eine Art Energiestoß freigesetzt, welches ein bläulich schimmerndes Licht freigibt. Dieses wird von Photomultipliern eingefangen, welche das Signal verstärken. Das Licht eines einzelnen Teilchens der Kosmischen Strahlung hebt sich nur für einen kleinen Bruchteil einer Sekunde.

Mit Radioantennen kann man natürlich ebenso nach Partikeln Kosmischer Strahlung Ausschau halten. In dem Fall werden wohl nur elektrisch geladene Teilchen mit den Radiodetektoren aufgespürt.

Lumineszenz-Detektoren sind meistens Teleskope für das sichtbare Licht, welche in die Atmosphäre schauen. Wenn die Teilchen der Kosmischen Strahlung auf z.B. Stickstoff-Moleküle der Luft treffen (Stickstoff ist in der Luft eigentlich nur als N2 vorhanden), dann kommt es zu einer ganz sachten Lumineszenz, welche vermutlich durch ein Rekombinationsleuchten ausgelöst werden. Also wenn Stickstoff von einem höheren Energiezustand zu einem niedrigeren Energiezustand fällt und dabei ein ganz bestimmtes Licht abgeben. Da dieses Licht so schwach ist und auch sehr zeitabhängig ist, also dass das Licht sehr schnell wieder abebbt, muss es extra von lichtempfindlicheren Teleskopen beobachtet werden, die keine Probleme haben ein Licht, welches sich nur für Nanosekunden hebt, zu erfassen. Die Daten hieraus sind ziemlich genau, aber können nur etwa 13 % der Zeit eingesetzt werden, weil es tagsüber viel zu hell ist und ebenso, wenn der Mond scheint.

Die schon reagierten Sekundärteilchen sind durch die hohen Energien, die mit ins Spiel kommen, teilweise exotische Materie, wie die Mesonen, die aus einem Quark und einem Antiquark bestehen, wie zum Beispiel die Pionen oder die Kaonen. Auch exotische Leptonen werden gebildet. Myonen zum Beispiel. Daher gibt es beim Pierre-Auger-Observatorium Myonen-Detektoren auf Szintillator-Basis.

Wenn die Primärteilchen oder Sekundärteilchen auf z.B. Stickstoffmolekül treffen, kann zum Beispiel das Stickstoff ein Proton gestohlen bekommen und so das Kohlenstoff-14-Atom entstehen. Dieses Isotop nehmen die Pflanzen natürlicherweise bei der Photosynthese auf und tragen es über Tier oder direkt in der Nahrungskette zum Menschen.

Wie ich schon vorhin gesagt habe, gehen die Energien der höchstenergetischsten Teilchen der Kosmischen Strahlung bis zu etwa 1021 eV, was für ein einzelnes Teilchen schon sehr viel Energie ist. Man geht von etwa 1 000 Teilchen der Kosmischen Strahlung pro Quadratmeter und Sekunde aus, außer der Sonne und der Neutrinos.

IceCube, angerissen

Die Wohnkuppel von IceCube beim Südpol im Eis
…und jetzt unten drunter IceCube und auf der Oberfläche IceTop.

Ein Beispiel für eine Forschungsbasis für die Kosmische Strahlung ist IceCube. Es liegt direkt in der Antarktis, nur wenige Hundert Meter des Südpols und der Scott-Amundsen-Raumstation entfernt. Dort wird in einem Kubikkilometer unter der Oberfläche Neutrinos gemessen. Also sie haben nicht alles freigegraben, aber viele Hundert Röhren gebohrt, in denen viele Sensoren für die Neutrinos kommen. Auf der Oberfläche haben wir IceTop, welches ähnlich wie das Pierre-Auger-Observatorium mithilfe verschiedener Instrumente die Kosmische Strahlung einfängt. Da wir sie am Südpol laborieren, sind die menschlichen Faktoren kleingehalten.

Eine Übersicht des Standardmodells der Teilchenphysik.

Quellen:

Bildnachweis (gilt auch für den ersten Teil):

Kosmische Strahlung, Teil 1 von 2

Ich bin noch nicht ganz fertig mit dem Beitrag gewesen und etwas Audiovisuelles in ca. 42 Minuten Länge soll noch für YouTube kommen, da habe ich an frühere Zeiten von GSA gedacht und einfach beschlossen, dass ich nun erst den ersten Teil herausgebe und in wenigen Tagen den zweiten Teil und danach dann alles zusammen.

Ja, nun sind wir bei einem der großen Gebiete der Astroteilchenphysik, die aus Astro- und Teilchenphysik besteht, angekommen. Es ist ziemlich umfassend und ich habe daraus eine Präsentation gemacht, die ich hier auf YouTube noch darstellen werde. Anhand dieser Präsentation werde ich nun das Thema als GSA-Artikel verfassen.

Das Titelbild

Im Titelbild sehen wir 6 verschiedene Bilder, die alle etwas mit der kosmischen Strahlung zu tun haben. Im Hintergrund haben wir die Milchstraße als Sternenkarte der Gaia-Weltraumteleskop-Mission, oben rechts haben wir den Krebsnebel, der Supernova-Überrest, der auch Messier 1 heißt. Unten rechts haben wir die Sonne im Röntgenspektrum vermutlich und sehen, wie sie ihre Protuberanzen herausschleudert aufgrund von Magnetfeldkurzschlüsse. Unten links sehen wir das Sternbild Orion mit prächtigen Farben und Strukturen, die unser bloßes Auge so nicht sehen könnte und Oben links/mittig das Herz der Milchstraße zusammengelegt aus Röntgenaufnahmen, Aufnahmen des Infrarot- und sichtbaren Lichts. Oben mittig ca. sehen wir das Hubble Ultra Deep Field, eine Bildgebung aus Tausenden Sterneninseln, auch genannt Galaxien. Der Begriff Sterneninsel soll auf die äußerst große Anzahl der Sterne in einer Galaxie hinweisen.

Sie alle strahlen Kosmische Strahlung ab, so wollen wir also wissen, was Kosmische Strahlung denn eigentlich ist. Klar, es ist eine Strahlung und es kommt aus dem Kosmos, aber was steckt denn nun genau dahinter?

Was ist Kosmische Strahlung, aus was besteht sie?

Kosmische Strahlung ist plump gesagt eine Teilchenstrahlung, also eine Korpuskularstrahlung, aber auch Elektromagnetische Strahlung. Genauer betrachtet sind es aber viele verschiedene Teilchen. Teilchen, die man in jedem Atom und Atomkern findet, oder auch exotischere Materie. Aber zurück zum Einfachen.

Die Kosmische Strahlung kann aus Neutronen, Protonen und Elektronen, Neutrinos und Alphateilchen (Helium-4-Kern: 2 Protonen und 2 Neutronen zusammen) bestehen. Diese sind auch demnach elektrisch geladen und können verschiedene Energien neben ihre eigenen Ruheenergien, welche aber immer gleich sind, haben. Das wäre dann z.B. eine Geschwindigkeit, Druck bei Gas oder auch als Temperatur.

Diese Teilchen kommen aus verschiedenen Prozessen, z.B. aus radioaktiven Zerfällen. Da gibt grundsätzlich drei Varianten: Den α-Zerfall, bei diesem Zerfall wird ein Helium-4-Kern von einem Ausgangskern abgespalten und verlässt dann als Alphateilchen den Mutterkern, wobei der Mutterkern sich ebenfalls physikalisch und chemisch verändert. Es gibt auch zwei verschiedene β-Zerfälle, nämlich Beta-Minus und Beta-Plus. Bei einem Zerfall (Beta-Minus) wird ein Neutron in ein Proton, Elektron und Antielektronneutrino umgewandelt und beim Beta-Plus-Zerfall ein Proton in ein Neutron, Positron und ein Elektronneutrino. Schwerere Atome kommen aus der sogenannten spontanen Kernspaltung zustande, also wenn ein Neutron bewirkt, dass ein großes Atom aus Hunderten von Nukleonen (Teilchen im Atomkern) in zwei ungefähr gleichgroße mittelgroße Atome, sowie zwei oder drei Neutronen, gespalten werden.

Die Kosmische Strahlung oder deren Bestandteile können auch abgelenkt werden, z.B. Alphakerne, die ja doppelt positiv sind, werden von elektromagnetischen Feldern stärker angezogen als bloße Protonen, die nur einfach positiv sind. Auch Photonen also Licht können von Gravitationsfeldern durch ihre bloße Geschwindigkeit und die Raumzeit leicht abgelenkt werden.

Die Energie der einzelnen Teilchen wird oft mit der Einheit Elektronvolt gemessen, seine Abkürzung hierfür ist eV. Definiert ist sie nach der Energie, die ein Elektron bekommt, nachdem es mit einem Volt Beschleunigungsspannung beschleunigt wird. Die Umrechnung hierfür ist: 1 Joule (1 J) ist äquivalent zu etwa 1,6 × 1019 eV, also Elektronvolt. (Rund 160,2 EeV, bzw. Exaelektronvolt wären ein Joule).

Woher kommt die Kosmische Strahlung?

Wir wissen jetzt grob was die kosmische Strahlung ist und wissen aber noch nicht wirklich woher unsere Strahlung kommt. Wenn wir jetzt so nachdenken, was alles diese Protonen und Neutronen und den anderen Sermon freilässt, auf was könnten wir denn so kommen?

Genau! Unsere Sonne zum Beispiel erzeugt durch ihre Fusion eine Strahlung und dessen Material kann auch in der Photosphäre, die Oberfläche der Sonne, sich in den Magnetfeldlinien bewegen. Wenn die Magnetfeldlinien durch einen Kurzschluss sich von der Sonne abstoßen, kann eine große Wolke an Plasma von bevorzugt Wasserstoff und Helium entweichen. Dass sich die Magnetfeldlinien überhaupt kurzschließen können, liegt u.a. an der verschieden großen Rotation der Sonne, die am Äquator stärker als an den Polen ist, welche die Magnetfeldlinien dann mit sich herzieht, weil das Material als Plasma in der Sonne elektromagnetisch geladen ist. Dadurch verändern sich dort fortwährend die Magnetfelder und die Linien können sich so verändern. Das Material, und auch generell Material, was von der Sonne abstrahlt, wird kurz in der Korona der Sonne beschleunigt und kommt so frei. Das ist auch bekannt als Sonnenwind. Weil dies andere Sterne auch tun, ja die Sonne ist auch nur ein Stern, nennt man es generell Sternenwind. Schon haben wir die erste und auch die wichtigste Quelle der kosmischen Strahlung ausfindig gemacht: Es gibt ungefähr 300 Milliarden Sterne in dieser Galaxie, Galaxien sind Sterneninseln mit vielen Milliarden Sternen. Von den Galaxien gibt es wiederum auch so geschätzte 100 Milliarden bis einer Billionen Galaxien, womit wir insgesamt wohl bei um die 100 Trilliarden Sterne wären. Und wie man sich vorstellen kann, kommen da viele Aberillarden von Teilchen zustande.

Weitere Punkte sind Sternexplosionen und Sternimplosionen, wie Supernovae und Kilonovae (und allgemein Novae). In den wenigen Sekunden, für die sie einen solchen Zustand haben, produzieren sie dafür allerdings sehr viel Energie und damit auch viele auswärts wandernde Teilchen.

Auch sogar noch vom Urknall gibt es freie Teilchen, besonders die Neutrinos, denn sie haben im Vergleich zu ihrer Ruhenergie (ihre Teilchenmasse) sehr viel Energie und reagieren damit auch kaum mit gewöhnlicher Materie. Von ihnen sind etwa 343 Stück auf jedem Kubikzentimeter erhalten. Hört sich erstmal nicht sehr viel an, aber im Volumen der Erde befindet sich wiederum etwa 3,7 × 1029 Neutrinos, was viel mehr ist, als die Erde an Masse in Kilogramm besitzt.

Ferner sind auch Planeten Quellen von Kosmischer Strahlung. In ihren Planetenkernen befindet sich radioaktives Material, welches strahlt und damit ebenso Teilchen freisetzt. Hier sind die Energien und die Teilchenraten im Gesamtüberblick ein Witz und wird somit meist gar nicht beachtet.

Quellen:

Bildnachweis (gilt auch für den noch kommenden zweiten Teil):

Die Geschichte der Astronomie, Teil 33

Der erste „freie“ Astronom

Der erste „freie“ Astronom war auch Wissenschaftler und lebte in England, da dort die Wissenschaft, die „sieben freien Künste“, freier und besser gelehrt wurde als im restlichen Europa. So kam es, dass eine Generation von Astronomen noch im Siebzehnten Jahrhundert England eroberte. Zu Beginn war die Astronomie noch nicht mal in London großartig gelehrt, sondern war bisher eher eine Art „Nebenwissenschaft“. Sein Name war Jeremiah Horrocks und dann legen wir mal los.

Von Jeremiah Horrocks ist während seiner Lebens
selbst kein Gemälde erhalten. Bildquelle:
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/
c/cf/JeremiahHorrocks.jpg; William Richard Lavender (1877-1915),
Public domain, via Wikimedia Commons

Er lebte zwischen 1618 und 1641 und wurde in Liverpool geboren, einer Stadt, die für damalige Verhältnisse sehr modern war und nicht einmal 1 000 Einwohner zu der Zeit beherbergte, auch wenn die industrielle Revolution noch weit in den Kinderschuhen lag. Horrocks Eltern waren Puritaner, also Leute, die in England erst seit den 1620ern geduldet sind und zu dieser Zeit noch keine öffentlichen Ämter aufgrund deren Haltung zur anglikanischen Kirche ausüben dürfen. Aus diesem Grund waren die Puritaner zu der Zeit eher Händler und Handwerker, also die Leute, die ein wenig mehr Geld in der Tasche hatten. Der Vater seiner Mutter und der eigene Vater waren Uhrenmacher und handelten sie wahrscheinlich noch mit Handelshochburgen Europas, wie zum Beispiel Pest, Antwerpen oder Nürnberg. Seine Eltern nannten ihren 1621 geborenen Sohn Jonah, scheinbar haben sie eine Vorliebe für Propheten aus dem Alten Testament.

Er genoss wegen seinen Eltern und dem örtlichen Geistlichen Richard Mather eine exzellente Schulbildung, sodass er sogar ein Stipendiat mit 14 Jahren zum Emmanuel College in Cambridge aufgenommen wurde, es galt als das puritanischste College unter allen in Oxford und Cambridge. Er schrieb sich für Mathematik ein, was zu dieser Zeit, ähnlich wie die Astronomie, geringgeschätzt wurde und eher bei Händlern, Mechaniker und Kalendermachern im Gebrauch lag, als in Universitäten. Da das College nur sehr auf Theologie aufgelegt war, konnte sich in der Bibliothek nur mit Mühe Schriften über mathematischen Themen oder astronomischen Themen finden. Dennoch hatte er in seiner Zeit am College viele der astronomischen Neuveröffentlichungen studiert. Während seiner Zeit am College in Cambridge korrespondierte er sogar mit dem Londoner Professoren der Astronomie Herbert Gellibrand am Gresham College dort. Er empfahl ihm ein Buch des belgischen Astronoms Philip Lansberg, welches Horrocks kaufte. Mit den sogenannten Lansbergschen Tafeln versuchte er seine eigenen Planetenbeobachtungen in Einklang zu bringen, was allerdings nicht funktionierte.

1635 verließ er aus ungeklärten Gründen das College, es wird spekuliert, ob er wegen zu schlechten Leistungen das College verlassen musste oder ob vielleicht seine astronomischen Studien für ihn interessanter als das Studium wurden. Einige seiner Freunde am College begründeten später die Royal Society, wie zum Beispiel John Worthington und John Wallis. Im selben Jahr kehrte er wieder in seine Heimat zurück und besorgte sich astronomische Geräte, was ziemlich leicht war, da er sich mit Liverpool an einer Hafenstadt befindet.

Neben dem berühmtesten Astronom Omar Khayyam, welchen wir schon bereits behandelt haben, war auch Jeremiah Horrocks ein Dichter:

Göttlich ist die Hand, die zu Uranias Macht triumphierend die Trophäe hob,
die der Menschheit zuerst das wundersame und kunstvolle Rohr schenkte
und mit edlem Wagemut ihre sterblichen Augen lehrte, die entferntesten Himmel abzusuchen.
Ob der Mensch der Sonnenbahn folgen will oder die nächtliche Wanderung des hell leuchtenden Mondes beobachten;
noch nie zuvor wurde ihm solcher Führer von Jupiter gesandt, keine Hilfe, die im hellsten Licht solche Geheimnisse enthüllte.
Kein Mensch soll mehr mit angestrengten Augen vergebliche versuchen, die Sterne zu erfassen.
Gesegnet mit diesem Instrument sollst Du den Mond vom Himmel herunterholen
und unsere Erde und jeden Himmelskörper an seinem eigenen Platz verorten, wo er seine Bahn erhaben zieht.

Jeremiah Horrocks

Er schloss im Jahr 1636 eine Freundschaft mit dem Amateurastronomen William Crabtree. Er arbeitete in Broughton bei Manchester und empfahl ihm die 1628 veröffentlichten Rudolfinischen Tafeln des Johannes Keplers, die er bereits kannte. Sie waren wesentlich präziser und brachten schlussendlich auch den Erfolg. Es vergingen jedoch in diesem Zeitalter noch mindestens acht Jahre von der Veröffentlichung des Keplers bis zur Nutzung von den ersten Astronomen in Großbritannien.

Im Sommer des Jahres 1639 verließ Horrocks sein Haus in Toxteth, die Ortschaft nahe Liverpool, und zog aus ebenfalls ungeklärten Gründen Much Hoole, bestätigt dadurch, dass seine Briefe ab da an nach Much Hoole geschickt wurden. Es wird angenommen, dass ihm eine neue Stelle als häuslicher Lehrer oder vielleicht als Hilfspfarrer angeboten wurde. Much Hoole liegt ungefähr 29 km nördlich von Liverpool. Much Hoole war allerdings eher ein Bauersdorf, es sollen Hühner und Schweine rumgelaufen sein, die Häuser waren nur niedrig gebaut und Törföfen brannten in den Häusern.

Planetenbahnen studierte Horrocks jahrelang und stellte dabei fest, dass wenn die Venus in ihrer unteren Konjunktion (wenn die Venus etwa auf einer Linie zwischen der Erde und der Sonne steht), es auch zu einem Transit kommen kann, also dass die Venus vor der Sonne aus der Perspektive der Erde entlangläuft. Dies haben wir schon im letzten Eintrag genauer betrachtet. Jedenfalls berechnete Horrocks auch einen Venustransit für den 24. November 1639 (greg.: 04. Dezember) gegen 15 Uhr, wobei seine Berechnungen zeigten, dass der Venustransit vielleicht schon früher eintreten könnte. Deshalb begann er mit der Sonnenbeobachtung ab Mittag dem 03. Dezember. Doch am Vortag gab es keine Spur von der Venus also nahm er an, dass seine Berechnungen korrekt waren und er erst am Nachmittag des 04. Dezembers den Venustransit beobachten würde. Er kontaktierte William Crabtree und seinen Bruder, falls Wolken aufziehen.

Er wurde aufgrund dringender Angelegenheiten (unbekannt was genau für welche) für eine kurze Zeit verhindert und war somit erst etwa kurz nach 15 Uhr für den 04. Dezember wieder für die Observation da. Zu dem Zeitpunkt war bereits die Venus vor der Sonne und er konnte sie also auch gut als eine Art schwarzes und kreisförmiges Loch vor der Sonne wahrnehmen. Weil er Angst hatte, dass seine Beobachtungen als Sonnenfleck ausgelegt werden, hat er seine Beobachtungen äußerst detailliert beschrieben und Messungen des Winkeldurchmessers der Venus durchgeführt. Er schätzte ihn auf 72 Bogensekunden mit einer Fehlertoleranz auf etwa 4 bis 5 Bogensekunden. Der tatsächliche Winkeldurchmesser betrug laut Stellarium etwa 63 Bogensekunden. Er fertigte drei Zeichnungen für den Stand um 15:15, 15:35 und 15:45 an. Die Venus war immer noch nah am Rand der Sonne als Horrocks seine Beobachtungen wegen dem Sonnenuntergang abbrechen musste. Auch um 15:35 konnte William Crabtree in Broughton die Sonne mit der Venus für einige Minuten beobachten und so wertvolle Beobachtungen machen.

Jeremiah Horrocks benutzte diese Beobachtungen von den beiden und verfasste daraus einen Bericht und interpretierte seine Beobachtungen und berechnete die Umlaufbahn der Venus genauer als zuvor und schätzte den Winkeldurchmesser gut ab, wenn die Venus und die Erde sich am nächsten stehen. Basierend darauf, berechnete er die Entfernung Venus – Erde und versuchte daraus die Größe des bis dahin bekannten Sonnensystems zu berechnen. Dazu benutzte er noch die Daten des Merkurtransits von Pierre Gassendi.
Gassendi beobachtete am 07. November 1631 als vermutlich erster Mensch de Welt einen Planetentransit, genauer eben den Merkurtransit, der von Johannes Kepler selbst vorherberechnet war.

Eine komischere Leistung war seine Theorie, dass von der Sonne aus alle (bis dahin bekannten) Planeten denselben Winkeldurchmesser aufweist, wobei ihm selbst klar war, dass das mit dem Mars zum Beispiel nie funktionieren könnte, weil er erstens weiter von der Sonne ist als die Erde und zweitens sogar noch kleiner als die Erde ist.

Durch den Venustransit konnte Horrocks auch die Parallaxe der Sonne bestimmen. Die Parallaxe ist die scheinbare Verschiebung eines Objektes relativ zum Hintergrund durch eine eigene Bewegung. Also wenn z.B. ein naher Fixstern im Januar an einer Stelle relativ zu den anderen Fixsternen am Himmel steht, dann bewegt er sich relativ dazu um ein kleines Bisschen. Vermutlich hat er geprüft, was für eine Bewegung die Venus relativ zur Sonnenscheibe macht und dann, wie die der Sonne ist, oder über die Bewegung der Erde (scheinbar die Sonne) und die der Venus verglichen mit der Sonne. Oder vielleicht die Venus als bekannter bewegender Punk von zwei Orten auf der Welt verglichen mit der Sonne.
Er stellte seinen Wert mit den Werten von Astronomen vor ihm auf:

Es liegt übrigens an methodischen Schwierigkeiten, dass die Werte für die Sonnenparallaxe alle größer waren als heute, denn man hatte z.B. auch sehr oft geschaut wieviel Grad Abstand der Mond zur Sonne hat, wenn Halbmond ist, weil der Winkel kleiner als 90° sein muss, sonst wären wir unendlich weit von der Sonne weg. Da man aber durch die ganzen Gebirge und Krater auf dem Mond nicht genau ermitteln kann, wann exakt Halbmond ist, gibt es da einige Genauigkeitsprobleme mit dieser Methode.

Horrocks verstand, dass Ptolemäus seine Theorien über die Welt und das Sonnensystem sehr umständlich sind und sich damit höchstens Finsternisse erklären lassen. Horrocks entwickelte das Heliozentrische Weltbild maßgeblich weiter. Er begriff, dass die Planeten wie die Erde in Ellipsen, bzw. Kegelschnitte die Sonne umlaufen und dass das Erde-Mond-System genauso aufgebaut ist. Er berechnete die Mondbahn allerdings schon als Ellipse um die Erde, die allerdings von der Sonne gestört wird und somit alljährlich die Mondbahn einmal in alle Richtungen gezogen wird. Über ein Jahrhundert lang wurde diese Formeln für die Mondbahnberechnung genutzt und selbst der spätere Direktor der Royal Society, John Flamsteed, und seine Nachfolger nutzten sie.

Am 03. Januar 1641 starb er plötzlich und unerwartet. Er hinterließ viele Schriften, welche jedoch in den Wirren des britischen Bürgerkriegs 1641 bis 1649 zu einem großen Teil verloren wurden. 1662 konnte jedoch sein Bericht über den Venustransit posthum veröffentlicht werden.

Quellen:

Was sind Wolf-Rayet-Sterne?

Äußerst massereiche O-Sterne, die kurz vor der Supernovadetonation stehen.

Wolf-Rayet-Sterne sind, wie der Name schon sagt Sterne. Doch sind sie zwar Sterne, jedoch sind Sterne äußerst unterschiedlich: Vom Braunen Zwerg und dem Roten Zwerg über die G-Sterne bis hin zu den Blauen Hyperriesen gibt es einen Massenunterschied des über Zweitausendfachens. Die massereichsten Sterne existieren in ihrer ersten Lebensspanne, nämlich in der Hauptreihe, für nur knapp mehr als eine Millionen Jahre, das ist weniger Zeit als die Spanne, in der der Homo Sapiens Sapiens das Feuer zu kontrollieren wusste, wohingegen viel masseärmere Sterne für mehrere Dutzend Jahrbillionen. Auch hier ist die Spanne nicht nur bemerkbar, sondern nicht zu übersehen. Auch in Punkto Oberflächentemperatur unterscheiden sie sich: die allerwinzigsten Braunen Zwergen haben Oberflächentemperaturen von nur um die 100 K, da wären wir um tiefsten Y-Spektrum, bis hin zu Neutronensternen, Pulsare und Magnetare also, und andere O-Sterne, welche über 100 000 K an ihrer Oberfläche heiß sind. Das sind natürlich nur die Extremen. Der Großteil der Sterne variiert aber trotzdem beträchtlich. Jetzt wissen wir, warum die Frage sich zwar selbst beantwortet, aber dies in einer nur ungenügenden Qualität.

In der Bildmitte ist der Wolf-Rayet-Stern WR 22 im Carinanebel zu sehen. Bildquelle: ESO, CC BY 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by/4.0, via Wikimedia Commons; https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/
3/3e/Carina_Nebula_around_the_Wolf%E2%80%93Rayet_star_WR_22.jpg

Sterne strahlen Licht aus, senden also elektromagnetische Strahlung aus. Wenn man durch sein Glasprisma Licht durchlässt, dann zerlegt das Prisma das Licht in die Farben des Regenbogens, in das Spektrum. Durch einen geometrisch-optischen Effekt werden die längeren Wellenlängen anders als kürzere im Prisma gebrochen. Diese Technik in verfeinerte und moderne Form setzt man ein, um das Sternenlicht spektraltechnisch zu analysieren. Bei einigen sehr bestimmten Wellenlängen wird das Licht stark absorbiert und man kann solche Absorptionen klar zu bestimmten Elementen zuordnen. So kann man Sterne kategorisieren. Masse, Radius, Temperatur, Leuchtkraft und Spektrum von bestimmten Sternengruppen gehen meist einher. Den verschiedenen Kategorien haben die Astronomen Großbuchstaben zugeordnet: O-B-A-F-G-K-M. Die Wolf-Rayet-Sterne, oder auch WR-Sterne abgekürzt, 3 Sterne des Sternbild Schwans konnten die französischen Astronomen Georges Antoine Pons Rayet und Charles Joseph Etienne Wolf jedoch zu keinem Sternentypen einordnen und teilten sie deswegen einer von ihnen neu erdachten Kategorie „W“ ein. W wie Wolf-Rayet.

Wolf und Rayet und bisschen Geschichte

Deren ersten Zusammenarbeit fand bei der fotografischen Beobachtung der totalen Mondfinsternis am 04. Oktober 1865 statt.

Georges Antoine Pons Rayet wurde am 12. Dezember 1839 in Gironde bei Bordeaux geboren und besuchte keine Schule innerhalb der ersten 14 Jahre. Seine Familie zog nach Paris und er wurde mit seinem zwanzigsten Lebensjahr in eine École Normale Supérieur eingeschrieben, schon 1862 erhielt er sein Physik-Diplom und arbeitete kurz darauf am Pariser Observatorium für den Wetterdienst. Zu dem Zeitpunkt war Urbain J. J. Leverrier Direktor des Observatoriums und geriet nach fast einem Jahr mit Rayet in einen Streit über eine Vorhersage eines Sturms und infolgedessen wurde ihm, Rayet, gekündigt. Später wurde er wiedereingestellt. Ab 1876 wurde Rayet Professor für Astronomie und Observatoriumsdirektor von Bordeaux. 1879 wurde er Direktor des Obseravtoriums in Floriac (bei Bordeaux), welches durch u.a. eine Personalunion mit der Sternwarte von Bordeaux zusammenhing. Rayet verstarb am 14. Juni 1906 in Bordeaux.

Charles Joseph Etienne Wolf wurde am 09. November 1827 geboren und ebenfalls die École Normale Supérieur ab 1848 und schloss sein Studium 1851 mit dem Physik-Diplom ab. 1856 promovierte er an der Universität Montpellier über das Thema der Kapillarität als Funktion der Temperatur. Nach dem widmete er sich der Spektroskopie so wie oben angedeutet. Leverrier bot ihm ebenfalls eine Anstellung an seinem Observatorium an. Er untersuchte spektroskopisch die Nova von T CrB (Sternbild: Corona Borealis, Nördliche Krone) vom 20. Mai 1866. Dann entdeckte Wolf und Rayet zusammen drei Sterne im Schwan mit der 8. Größenklasse mit dem „W“-Spektrum. Er stellte später mit seinen astrometrischen Arbeiten einen Sternenkatalog der Sterne aus den Pleiaden an. 1883 wurde Wolf Mitglied der Pariser Akademie der Wissenschaften und 1898 sogar noch Präsident von deren. Am 04. Juli 1918 verstarb auch Wolf in Saint Servan, Ille-et-Vilaine.

Das Wesen der Wolf-Rayet-Sterne

WR-Sterne sind wirklich Giganten, sie sind sehr leuchtstark und haben viel Masse und haben unglaubliche Temperaturen, sogar auf der Oberfläche. Sie existieren aber auch nur für maximal 4 Millionen Jahre, was im Vergleich zur Sonne, die schon deutlich über 4 Milliarden Jahre noch nicht einmal zur Hälfte existiert hat, sehr kurz ist. Charakteristisch für WR-Sterne sind etwa 20 Sonnenmassen (ca. 4 × 1031 kg) und darüber. Teilweise haben sie sogar Massen von über 100 Sonnenmassen. Ihre Radien sind im Vergleich zur Sonne dahingegen geringer: von zwischen drei und 25 Sonnenradien ist meist die Rede. Ihre Oberflächentemperaturen liegen wirklich in der Extreme: die Temperaturskala für WR-Sterne beginnt erst bei 30 000 Kelvin bei ihrer Oberfläche. Sie strahlen also sehr viel im UV-Bereich ab und im sichtbaren Bereich nur stark bläulich. WR-Sterne sind das Endstadium der Sterne, die in der Hauptreihe den Spektraltyp O innehatten.

WR-Sterne zeigen bis zu 100 Å (10 nm) Einschnitte von Spektrallinien, also Emissionen, nahezu schon fast ganze Bänder. Der Ursprung der Emissionslinien liegt bei hochionisiertem Sauerstoff, Stickstoff, Kohlenstoff, Neon usw. Planetarische Nebel haben ähnlich Muster. Das liegt daran, dass die Emissionslinien von seinen expandierenden Hüllen kommen, deshalb werden sie auch des Öfteren Hüllensterne genannt. Diese Hüllen werden von der harten UV-Strahlung, nein Bestrahlung, vom Kern ionisiert und dabei zum Leuchten (Rekombinationsleuchten, Leuchten das bei der Rekombination entsteht) angeregt. Bei den meisten WR-Sternen kann man die Hüllen nicht direkt sehen. Tatsächlich ist jedoch jeder zehnte Wolf-Rayet-Stern das Zentrum eines Planetarischen Nebels.

Die Hüllen der WR-Sterne expandieren mit wenigen Tausend Kilometern pro Sekunde nach außen, werden dabei aber nicht nur von dem Strahlungsdruck der hochenergetischen Photonen nach außen befördert, sondern auch der Sternenwind des WR-Sterns. Dabei habe ich gerade massiv untertrieben, denn eigentlich ist es ein regelrechter Teilchensturm, diese Korpuskularstrahlung von den WR-Sternen, denn durch Sternenwind verlieren sie eine Sonnenmasse pro Hunderttausend oder Zehntausend Jahre. Sie rotieren auch sehr schnell. Trotz ihrer 3 bis 25fachen Sonnenradien Größe können sie einmal in 20 Stunden ungefähr um sich selbst rotieren. An der Oberfläche beträgt die Rotationsgeschwindigkeit auch somit bis zu 300 km/s, was immerhin 0,1 Prozent der Lichtgeschwindigkeit ist. Unsere Sonne bewegt sich einmal in ca. 25 Tage um sich (am Äquator schneller als an den Polen) und schafft somit ca. 2 km/s was sogar der Erde mit ihrer Rotationsgeschwindigkeit ähnelt.

Ihr Spektrum kann sich in drei Unterklassen einteilen, je nachdem welches Element im Spektrum überwiegt: WC (für Kohlenstoff), WN (für Stickstoff), WO (für Sauerstoff). In welche Unterklasse ein WR-Stern eingeordnet wird, hängt von seiner Masse ab. WC-Typen zwischen ca. 25 und 60 Sonnenmassen schleudern erst im Stadium des Helium-Brennens ihre Hüllen ab. Dieses Stadium ist vergleichbar mit Roten Riesensternen, die erst deswegen Rote Riesen geworden sind, da ihre Kerntemperatur dafür passte das Helium-Brennen mit einem Helium-Blitz zu beginnen. WN-Sterne haben Massen über 60 Mal der der Sonne und blasen bereits beim Wasserstoffbrennen im Kern ihre Hülle ab. WO-Sterne gibt es nur sehr selten und verlässliche Daten gibt es kaum, aber ihre Emissionslinien weisen auf hochionisierten Sauerstoff (O IV) hin.

File:Wr137 spc.png
Das Spektrum des Wolf-Rayet-Sterns WR 137, ein Stern des Typs WC7. Wellenlängen in Ångstroem gemessen (1 Å = 0,1 nm). Bildquelle: Gypaete at French Wikipedia, Public domain, via Wikimedia Commons; https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/d/d6/Wr137_spc.png

Ihr kurzes Dasein endet in einer Supernova vom Typ Ib oder Ic, also ihr Wasserstoff ist aufgebraucht (im Falle der WR-Sterne vom Sternenwind einfach weggeblasen) und der Kern erzeugt nicht mehr genügend Energie und die Massen außerhalb vom Stern krachen in den Kern, dann gibt es eine Schockwelle, bei der sehr viel Sternenmaterie freigesetzt wird, der Kern wird bei den Supernovae, die vorher WR-Sterne waren, sehr wahrscheinlich immer zu stellaren Schwarzen Löchern.
Zuvor verlaufen massereiche WR-Sterne das Stadium der Hauptreihe als Spektraltyp O und wenn ihr Wasserstoff nach wenigen Millionen Jahren im Kern aufgebraucht wird, wandeln sich diese Sterne ins LBV-Stadium ein (das steht für Leuchtkräftigen Blauen Veränderlichen) und nach Masseverlusten zu WN, danach zu WC und anschließend eine Supernova vom Typ Ic.
Für weniger massereiche O-Sterne, also etwa unter 30 Sonnenmassen sieht der Weg etwas anders aus: Nach dem die „kleinen“ O-Sterne die Hauptreihe verlassen gehen sie in das LBV-Stadium über, werden anschließend Rote Überriesen und danach zu einem WN-Stern und folgend die Supernova vom Typ Ib. WR-Sterne sind damit die Sterne die auch die meisten supernovagefährdet sind.

Beispiele

Man dachte ursprünglich, dass WR-Sterne nur Komponente eines Mehrfachsternsystems sein können. Das ist jedoch nicht korrekt, denn es gibt auch viele WR-Sterne mittlerweile, die nachweislich keinen Partner haben (oder man noch keinen Partner entdeckt hat). Also schauen wir uns mal 4 Beispiele von bekannten WR-Sternen an.

γ Velorum

γ Velorum ist ein Stern erster Größenklasse (1,8 mag) und ist auch bekannt als Regor und Suhail al-Muhlif, liegt also im Sternbild Vela (Segel) und liegt für die mittleren Breiten hier in Mitteleuropa nur um knapp 10 Grad zu tief, sodass er von uns aus nicht gesehen werden kann. Suhail ist ein optischer Doppelstern, welche zwei Komponente spektrografische Doppelsterne (also „echte“) sind. γ Vel A oder γ2 Vel besteht aus einem 30 Sonnenmassen schweren O7,5III~V-Stern, also ein Blauer Riese, mit einer Leuchtkraft wie 280 Tausend Sonnen und sein Partner der WR-Stern ist ein WC8-Stern mit 9 Sonnenmassen und 170 Tausend Sonnenleuchtkräften, wobei das Spektrum vom WC8-Stern (γ Vel AB) überwiegt. γ Vel B ist ebenfalls ein spektrografischer Doppelstern, wobei die Hauptkomponente ein Blauer Riese (B2III) mit einem bisher noch nicht direkt bestätigten Partner ist. Wobei A 1 120 Lichtjahre weit weg liegt und B 920 Lichtjahre.

WR 124

Datei: M1-67 & WR124.png
Der Nebel M1-67 umgibt den Stern WR 124. Der Nebel liegt in der Größenordnung von 6 Lichtjahren im Durchmesser und besteht aus hochionisierter Sternenmaterie, Sternenwind und ehemaliger Hülle, hauptsächlich Wasserstoff. Eine H-Alpha-Aufnahme. Bildquelle: Judy Schmidt, CC0, via Wikimedia Commons; https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/c6/M1-67_%26_WR124.png

Der WR-Stern WR 124 ist umgeben von einem Planetarischen Nebel, der aus seinen expandierenden Hüllen und Sternenwind stammt, örtlich begrenzt haben sich größere Klumpen im Nebel gefunden und der Nebel ist den Ursachen des Entstehens nach ein Rekombinationsnebel, der angetrieben vom krassen Sternenwind und der harten UV-Strahlung. Seine Entfernung zur Erde ist ungewiss, Schätzungen und Messungen zeigen eine Entfernung von fast 11 000 bis 41 000 Lichtjahre. Aufgrund dessen ist seine Leuchtkraft ebenso ungewiss, hier reichen die Schätzungen von 150 000 Sonnenleuchtkräfte bis zu einer Million. Das hängt auch von der nicht genau bekannten Entfernung zusammen. Er ist schon 8,6 Millionen Jahre alt und etwa 15 % Wasserstoff ist noch in ihm, seine Oberflächentemperatur beträgt etwa 39 800 Kelvin. Er ist ein Einfachstern und einer der hellsten Sterne der Milchstraße.

V444 Cygni

Das Doppelsternsystem V444 Cygni wurde 1937 entdeckt und ab 1940 von Gaposchkin als Doppelstern wahrgenommen. V444 Cygni ist ein Bedeckungsveränderlicher Doppelstern und in dem System umkreisen sich ein O6II~V und ein WN5 in 4 Tagen 5 Stunden und sechs Minuten, wobei 24 Stunden lang in einem Umlauf der O6-Stern vom WR-Stern bedeckt wird und somit die Helligkeit vom O6-Stern fehlt und dieser Stern bedeckt die Wolf-Rayet-Komponente für etwa 12 Stunden damit in einem Zyklus nochmals die Helligkeit kurzzeitig abfällt. Das System befindet sich ungefähr 4 400 LJ von uns entfernt und hat eine Helligkeit von ca. 8,0 mag.

WR 93b

Der Stern WR 93 b ist ein sehr seltener Stern des WO-Typs und liegt im Sternbild des Skorpions, genauer: WO3. Der Stern ist etwa 8 700 LJ entfernt, wobei die Unsicherheit hier im Bereich von 7 400 bis 10 600 Lichtjahren liegt. Bisher wurden nur 4 WO-Sterne in der Milchstraße entdeckt und 5 in anderen Galaxien, was insgesamt 9 bekannte WO-Sterne ergibt. Er besitzt ungefähr 8 Sonnenmassen, aber hat nur einen Radius von gerade mal 44 % der Sonne (!), er hat eine Temperatur von 160 000 Kelvin (!!) und eine Leuchtkraft von ungefähr 118 000 Sonnenleuchtkräften. Sein Licht wird vom Interstellaren Medium und Gas- u. Staubwolken zu etwa 99,75 % geschluckt, der Stern erscheint also im sichtbaren Licht etwa 6,5 mag dunkler als er eigentlich wäre. Er wäre ein Gamma-Ray-Burst-Kandidat bei seiner drohenden und anbahnenden Supernova, die vermutlich in den nächsten Hunderttausenden von Jahren passieren wird.

R136a1 ist übrigens auch ein WR-Stern, er hat ein Spektrum von WN5h und besitzt 215 Sonnenmassen, was eigentlich viel zu viel für die gängigen Massenobergrenz-Theorien bei Sternen ist, aber scheinbar trotzdem möglich ist. Er verliert durch den Sternenwind in etwa 5 000 bis 6 000 Jahren eine Sonnenmasse, was sehr extrem ist. Seit beginn soll er so schon 36 Sonnenmassen durch den Sternwind abgegeben haben.

Ihr Verbleib

Bis heute wurden schon über 300 WR-Sterne entdeckt und man schätzt, dass es insgesamt um die 2000 von ihnen in der Milchstraße verteilt sind, also sind Wolf-Rayet-Sterne sehr selten, da allein die Milchstraße schon mindestens 300 Milliarden Sterne beherbergt. Man hat also dennoch schon viele von ihnen vermutlich gefunden. Das liegt u.a. daran, dass WR-Sterne auch sehr hell sind, fast wie Leuchttürme in einem Ozean voller Sterne.

Quellen:

Schaut auch mal in das Video von Yggis Komos herein: https://www.youtube.com/watch?v=AIdE9ThtQhc

Die Geschichte der Astronomie, Teil 32

Hallo liebe Leser von GSA, ich stecke gerade in häuslicher Quarantäne und werde deswegen (versuchen) in nächster Zeit wieder aktiv für GSA zu schreiben. Heute geht es um zwei „kleinere“ Themen der Astronomie der ersten Jahrhunderthälfte des siebzehnten Jahrhunderts. Viel Spaß!

Christoph Scheiner und seine Sonnenflecken

„Christoph“ Christophorus Scheiner wurde am 25. Juli im Jahre 1573 oder 1575 (welches Jahr davon korrekt ist, ist vermutlich verloren gegangen). Er war als Astronom, Physiker, Optiker, Erfinder und Berater ein vielseitig beschäftigter Mensch und war u.a. als Professor in Ingolstadt und Rom tätig. Er gilt als Mitentdecker der Sonnenflecken.

Er besuchte das Jesuitengymnasium ab Mai 1591 bis zum 26.10.1595 in Augsburg und schloss erfolgreich ab. Er machte direkt danach ein Noviziat in Landsberg am Lech, 2 Jahre später genau legte er sein erstes Gelübde ab und studierte ab 1598 an der Universität in Ingolstadt. Allerdings zog er 1601 nach Dillingen um am Ordenskolleg dort vier Jahre lang als Lehrer zu wirken. Noch im selben Jahr, 1605, er hielt er in Dillingen den Titel des Magister artium (Magister der sieben freien Künste, Mathematik eingeschlossen) und wurde kurz später an den Hof von Wilhelm V. nach München geholt, um sein zwei Jahre zuvor erfundenes Schreibinstruments erklären zu lassen. Im Herbst studierte er weiter in Ingolstadt und wurde 1609 Doktor der Theologie und im Frühling wurde er innerhalb eines Monats zweimal kirchlich „befördert“.

4 größere Sonnenflecken auf der Sonnenscheibe. Beobachtet im Jahr 2000 im Observatorium Großhadern bei München. Bildquelle: Hans Bernhard (Schnobby), CC BY-SA 3.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons; https://upload.wikimedia.org/wikipedia/
commons/8/8d/Sunspots.JPG

Am 15. Oktober 1610 bekam er den Lehrstuhl für Mathematik an der Universität Ingolstadt. Er baute sich drei Jahre später ein Teleskop und nutzte fortan den Turm der Heilig-Kreuz-Kirche in Ingolstadt als Sternwarte. Er interessierte sich hauptsächlich für die Sonne. Er beobachtete mit dem bloßen Auge, aber nur bei Nebel und mit farbigen Gläsern als Filter. Jedoch entwickelte er in der folgenden Zeit verschiedene Helioskope und Projektionsflächen, damit nicht direkt in die Sonne geschaut werden muss. Er als Optiker hat einige Ideen zur Verbesserung der Sonnenobservation gebracht, wie z.B. die Scheiner-Fokus-Scheibe und Christoph Grienberger hat für Scheiner die parallaktische Montierung erfunden, sodass Teleskope nun leichter stehen können.

Scheiner beobachtete also am Vormittag des 21. März 1611 erstmals diese Flecken auf der Sonne sehen und später im Oktober mit seinem Schüler Cysat. Scheiner bemerkte, dass die Flecken nahe dem Sonnenäquator schneller rotieren als in höheren Sonnenbreiten. Zuerst dachte er daran, dass die Flecken nicht zur Sonne gehören, da er der Überzeugung war, dass die Sonne ein „Reinkörper“ war. Er erkannte schnell, dass dem nicht so war. Seine Ordensbrüder rieten zur Vorsicht, denn dass die Sonne keine „Verunreinigung“ haben könne, liege an Aristoteles‘ Ideen und Ansichten und dessen Weiterreichung bis in die frühe Neuzeit. Außerdem würde es wohl ähnliche Anschauungen geben wie zu Kopernikus, Galilei und Kepler. Der Ratsherr Markus Welser führte mit Scheiner einen knappen Schriftwechsel über dieses Phänomen und veröffentlichte seine Briefe am 5. Januar 1612. Welser ließ Galilei und Kepler je ein Exemplar zukommen und Galilei antwortete Anfang Mai bereits ausführlich darüber und berichtet, dass er diese Sonnenflecken bereits auch beobachtete. Galilei hielt sie eher für „Wolken“ und Scheiner aber für Monde.

Scheiner stellte fest, dass die kristallinen Sphären, die Ptolemäus benutzte, um die Himmelsmechanik zu erklären, zu kompliziert und zu unwahrscheinlich waren und nun sich Gedanken über die Weltbilder machte. Er erhielt für seine Schrift über die drei diskutierten Weltbilder (Geozentrisch, tychonisch und heliozentrisch) eine Mahnung Dezember 1614 und publizierte ab da an erstmal nur unkritischere Forschungen, wie z.B. die optischen Effekte des Sonnenauf- und untergangs. Mit einem seiner Schüler publizierte er ein umfassendes Werk zu Sonnenuhren im Jahre 1617.

Scheiner und Galilei geraten später in Konflikt und Scheiner soll zu Ungunsten Galilei beim Prozess über seinem Dialog gewirkt haben, was sich aber nicht beweisen lässt.

Frühe Beobachtungen der Venustransite

Ein Venustransit ist, wenn sich die Venus genau so zwischen die Sonne und die Erde schiebt, sodass sich für uns Beobachtende auf der Erde die Venus einen kleinen Punkt auf der Sonne verdeckt. Auch der Merkur macht Transite, da beide Planeten Merkur und die Venus näher der Sonne sind als die Erde zu ihr.

Die Menschen beobachteten die Transite schon seit den Urzeiten. In diesem Fall jedoch stellte sich der Mond vor die Sonne und verdunkelte sie komplett. Galileo Galilei und andere Astronomen seiner Zeit berechneten anhand der Beobachtungen der Bewegungen der galileïschen Jupitermonde die allgemeinen Planeten- und Mondbewegungen, um auch bessere Vorhersagen machen zu können, wie die Stellung der galileïschen Jupitermonde in z.B. 4 Wochen und 3 Tagen stehen. Johannes Kepler bemerkte bei seinen Rudolfinischen Tafeln, dass die Venus sich vor die Sonne schieben könnte. Daraus leitete er sich ab, dass man bei einem Venustransit feststellen konnte, wie weit die Sonne wirklich entfernt war, denn zu dieser Zeit waren noch alle Berechnungen und Schätzungen zu gering. Seine Methode beinhaltete zwei Beobachter, die zur gleichen Zeit zu zweit von zwei weit entfernten Punkten auf der Erde den Venustransit durch Parallaxe und Länge des Transits, bzw. die Geschwindigkeit der Venus während des Venustransits berechnen.

Der persische Gelehrte und Astronom soll 1032 einen Venustransit beobachtet haben (ohne Fernrohr, natürlich). Kepler sagte mithilfe seiner Tafeln voraus, dass es 1631 einen Venustransit gibt und 1639 nur ganz knapp ein Venustransit verpasst wird. Der freie englische Astronom Jeremiah Horrocks, zu dem wir dann im nächsten Teil kommen, berechnete mithilfe verbesserter Berechnungen, dass der Beinahe-Venustransit für 1639 doch ein voller Venustransit werden sollte. Er bestimmte das Datum des Venustransits für den 04. Dezember 1639 und konnte ihn dann auch beobachten und aufzeichnen. Horrocks berechnete aus seinen Beobachtungen heraus, dass die Sonne etwa 96 Millionen Kilometer von der Erde entfernt sein soll, was immerhin schon etwas mehr als das 12fache der antiken Gelehrten Ptolemäus und Aristarchos ist, aber dennoch 35 % unter dem heutigen äußerst genauen Wert von den durchschnittlichen 149 597 870 700 Meter lag.

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Eine Aufnahme des Venustransits (Die Venus ist hier eine schwarze Scheibe) vom 06. Juni 2012 gegen 04:14 UTC. Bildquelle: Ralf Hofner, CC BY-SA 3.0 https://creativecommons.org/licenses/
by-sa/3.0, via Wikimedia Commons; https://upload.wikimedia.org/wikipedia/
commons/0/0a/VT_Jessnigk_2012.GIF

130 Jahre später segelte James Cook im Rahmen eine großangelegten weltweiten Kampagne nach Tahiti, um die Entfernung Erde – Sonne mit vielen anderen Astronomen auf der Erde genauer zu bestimmen, was ihm auch gelang (konnte aber keine Angabe zur Schätzung der Sonnenentfernung bei diesem Experiment finden). Juni 2004 und Juni 2012 gab es jeweils einen Venustransit, welcher weltweit von Millionen von Menschen beobachtet werden. Der nächste Venustransit gibt es erst wieder 2117, was leider nicht viele heutige Menschen wahrscheinlich mitverfolgen können. Sie gibt es nur so selten, nämlich vier Stück in 234 Jahre, weil die Inklination der Venusbahn mit 3,394 7° gegenüber der Ekliptik relativ hoch ist.

Quellen:

Die Raumsonde OSIRIS-REx begreift den Asteroiden Bennu

Heute früh, am 21.10.2020 kurz nach Mitternacht schon, gegen 00:12 MESZ hat die Raumsonde OSIRIS-REx der gleichnamigen 7-jährigen Mission der NASA (Kooperation mit der JAXA wegen ähnlichem Raumfahrtprogramm mit der Hayabusa-2-Mission), gestartet am 09. September 2016 mit einer Atlas V 411, vermutlich 60 Gramm Gestein und 26 cm³ feine Körper von der Oberfläche von Bennu (101955) eingesammelt. Dazu war sie dem Asteroid bis auf wenige Meter nahekommen. Der Greifarm des OSIRIS-REx (TAGSAM = Touch-And-Go Sample Acquisition Mechanism) wird die Aufnahme des Gesteins durchführen.

File:OSIRIS-REx Artist’s conception.png
Künstlerische Darstellung, Computergrafik von OSIRIS-REx. Bildquelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/c0/OSIRIS-REx_Artist%E2%80%99s_conception.png; NASA/GSFC, Public domain, via Wikimedia Commons
Eine Bildserie des Asteroiden Bennus, aufgenommen am 03. Dezember 2018 von der OSIRIS-REx-Raumsonde aus einer ENtfernung von ca. 80 km. Von dort aus sah die Raumsonde den Bennu als Fläche von nur ca. 2/3 der Vollmondgröße. Bildquelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/
commons/9/9a/Asteroid-Bennu-OSIRIS-RExArrival-GifAnimation-20181203.gif
; NASA/Goddard/University of Arizona, Public domain, via Wikimedia Commons

Bennu ist ein kohlenstoffhaltiger, relativ dunkler Asteroid hat einen Durchmesser von 494 Meter und er könnte mit einer geringen Wahrscheinlichkeit von 0,037 Prozent nach dem Jahre 2135 im 22. Jahrhundert mit der Erde kollidieren. Seine Oberfläche und seine Gestalt gleichen zweier Kegel, die mit ihren Kreisflächen zusammengesteckt wurden. Auf seiner Oberfläche sind lauter Steine, die anscheinend nur auf dem Asteroiden draufliegen. Das zeigt sich in den Bildern.

NASA’s Goddard Space Flight Center, Public domain, via Wikimedia Commons

Bevor OSIRIS-REx Anfang Dezember 2018 bei Bennu ankam, dachte man aufgrund der bisherigen Datenlage, dass die Oberfläche Bennus sandig und relativ “glatt” sei. Als das Gegenteil der Fall war, war klar, dass das OSIRIS-REx-Team improvisieren muss. Das Problem: der “Material-Abgreif-Platz” namens “Nightingale” (deutsch: NAchtigall), der ausgewählt wurde, hat nur 16 Meter im Durchmesser, was viel kleiner als gedacht ist und die Region außen herum beherbergt viele große Felsen. Aus diesem Grund ist die Koordination wichtig. Nein, noch besser, die OSIRIS-REx-Raumsonde muss sich selbst kontrollieren, denn in ca. 334 Mio. km, wie die Small-Body Database der NASA zeigt, kommen Signale von der Sonde erst nach knapp 1 114,77 Sekunden, das sind 18 Minuten und fast 35 Sekunden, an und ein Signal zurück braucht genauso lange.

File:OSIRIS-REx Checkpoint Rehearsal.gif
Der erste Annäherungstest am 14. April 2020, OSIRIS-REx kam hier bis auf 65 Meter etwa runter, bevor sie ihr Triebwerk zündete und den test beendete. Die Technik, welche im GIF sichtbar ist, ist der TAGSAM-Sammelarm. Bildquelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/
commons/9/99/OSIRIS-REx_Checkpoint_Rehearsal.gif; NASA/Goddard/University of Arizona, Public domain, via Wikimedia Commons

Die Methode des Abgreifens von den 60 Gramm Material von Bennu verlief etwa wie folgt: OSIRIS-REx näherte sich zunächst dem Asteroiden in einer elliptischen Bahn für einige Stunden an und ging dann auf 125 Meter herunter und ab da startete OSIRIS-REx den elliptischen Orbit zu verlassen und wie ein Raubvogel auf ihre Beute zu stürzen. Wenige Minuten später passte die Raumsonde noch ihre Flugbahn nach unten der Rotation des Asteroiden an und näherte sich auf bis 5 Meter an, der Punkt, an dem die Sonde selbst entscheidet, sich selbst in Sicherheit zu bringen, falls das Risiko um ihre Sicherheit zu groß würde. Als sie diesen Punkt erreicht hat, erreichte sie für Sekunden mit ihrem Greifarm (TAGSAM) die Oberfläche, den die Sonde bereits um 19:50 MESZ am Vortag (20.10.2020) ausgefahren hatte. Dann ließ sie Stickstoff aus ihrer Patrone ausstoßen, damit Staub und kleine Steine aufgewirbelt werden und so Material von dem Ort der Probe entnommen. Danach zündete sie ihre Triebwerke und kehrte nach einigen Minuten in einen Orbit um Bennu zurück.

Ob tatsächlich Material gesammelt wurde und auch genügend, ist gar nicht so leicht und schnell festzustellen. Alle anderen Events sind aber wie gewollt eingetroffen und das Team war damit erstmal glücklich. Die nächsten Tage soll per Zentripetalkraft – sprich die Sonde wird dafür einen Moment um sich selbst rotieren – rechnerisch ermittelt werden, wieviel Gestein und Material eingesammelt wurde, denn je mehr gesammelt wurde, mit desto mehr Kraft wird das gesammelte Gestein von der Sonde “weggedrückt” werden. Eine erste Bestätigung des erhofften Erfolgs soll bereits heute per Video der Aktion kommen. Ob das Material Einsammeln ein Erfolg war, wird am 30.10 entschieden.

Eine Übersicht der 4 finalen Einsammel-Regionen, welche alle hier als ca. 30×35 m dargestellt werden. Jeder der vier Ausschnitte macht ca. 0,7 – 0,75 % der Bennu-Oberfläche aus. Bildquelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/e5/OSIRIS-REx_candidate_sample_sites_on_Bennu.png; NASA/Goddard/University of Arizona, Public domain, via Wikimedia Commons

Am 12.01.2021 würde ein neuer Versuch stattfinden um mehr Material zu sammeln, falls OSIRIS-REx noch nicht genug Material gesammelt hat. Fall dem so wäre, würden sie es mit der Region “Osprey” versuchen, diese liegt in einem Krater nahe dem Bennu-Äquator. Am 3. März wird OSIRIS-REx dann den Asteroiden verlassen und am 24. September im Jahr 2023 wird eine Rückkehrkapsel zusammen mit der Probe sehr nahe der Erde gestartet werden und am selben Tag noch in der Wüste von Utah landen. Danach wird OSIRIS-REx in einem Sonnenorbit verbleiben.

File:OSIRIS-REx-diagram without labels.png
Schematischer Aufbau der OSIRIS-REx.
A: Rückkehrkapsel; B: TAGSAM; C: Sondenkörper; D: Solarmodule; E: Parabolantenne; f: Triebwerke; g: Sternsensoren; h: Antenne; j: Antenne; k: Heliumtank; 1: Lidar; 2: OLA; 3: OCAMS; 4: OTES; 5: OVIRS.

OSIRIS-REx ist ein Akronym für: Origins, Spectral Interpretation, Resource Identification, Security, Regolith Explorer.

Bildquelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/9/9b/OSIRIS-REx-diagram_without_labels.png; NASA, Public domain, via Wikimedia Commons

OSIRIS-REx hat eine Leermasse von 880 kg, inklusive Treibstoff 2 110 kg, sie besteht auch noch aus zwei Solarpanele, die in der x- und y-Achse geneigt werden können, welche bis zu 3 Kilowatt im Maximum liefern. Die Raumsonde hat auch noch einige Kameras und Spektrometer, welche u.a. im Infrarot- und Ultraviolettbereich, sowie Röntgenbereich Bennu und seine Bestandteile im Spektrum zerlegen. Man erhofft sich von der Erforschung von Bennu weiteres Wissen um die Planetenentstehung vor 4,567 Mrd. Jahren, da Bennu original aus dieser Frühzeit stammt.

Ich für meinen Teil bleibe bei dem Thema weiter dran und freut euch auf wieder mehr in den nächsten Tagen. 🙂

Quellen:

Mizar und Alkor

Vierfachsternsystem oder Sechsfachsternsystem

Wahrscheinlich habt ihr schon alle beim Großen Wagen, der selbst nur ein Asterismus im Sternbild des Großen Bärs ist, beim zweiten Stern vom Anfang des Schwanzes ausgehend einen Begleiter in unmittelbarer Umgebung gesehen. Der lichtschwächere Stern Alkor ist tatsächlich etwa 2 Größenklassen dunkler als der größere Stern Mizar. Mizar bildet ein Doppeldoppelsternsystem, also zwei Sternpaare umkreisen sich, jedoch ist Alkor nochmals ein Doppelstern.

*wobei einige ältere Quellen zwischen 0,5 und 1,5 Lichtjahren vermuten und neuere Quellen zwischen 0,17 und 0,55 LJ und die meisten aktuellen und guten Daten um 0,28 LJ liegen.

Die bläulich markierten Felder sind Schätzungen mit Fehlerquoten der Schätzungen von mir, auf Basis von ähnlichen Sternen. Die grünliche Schrift sind eigene Berechnungen aus den anderen gegebenen Daten. Die tatsächliche Datenlage scheint zwar noch ein wenig inkomplett zu sein, zumindest sind die Angaben stimmig.

Mizar

Mizar ist streng genommen laut der WGSN (Working Group on Star Names) der IAU (International Astronomical Union) nur der Name für den visuellen Doppelsternpaar Mizar A. Das zahlenstarke Sternenpaar liegt nur ungefähr 83 bis 86 Lichtjahre weit weg, ermittelt aus seiner Parallaxe von ungefähr 38 Millibogensekunden, also wenn die Erde im Januar zu Juli zweimal die Distanz zur Sonne bei beiden Ständen entfernt ist, „bewegt“ sich Mizar scheinbar circa 38 Millibogensekunden von seiner jeweils anderen Position am Himmel und dadurch leitet sich seine Entfernung ab, wobei die englische Wikipedia von 39,4 Millibogensekunden spricht. Mizar hat eine Helligkeit von 2,05 mag, davon bei Mizar A eine Helligkeit von 2,23 mag und Mizar B eine von 3,88 mag.

Was gibt es noch über Mizar zu sagen? Mizar A hat ein Spektrum von A1Vp und Mizar B ein Spektrum von Am. Das Doppelsternpaar Mizar A ist also im oberen Bereich des A-Typs, wobei noch zwei Klassen über dem A-Typ stehen. Das V bei A1Vp zeigt an, dass es sich um ein Hauptreihenstern handelt, also dass der Stern im ersten Stadium seines Lebens steht und das p nach dem V steht für „chemisch pekuliär“ (d.h. chemisch verschieden). Mizar B hat ein Spektrum von Am und ist somit ein „Am-Stern“ und ebenfalls chemisch pekuliär. Am-Sterne haben eine Klassifikation von meist um die A8V. Mit dem A-Typ als Spektralklasse von Mizar A, was vermutlich nur auf Mizar Aa zutrifft, ist eine Masse von ca. 3 bis 3,5 Sonnenmassen üblich. Die Studie Stellar Astrophysics With A Dispersed Fourier Transform Spectrograph. Ii. Orbits Of Double-Lined Spectroscopic Binaries aus November 1998 von Hummel et al. spricht von einer Maße des Gesamtsystems Mizar A von ca. 4,4 bis 4,5 Sonnenmassen, wobei auf Aa 2,22 Sonnenmassen und auf Ab 2,24 Sonnenmassen fallen, womit beide Systemmitglieder des Mizar-A-Systems ähnlich schwer wären. Sie teilen sich auch andere Eigenschaften. Sie besitzen etwa eine effektive Oberflächentemperatur von ca. 9000 K und einen Radius von 2,4 Sonnenradien, das wären ca. 1,7 Millionen Kilometer. Die Leuchtkraft wird auf 30 bis 45 Sonnenleuchtkräfte geschätzt. Aa und Ab sind maximal nur 9,83 Millibogensekunden oder 54 Millionen Kilometer entfernt. Die beiden brauchen ca. 20,5 Tage, um sich gegenseitig auf einer hochelliptischen zu umkreisen.

Jetzt haben wir schon über Mizar A viel geredet, aber noch nicht so viel über Mizar B. Also nun über Mizar B. Mizar B beschriebt einen Orbit zusammen mit Mizar A, denn sie sind ja zwei Doppelsternpaare. Er kann im Teleskop scharf von Mizar A getrennt werden, denn sie haben einen Abstand von 14,4 Bogensekunden am Nachthimmel. Was nur nach so wenig aussieht, täuscht, denn: Mizar A und B umkreisen sich in einem Abstand von etwa 380 AE! Licht selbst braucht für 380 AE im Vakuum mehr als zwei Tage, deshalb ist auch die Rede analog zum Lichtjahr von „Lichttag“. Selbst die Voyager-1-Raumsonde müsste dafür noch ca. anderthalbmal so weit fliegen. Mizar Ba hat eine Masse von ungefähr 1,8 Sonnenmassen und ist der besagte Am-Stern, denn die noch spezifischere Spektralklasse von kA1hA2mA7IV-V besagt, dass die Kalzium-Linien (k) auf dem Niveau eines A1-Sterns sind, während Wasserstoff „h“ auf dem Niveau von A2 liegt und sonstige Metall-Linien „m“ auf A7. Das IV-V besagt, dass Ba sich zwischen der Hauptsternenreihe und der Unterriesen. Unterriesen bilden den Übergang zwischen der Hauptsternenreihe und den Roten Riesen. Das interpretiere ich mal so, als ob Mizar Ba nicht mehr lange braucht, bis er ein Roter Riese werden wird. Vielleicht sind es noch 5 Millionen Jahre, oder auch noch 50 Millionen. Ba hat eine Effektive Oberflächentemperatur von ungefähr 8 425 Kelvin, was etwa einem hellen Blau entspricht.

Über Bb weiß man fast gar nichts, das Licht von Ba überstrahlt jenes von Bb. Dennoch brauchen sie fast ein halbes Jahr, da sie 29,849 mas, also knapp 30 Millibogensekunden oder eine halbe Bogensekunde auseinanderstehen. Bb soll eine Masse von 0,25 bis 0,65 Sonnenmassen besitzen und wäre damit ein Roter Zwerg.

Unten links ist Mizar A und B zu sehen, oben rechts Alkor und über Mizar der Stern Sidus Ludoviciana, zu dem unten mehr. Bildquelle: https://www.flickr.com/photos/36519414@N00/2810025353/; Thomas Bresson / CC BY (https://creativecommons.org/licenses/by/2.0)

Alkor

Alkor ist der schwächere optische „Begleiter“ von Mizar und ist schon mit dem bloßen Auge von Mizar zu trennen. Er ist ebenfalls ein Doppelsternsystem, welches aus Alkor A und Alkor B besteht. Alkor A ist ein Stern der Spektralklasse A5Vn. Das n hinten dran bedeutet, dass die Spektrallinien des Sterns diffus sind. So hat Alkor A eine Masse von ungefähr 1,84 Sonnenmassen, eine Leuchtkraft von etwa 13 bis 14 Sonnenleuchtkräften mit einer Effektiven Oberflächentemperatur von 8 030 Kelvin. Das Sternsystem von Alkor liegt etwa 81,7 Lichtjahre weit weg und die Entfernung konnte auf 0,266 Lichtjahren genau bestimmt werden. Also ein Stern ähnlich Mizar Ba, ohne besondere Spektrallinien. Alkor hat eine Helligkeit von 4,01 mag, sein Begleiter Alkor B eine Helligkeit von 8,8.

Alkor B ist fast noch interessanter, Alkor B ist ein Roter Zwerg der Spektralklasse von M3 und wurde tatsächlich erst 2009 entdeckt und 2010 veröffentlicht, da dieser Rote Zwerg nur eine Magnitude von 8,8 hat und sogar noch eng an Alkor A gebunden ist. Ursprünglich ging von Alkor eine Röntgenstrahlung von ungefähr 2 × 1021 Joule abging, was eigentlich kaum sein kann, da A-Sterne in der Regel keine Röntgenstrahlung abstrahlen dürften. Alkor B dürfte etwa ein Viertel der Masse der Sonne aufweisen.

Mögliche Verbindung zwischen Mizar und Alkor

Mizar und Alkor gehören zu der Ursa-Major-Sternenassoziation, es ist eine Bewegungsgruppe von Sternen im Großen Bär, in der unter anderem die Sterne des Großen Wagens außer Alkaid und Dubhe dazugehören, aber auch andere Prominente Sterne wie Adhafera im Sternbild des Löwen und Kapella, der Hauptstern in Auriga. Äußerst viele Sterne dürften sich aufgrund der Menge der Ablagerungen schwerere Elemente nach Helium vor ungefähr 300 Millionen Jahren gebildet haben. Die Sterne der Gruppe haben Entfernungen von ca. 75 bis 85 Lichtjahre und sind damit die nahestehendste Sternbewegungsassoziation. Der „Bewegungshaufen“ bewegt sich durchschnittlich mit 14 km/s in Richtung Sternbild Schütze (von den Himmelskoordinaten her) und relativ zur Sonne etwa 29 km/s. Der Strom war einmal ein Offener Sternhaufen, ist aber in den letzten 50 Millionen Jahren auseinandergedriftet. Also ein sehr offener Offener Sternhaufen, he he.

Der Asterismus “Großer Wagen” im Sternbild Großer Bär, Ursa Majoris, Bild aus SpaceEngine. Der Zweite von links ist Mizar mit dem “Reitersternlein” Alkor.

Da Mizar und Alkor nicht nur in einer Bewegungsassoziation sind, sondern auch sehr nah zueinander, der Abstand handelt sich um 0,36 ± 0,19 Lichtjahre, die Unsicherheit dahinter ist groß, weil die genaue Entfernung nicht bekannt ist, da die Unsicherheit hierüber auch ein paar Lichtjahre betrifft, wird darüber nachgedacht, ob Alkor und Mizar möglicherweise gravitativ gekoppelt sind, ähnlich wie Alpha Centauri und Proxima. Die Sachlage ist dahingehend ungewiss, es gibt einige Hinweise, jedoch ist man sich an dem Punkt nicht sicher, ob sie tatsächlich was zu tun haben, auch wäre die gemeinsame Umlaufgeschwindigkeit sehr winzig, um entdeckt zu werden. Meine eigene Meinung ist, dass nur einigermaßen wahrscheinlich ist, dass sie gravitativ gebunden sind, da die beiden Sterne keine zu ähnliche eigene Bewegung haben, wie oben in der Tabelle gezeigt.

Der andere Stern

Im Mizar–Alkor-Gespann gibt es allerdings noch einen weiteren Stern. Er heißt inoffiziell „Sidus Ludoviciana“, was in Latein so viel heißt, wie „Ludolfs Stern“, welcher der Landgraf Louis VIII. von Hessen-Darmstadt war und vom deutschen Astronom Johann Georg Liebknecht am 02. Dezember 1722 „wieder“entdeckt und so benannt wurde, denn zuvor hatte Benedetto Castelli im Jahr 1616 einen Stern auf derselben Position beobachtet. Sidus Ludoviciana hat eine Helligkeit von 7,58 mag und ist ein Roter Riese (aber in weißblau) mit dem Spektrum A8III.

Tatsächlich ist dieser Stern kein Stern der Bewegungsassoziation und gar nicht mal in der Nähe, sondern einige Male weiter weg als Mizar und Alkor zu uns. Die genaue Entfernung beträgt laut der SIMBAD ziemlich genau 300 Lichtjahre (300,4 ± 0,8 LJ)

Quellen: