Astronomischer Jahresrückblick 2020

2020 war vermutlich kein schönes Jahr für viele auf der Welt. Die Corona-Pandemie hat die Welt sehr verändert. Dadurch, dass man unbedingt Kranke und Tote verhindern wollte – was nur menschlich sein sollte – konnte man allerdings die Wirtschaft nicht mehr stabil halten. Einige Branchen haben deswegen gelitten. GSA hat die Geschehnisse der Coronapandemie nur sehr nebensächlich behandelt und wollte ein Ort sein, an dem das Thema zwar vielleicht behandelt wird, allerdings nicht unser Hauptthema ist und es auch nicht sein würde. Auch wenn das Jahr in manchen Bereichen eher ein Reinfall war, gab es in der Astronomie, Astrophysik und Raumfahrt einige Höhepunkte, die ich gerne im Folgendem präsentieren mag.

Das präzise Bild der Granulen der Sonne (29. Januar)

Die unregelmäßige Blasen auf der Photosphäre der Sonne.

Gleich noch Ende Januar erreichte uns das bislang hochauflösendste Bild der Sonne, in dem man die Granulen der Sonne gut erkennen kann. Die Granulen sind wie Blasen, die als wärmere Region der Sonne in einer weniger warme Region aufsteigt und dieses einzigartigste Muster bildet. Zwischendrin kann man helle Punkte sehen, welche wahrscheinlich Ausbrüche der Sonne in kleineren Protuberanzen sein könnten. Diese kleinen hellen Flecke leiten vermutlich Energie in die Corona der Sonne, welche so sehr heißer macht, als die Oberfläche der Sonne. Das Bild ist aus dem Daniel K. Inouye Sonnenteleskop entstanden.

Das Coronavirus (Ab Ende Januar)

Ein Computermodell des SARS-COv-2-Virus, welches gerade für die Pandemie verantwortlich ist.

Das Coronavirus, genauer gesagt das SARS-COv-2 erzeugte ab Ende Januar eine dauerhafte Medienpräsenz infolge der währenden Pandemie und Tote. Die kurbelte die wissenschaftliche Untersuchung des Viruses, sowie die Entwicklung mehrerer Impfstoffe enorm an. Das prägte das ganze Jahr 2020 und hinterließ interessante Auswirkungen und Stärkungen auf die gesamte Welt der Wissenschaft, auch wenn sich die Arbeit durch u.a. Home-Office stark veränderte.

Die benannte Raumfahrtmission von SpaceX (30. Mai – 01. August; 16. November)

Das Raumschiff Crew Dragon nur wenige Minuten vor dem Andockmoment an die ISS, gesehen von der ISS aus.

Mit diesen zwei Malen starteten gleich zwei bemannte amerikanische Raumfahrtmission erfolgreich zur ISS. SpaceX sollte mit ihrer Crew Dragon und der Falcon-9-Rakete Astronauten der NASA, und in der letzten Mission auch ein Astronaut der japanischen Raumfahrtorganisation JAXA mit in der Crew Dragon zur ISS entsandte. Für SpaceX einen Erfolg, weil es auch gleichzeitig die ersten zwei bemannten Missionen für sie überhaupt waren und für die Vereinigten Staaten ein gutes Gefühl, denn nachdem das Space-Shuttle-Programm unter anderem aufgrund von sehr hohen Startkosten 2011 eingestellt worden war und sie bisher immer von den russischen Raumschiffen und Trägerraketen abhängig waren.

Der Röntgenhimmel von eROSITA (19. Juni)

Der Röntgenhimmel gesehen von der Raumsonde eROSITA, rötliche Stellen markieren Röntgenquelle niederenergetischerer Natur als die bläulichen Stellen auf dem Bild.

Das deutsch-russische Weltraumteleskop eROSITA hat zum ersten Mal den Röntgenhimmel abgelichtet und das mit einer Präzision von 10 Bogensekunden, allerdings ist das Weltraumteleskop auch eher kleiner in den Größenverhältnissen. Die erste Ablichtung des kompletten Himmels war etwa in der Jahresmitte von 2020 fertig. Dafür wurde eROSITA immer gedreht und jeder Winkel des Himmels wurde durchschnittlich für 3 Minuten belichtet. Die erfassten Wellenlängen belaufen sich von 4,13 nm bis 0,54 nm, wobei das sichtbare Spektrum von etwa 380 nm bis 850 nm reicht. Diese niedrigen Wellenlängen korrespondieren mit hohen Energien und somit kann man die Wechselwirkungspartner hochenergetischer Ereignisse beobachten. Die gesammelten Daten werden den Wissenschaftler über Jahre beschäftigen.

Der Komet NEOWISE (Juli)

Der Kometenschweif des Kometen NEOWISE.

Am 27. März 2020 wurde der Komet NEOWISE mit dem Weltraumteleskop WISE entdeckt. WISE, Wide-Field Infrared Survey Explorer in Langform, ist ein Weltraumteleskop der NASA, welches in vier Wellenlängenbänder im Infrarotbereich aktiv sucht. NEOWISE, da der zweite Missionsteil des WISE so hieß, welches Ende 2013 beginn, nachdem es nach einer inaktiven Zeit wegen der fehlenden Finanzierung reaktiviert wurde.

Der Komet war den ganzen Juli über zu sehen, durch die meist niedrige Höhe über dem Horizont jedoch eher schwieriger zu sehen. Seine Helligkeit stieg auf etwa bis zu der dritten Größenordnung, wenn der Komet jedoch in der Nähe des Horizonts war und Dunst aufstieg, reduzierte dies stark seine Helligkeit. Von diesem Event konnten viele Bilder gemacht werden.

Der Start des Perseverance-Marsrovers der NASA (30. Juli)

Eine künstlerische COmputerdarstellung von Perseverance, wie er auf dem Mars mit den sechs Rädern stehen könnte. Ob dies auch tatsächlich so eintreffen kann, werden wir frühestens am 18. Februar wissen – denn dann landet der Marsrover im Jezero-Krater, dort gibt es zum Beispiel auch eine Oberflächenstruktur, die zu sehr an einem ausgetrockneten Bach- oder Flussverlauf erinnert.

Der Perseverance-Marsrover (zu Deutsch: Ausdauer) ist der neuste Rover der NASA für den Mars in ihren langen Reihen der Erkundung des Marses mit den Rovern. Perseverance ist Teil der Mars-2020-Mission der NASA, die zum Ziel hat, das Klima und Wetter des Marses und unter anderem bewohnbare Bedingungen in der fernen Vergangenheit des Mars zu studieren, Proben des Marsboden zu sammeln, die in der Zukunft zur Erde zurückkehren würden.

Neu dabei ist der kleine Mars-Helikopter Ingenuity (zu Deutsch: Einfallsreichtum), welcher darauf ausgelegt ist, die Route vorauszufliegen und das Gelände zu kartografieren. Das soll Erfahrungen für spätere Atmosphärenflugmissionen sammeln, wie sie bestimmt über Titan, Mars und Venus angedacht werden würden. Der Marsrover wird bereits am 18. Februar 2021 landen.

Die Entdeckung von Phosphan in der Atmosphäre der Venus (14. September)

Am 14. September dieses Jahres traf uns eine überraschende Nachricht, dass Wissenschaftler eines Teams, unter anderem von der Royal Astronomical Society, Phosphan in der Atmosphäre der Venus entdeckt haben. Sie sprachen von einer Konzentration von 20 Partikeln in der Atmosphäre pro eine Milliarden Partikel, was sich zwar nach wenig anhört, aber es ist eine Menge, die sich schon nicht mehr durch „herkömmliche“ Ereignisse erklären lassen, wie zum Beispiel Asteroideneinschläge. Jedoch ist bekannt, dass Phosphan von Lebewesen der Erde produziert werden und dass die Verbindung zu biologischen Ereignissen einigermaßen nahesteht.
Obwohl sie nicht explizit erklären, dass biologisches Leben in der Atmosphäre der Venus das Phosphan erzeugt hat, können sie es nicht ausschließen.

Spätere Überprüfungen der Daten konnten diese große Menge an Phosphan nicht bestätigen, dennoch ist die Venus nun interessanter für Forschungsmissionen geworden.

Probenentnahme des OSIRIS-REx von Bennu (20. Oktober)

OSIRIS-REx mit ausgestrecktem TAGSAM-Probenentnahme-Roboterarm kurz vor dem Beginn des Höhepunkts des Manövers.

Am ersten Tag des Oktobers flog die Raumsonde OSIRIS-REx der NASA ein imposantes Manöver beim Asteroiden Bennu etwa 334 Millionen Kilometer entfernt: Von einem höheren mit etwa 700 Meter Orbit aus flog OSIRIS-REx auf den nur etwa 450 Meter großen Asteroiden Bennu (101956) zu und näherte sich der Oberfläche bis auf wenige Meter an. In diesem Moment holte der zu diesem Zeitpunkt schon ausgefahrener Roboterarm TAGSAM mit einer Aufwirbelung der Oberfläche mithilfe einer Stickstoffflasche einiges an Asteroidenmaterial herauf, sodass die angepeilte Menge stark überschritten wurde und somit die Luke des gesammelten Materials nicht mehr richtig schließen konnte. Später, am 28. Oktober, wurde bestätigt, dass das gesammelte Material dann doch noch erfolgreich gespeichert werden konnte. Allerdings vermieden sie eine genaue Masse durch die Trägheit bei der Rotation der Raumsonde zu messen, da so vielleicht noch mehr Material verloren gehen würde. Sie hätten jedoch über 60 Gramm bis zu maximal 2 kg gesammelt.

Der Zusammensturz des Arecibo-Radioteleskops (01. Dezember)

Die äußerst stark beschädigte 305-Meter-Apertur des Arecibo-Observatoriums.

Am ersten Dezember stürzte die Empfängerplattform das Radioteleskop Arecibo wegen mehreren gebrochenen Tragseilen von der Seite des Tower 4 aus runter in die Parabolantenne und beschädigte große Teile dieser und der umliegenden Gebäude. Verletzt wurde zwar niemand, jedoch gibt es keinen Ersatz für das Arecibo-Observatorium, da das Radioteleskop zwar nicht das größte auf der Erde ist, allerdings hat es einen Radarsender von einer Stärke von 1 Megawatt und spielt damit eine große Rolle für die Radarastronomie.

Bereits im August ist einer der Seile vom Tower 4 schon gerissen und hat Schäden von 30 Metern in der Schüssel verursacht und war damit außer Betreib gesetzt, im November kam ein Hauptträger des Tower 4 herunter und am ersten Dezember brach auch das zweite Kabel zusammen, was ein Zusammensturz darstellte. Das Observatorium war chronisch unterfinanziert, welches vermutlich eine niedrige Wartungsqualität bedeutete.

Es gibt mittlerweile Ansätze, das Observatorium schnellstmöglich in Betrieb zu setzen, was zumindest noch einige Monate wahrscheinlich dauern würde. Der US-Kongress erwartet Ende Februar ein Bericht. Dies war zwar kein schönes Ereignis im Jahr 2020, aber dennoch ein wichtiges.

Probenrückkehr der Hayabusa-2-Mission von Ryugu (05. Dezember)

Ein Mann des Bergungsteam hält den Probenbehälter von Ryugu in den Händen.

Die japanische Raumsonde Hayabusa-2 ist die zweite Asteroidenmission nach der halberfolgreichen Mission Hayabusa-1. Dessen Ziel war es, den Asteroiden Ryugu (162173) anzufliegen, zu untersuchen und Proben per Aufsetzen, ähnlich wie OSIRIS-REx, sammeln. Eine Rückkehrkapsel, die die Hayabusa-2-Raumsonde gestartet hat, mit dem Material des Asteroiden in Australien nahe Woomera am 05. Dezember landete. Die Landekapsel mit den Proben vom Asteroiden wurden am Morgen darauf gesichert und werden nun sicher eingehend analysiert.

Die Große Konjunktion (21. Dezember)

Zwar hat der Jupiter den Saturn nicht bedeckt, jedoch waren die beiden Gasgiganten des Sonnensystems am 21.12.2020 gegen 17:30 UTC nur etwa 6,1 Bogenminuten scheinbar entfernt, was ein Fünftel des Vollmonddurchmessers entspricht. Da der Saturn viel weiter weg von uns ist als der Jupiter, kamen sie sich zu diesem Zeitpunkt “nur” 733 Millionen Kilometer nahe.

Die Große Konjunktion ist ein Ereignis, welches fast alle 20 Jahre regelmäßig stattfindet. Es passiert, wenn Saturn und Jupiter sich am irdischen Nachthimmel treffen, wobei beide Planeten innerhalb von etwa 11,8 und 29,5 Jahre einmal sich im Kreis am Himmel drehen. Das besondere an dieser Konjunktion war, dass man sogar beide Planeten im gleichen Bild auf dem Teleskop sehen konnte. Leider spielte in Mitteleuropa das Wetter fast überall nicht mit, sodass ich die Große Konjunktion nicht sehen konnte.

Ich hoffe ihr hattet einen schönen Start ins neue Jahr, trotz Anzeichen auf ein ähnlich wüstes Jahr (vgl. Sturm auf das US-Parlament)! 🙂

Rückblick vom letzten Jahr

Der astronomische Rückblick für das letzte Jahr aus der AIG.

Bildquellen:

Die Schnellen Radioausbrüche sind, mh, mysteriös?

FRBs, Fast Radio Bursts, Millisekunden andauernde kosmische Ausbrüche im Radiobereich

Ein FRB, ein sogenannter Fast Radio Burst, oder zu Deutsch etwa „Schneller Radioausbruch“, ist ein oftmals nur wenige Millisekunden andauerndes Signal im Radiobereich, welche hochenergetisch sind. Die meisten Signale dauern nur weniger als eine Handvoll Millisekunden an, gehen in der Frequenz schnell abwärts, deren Quelle entgangen eine Energie, wie die Sonne sie in drei Tagen insgesamt erzeugen würde, dennoch kommen sie nur als äußerst schwache Signale bei uns auf der Erde an, und zwar tausendmal schwächer als Radiosignale eines Smartphones in der Entfernung des Mondes.
Weil diese in der Regel sich nicht wiederholen, wurden sie erstens erst 2007 entdeckt und zweitens zwar schwer zu observieren, aber äußerst interessant für Astronomen. Bis heute, Ende des Jahres 2020 gibt es keine abschließende Erklärung für dieses Phänomen. Das bringt uns gleich zur ersten Frage: Was für Fast Radio Bursts wurden denn bisher entdeckt?

Ein bisschen Forschungsgeschichte

Ein kleineres Forscherteam bestehend aus 5 Wissenschaftler um inklusive Duncan Lorimer und David Narkevic der West Virgina University entdeckten den ersten Fast Radio Burst: Lorimer beauftragte Narkevic die Datenarchive des Parkes-Observatory, einem Radioteleskop in Australien. Durch Zufall fand er in den Daten des 24. Juli 2001 ein Signal, welches weniger als 5 Millisekunden anhielt, während in dieser Zeit die Frequenz des Signals sich stark verkleinerte. Die Signalstärke war 30 Jansky stark (1 Jansky ist 10-26 W m-2 Hz-1 oder 1026 Watt durch Quadratmeter und Hertz). Die Zahl sieht zwar unglaublich klein aus, was sie auch ist, sind aber normale Zahlen der Flussdichten astronomischer Objekte. Das Signal kam 3° von der Kleinen Magellanschen Wolken entfernt herein. Wobei sie durch Modelle des Gehalts an freien Elektronen ermittelt haben, dass das Signal weniger als 1 Gigaparsec, also ca. 3,262 Mrd. Lichtjahre entfernt sein muss, denken sie wegen den physikalischen Eigenschaften des Radioausbruchs nicht, dass er zur Kleinen Magellanschen Wolke oder zur Milchstraße gehört.
Das bedeutet, dass die elektromagnetische Energie, die am hochenergetischsten war, zuerst empfangen wurde. Die Wissenschaftler erklärten sich dies mit der Dispersion, also genau dieser Effekt, dass die hochenergetischsten Strahlungen schneller durch ein Medium kommen als niederenergetische Strahlungen.

Aber halt, hier ist von einem Medium die Rede, im Weltraum ist doch kein Medium, oder? Tatsächlich haben wir auch im Weltraum teilweise Partikel. Die Sonne, zum Beispiel, schleudert Sonnenwind in allen Richtungen ziemlich perfekt gleichmäßig von sich weg, was das Zeug hält, also muss es in ihrer Nähe Partikel geben. Gibt es eine Grenze, über die der Sonnenwind nicht kommt? Nun, es gibt zwar eine Art gestreckte Sphäre (Ellipsoid~), in der der Sonnenwind relativ frei ist, obwohl der Sonnenwind an sich nicht plötzlich entscheiden kann, in eine andere Richtung zu strömen. Außerhalb, jedoch, wird der Sonnenwind plötzlich ziemlich gedämpft und dann ist das unser Interstellares Medium. Dort draußen, zwischen den Sternen gibt es Partikel, allerdings vielleicht nur 100 (heißes Plasma + äußerst dünn) bis 1 000 000 000 000 oder 1012 (hauptsächlich kühle Moleküle + sehr dünn; Die Luft in Meereshöhe hat 1025 Moleküle) Partikel pro Kubikmeter, aber das reicht den heißen Partikeln, die übrigens so heiß sind, dass sie ein Plasma sind, ein interstellares Magnetfeld zu erzeugen. Das ist unser Medium, das wir für die Dispersion brauchen. Das ist wichtig, denn es verrät uns auch die Entfernung eines Fast Radio Bursts, wenn wir die Stärke der Dispersion kennen.

Eine Auswahl an Entwicklung in diesem Forschungsfeld

2010 wurden weitere 16 Radiobursts am Parkes-Observatory entdeckt, die eine ähnliche Natur aufwiesen, jedoch ohne erkennbare Dispersion. Fünf Jahre später stellet sich heraus, dass Mikrowellen während der Mittagspausenzeit und auch nur werktags, die zu früh geöffnet wurden, für ganz ähnliche Impulse am Teleskop sorgte.

Mit dem Arecibo-Observatorium wurde damals im Jahre 2012 den ersten Fast Radio Burst ausfindig gemacht, der sich periodisch wiederholt, genannt FRB 121102, woran man das Entdeckungsdatum ableiten lässt: Es war der 02. November 2012. Er liegt im Sternbild des Fuhrmann.
Im November 2015 fand der Astronom Paul Scholz der McGill Universität aus Kanada 10 nichtperiodisch auftauchende schnelle Radiopulse als er die Daten vom Mai und Juni 2015 durchsah, jedoch haben alle zehn Radioausbrüche ähnelnde dreimal stärkere Dispersionssignale als es ein Radioausbruch in der Milchstraße zulassen würde und auch gleiche Himmelskoordinaten, deshalb ging das Entdeckungsteam nicht davon aus, dass es eine Ursache von zerstörerischer Natur, wie eine Kollision, ist. Die Ideen waren eher, dass zum Beispiel ein stark magnetisierter Neutronenstern, also ein Magnetar dahinterstecken könnte, oder ein Pulsar-Weißer-Zwerg-Doppelstern, wobei der Pulsar dabei instabile Asteroidengürtel durchbrechen könnte.
Am 16. Dezember 2016 wurde die Entdeckung von sechs neuen FRBs bekannt, davon allein vier Stück am 19. November.
Astronomen, die die Daten vom Green Bank Telescope in der am meisten funkfreien Zone der Vereinigten Staaten, entdeckten am 26. August 2017 15 weitere Radioausbrüche bei Frequenzen von 5 bis 8 Gigahertz. Die Astronomen stellten fest, dass wohl die Quelle hinter den Fast Radio Bursts 121102 sich in einer Phase erhöhter Aktivität befindet.
Im Januar 2018 wurde erstmals Ideen breit, dass die Quelle der vielen Bursts ein Neutronenstern sein muss, der in der Nähe ein sehr starkes Magnetfeld, wie zum Beispiel von einem Schwarzen Loch oder eines Nebels, liegt.
Im April 2018 wurde von 21 weiteren Bursts berichtet, sowie vermutet, dass die Quelle in einer Zwerggalaxie mit einem aktiven, aber leuchtschwachen galaktischen Kern liegt, in einer Entfernung von um die drei Milliarden Lichtjahren.
Im September desselben Jahres wurden 72 Bursts innerhalb von nur 5 Stunden mithilfe eines neuralen Netzwerk entdeckt.
Am 03. September 2019 wurden 20 weitere Radioausbrüche am Funfhundert-Meter-Apertur-Teleskop (FAST) in China registriert und im Juni 2020 berichteten Astronomen des britischen Jodrell-Bank-Observatory

2017 schätzten Anastasia Fialkov und Abraham Loeb die Zahl der stattfindenden FRBs auf einen FRB je Sekunde. Frühere Nachforschungen konnten keine Radioausbrüche identifzieren.

Das Canadian Hydrogen Intensity Mapping Experiment (CHIME) ist ein Radioteleskop, welches die Aufgabe hat, Hunderte Fast Radio Bursts am Himmel zu entdecken. Es ist seit September 2018 operationsfähig, wobei sein erstbeobachteter Radioausbruch schon am 25. Juli 2018 war. Dessen Frequenz war um die 780 MHz bloß, frühere Entdeckungen hatten immer eine höhere Frequenz.

Im September 2019 konnte erstmals ein Fast Radio Burst zu seinem Ursprung zurückverfolgt werden: Eine 3,6 Milliarden Lichtjahre entfernte Galaxie, welche ähnlich groß wie die Milchstraße ist und die Quelle innerhalb der Galaxie ist etwa tausendmal kleiner, was allerdings immer noch ein Radius von etwa 80 Lichtjahren sein dürfte. Damit dürfte es vermutlich ein Sternentstehungsgebiet sein, welches eine Heimat zu vielen jungen und heißen Sternen ist, genauso wie Magnetare, offensichtlich.

Am 28. April 2020 beobachteten Astronomen von CHIME und von STARE2 unabhängig voneinander die Entdeckung eines Fast Radio Bursts etwa 30 Tsd. Lichtjahre weit weg und damit noch in unserer Galaxie. Auch die Quelle wurde ausgemacht, der Radioausbruch kam aus der Richtung des Magnetars SGR 1935+2154. Allerdings hatte dieser Burst eine Flussdichte von größer als 1,5 Megajansky mal Millisekunde, welches die Vermutung allerdings vergrößert, dass dies auch ein FRB war, weil die Flussdichte nur so hoch sein kann, weil die Entfernung zu diesem Kandidaten immens viel kleiner war als die sonstigen FRBs in Milliarden Lichtjahren Entfernung.

Mögliche Entstehungstheorien und Herkunftstheorien

Die Herkunft des Fast Radio Bursts decken sich mit dem Himmelsort des Magnetars SGR 1935+2134. Bildquelle: “A fast radio burst associated with a Galactic
magnetar”, C. D. Bochenek et al.; https://arxiv.org/pdf/2005.10828.pdf

Wir haben uns nun die FRBs genauer angeschaut, und wir können nun sagen, dass es so scheint, als ob noch keine Erklärung des Entstehens oder des Ursprungs wirklich anerkannt ist, aber dass dennoch nach kleinen Objekten von weniger als vielleicht 100 km gesucht wird, die sich deswegen auch sehr schnell drehen, damit Radioblitze von nur zwei, drei Millisekunden möglich wären, sowie inklusive eines Magnetfelds. Rein zufällig passt diese Beschreibung auf die Magnetare, auf die es tatsächlich auch das Indiz gibt, weil der FRB 200428, der im April 2020 in der Milchstraße entdeckt wurde, liegt auch genau in die Richtung und Entfernung des Magnetars SGR 1935+2154 innerhalb der Milchstraße.

Quellen:

Astronomische Seltenheit – Zum Jahresende 2020

Große Konjunktion aus Jupiter und Saturn am 21.12.2020

Die Große Konjunktion ist ein wiederkehrendes Ereignis der Planeten Jupiter und Saturn, zu dieser Zeit befinden sie sich äußerst nahe am nächtlichen Himmel. Die Annäherung der Planeten dauert einige Monate und in dieser Zeit entfernen sie sich auch einige Male, denn wir beobachten beide Planeten von der Erde aus, die sich auch um die Sonne bewegt. So kommt es nämlich, dass die Planetenbewegung innerhalb eines Erdenjahrs eine Schleifenbewegung macht. Es ist super selten, denn die Umlaufszeiten von denen dauern beim Jupiter 11 Jahre, 314 Tage und 19 Stunden, sowie beim Saturn 29 Jahre, 166 Tage 19 Stunden.

Hier sind die Planetenschleifen nochmal visualisiert. Da sich die Erde E und der Mars M um die Sonne S drehen und die Erde schneller als der Mars sich bewegt, sowie wir Erdenbeobachter nicht im Zentrum der Bewegungen stehen, kommt es, dass von der Erde aus der Mars eine Schleife macht. Bildquelle: Frog23, CC BY-SA 3.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons; https://upload.wikimedia.org/wikipedia/
commons/b/b3/Mars_Loop.gif
Die projizierten Planetenpositionen in 7 Fälle in der Grafik gezeigt. Bildquelle: Schorschi2, CC BY-SA 3.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons; https://upload.wikimedia.org/wikipedia/
commons/5/59/Konstruktion_Planetenschleife.png

Wenn wir jetzt wissen wollen, wie oft eine Große Konjunktion geschieht, müssen wir die Umlaufszeiten vergleichen. Im Verhältnis gesetzt, entdecken wir, dass Saturn und Jupiter im 2:5-Verhältnis stehen (genau: 2:4,966 65). Diese Zahl bedeutet, dass nach zwei Saturnumläufe fünf Jupiterumläufe geschehen. Also sind nach ca. 58 Jahren und 334 Tagen Jupiter und Saturn ungefähr wieder in ihrer Ausgangsposition. Natürlich, da das Verhältnis nicht perfekt ist, wird die Zusammenkunft um 8,094 7 Grad jedes Mal weiter nach Westen verschoben.
Jetzt gibt es zwei Ansätze auf die Zeit zu kommen, die es braucht, damit es wieder zu einer Großen Konjunktion kommt. Einmal können wir nach deren Umläufe schauen und die mittlere Winkelgeschwindigkeit berechnen und schauen dann, nach was für einer Zeit sie wieder beieinanderstehen. Oder man bemüht die Synodischen Umlaufszeiten der beiden Planeten, das ist die Zeit, die es zur nächsten Opposition dauert, also wenn die Erde von der Sonne aus gesehen in einer Linie mit dem Zielplaneten steht. Diese Zeit variiert, je nachdem wie nah man am Zielplaneten ist, also wie ähnlich die Entfernung zur Sonne (oder die Umlaufszeit) der beiden Planeten ist, die man für die Synodische Umlaufszeit ansieht. Kurz: Die Zeit, die die Erde braucht, wieder auf einer Linie mit einem anderen Planeten zu sein, wobei der andere Planet sich ja auch noch bewegt. Wenn der Planet weiter von der Sonne weg ist als die Erde, benötigt die Erde immer mehr als ein Jahr wieder auf gleicher Linie zu sein, ist der Planet näher an der Sonne dran, dann kann diese Zeit auch kürzer sein, wenn der Planet aber mehr als 50 % der Sonne-Erde-Entfernung (AE = Astronomische Einheit) hat, dann ist die Synodische Umlaufszeit größer.

Wenn man die Tagesanteile der Bewegung im Sonnenumlauf des Jupiters, mit dem des Saturns in Differenz setzt, also der 4 332,589te Teil des Sonnenumlaufs des Jupiters minus dem 10 759,22te Teil des Sonnenumlaufs des Saturns ergibt einen 7 253,455ten Teil, also 7 253,455 Tage zwischen zwei Großen Konjunktionen mit diesem Ansatz und diesen Daten
Die Synodische Umlaufszeit des Jupiters beträgt 398,88 Tage und die des Saturns 378,09. Wenn man diese ins Verhältnis setzt, kommt 0,94 787 906… heraus. Wenn man diese Zahl von der 1 abzieht, erhält man 0,052 120 939… . Wenn man diesen Wert umkehrt, bekommt man 19,186 147 periode, multipliziert mit der Anzahl an Tagen im Jahr bekommt man 7 007,855 Tage.

Ich denke die obere Variante ist genauer, denn wir wissen hier die Umlaufszeit auf einige Minuten genau und die Synodische Umlaufszeit ist da nicht so sehr vergleichbar. 7 253,455 Tage sind 19 Jahre, 313 Tage und 14 Stunden. Wenn also die Große Konjunktion von 2020 am 21. Dezember um 18:30 Uhr UTC (circa) ist, wäre ja rein theoretisch die nächste dann am 30. Oktober 2040 um 08:30 UTC (circa). Tatsächlich schreibt die Tabelle in der Wikipedia, dass die nächste Große Konjunktion am 31. Oktober 2040 um ca. 12 Uhr UTC sein wird. Vermutlich haben sie mit noch genaueren Werten gerechnet, unsere Rechnung weicht auch nur um wenige Stunden ab.

Einer meiner “Schau”-Videos auf YouTube, hier über die Große Konjunktion.

Und zum Schluss noch was über allgemeine Daten. Jupiter und Saturn sind beide Gasriesen und umlaufen die Sonne in ca. 770 Millionen Kilometer und 1 425 Millionen Kilometer Entfernung, (während der Konjunktion: 762,83 Mio. km und 1 494,28 Mio. km, Die Entfernung untereinander beträgt 733 212 000 Kilometer). Jupiter hat einen volumetrischen Radius von 69 911 Kilometern und Saturn 58 232 Kilometer. Jupiter hat eine Masse von 317,83 Erden während der Saturn eine Masse von 95,16 Erden hat. Die nächste Annäherung von Jupiter und Saturn ist bei ca. 49,1 Grad Nord und 8,5 Grad Ost um etwa 19:26 MEZ am 21.12.2020 und damit nicht sichtbar, da die beiden Objekte zu dem Zeitpunkt um ca. 18:53 MEZ untergehen. Lörrach: 19:01; Flensburg: 18:22. Je nach Örtlichkeit lohnt es sich am 21. Dezember gegen 17:30 bis 18:00 zu beobachten, da Jupiter und der Saturn von der Sonne nur etwa 30 Grad (ungefähr 3 Hände bei ausgestrecktem Arm) entfernt sind, und es schwierig wird die Konjunktion zu beobachten, da wenn es hierzulande dunkler wird, wandern die zwei Planeten immer stärker Richtung Horizont, dort wo sich auch am meisten Dunst aufhält. Also ist es auch ratsam an eine höhergelegene Stelle, und auch möglichst weit Richtung Südwest dafür fahren, zu beobachten, zum Beispiel am Feldberg. Wie gerade eben erwähnt, stehen Jupiter und Saturn Richtung Südwesten und sind übrigens kaum zu übersehen: Jupiter hat eine Helligkeit von ca. -1,97 mag und Saturn +0,63 mag mit einer minimalen Distanz von 00°6′6″, das ist etwa nur ein Fünftel des scheinbaren Erdmonddurchmessers!

Quellen:

Arecibo ist tot

„Arecibo ist tot.“

„War Arecibo eine Person?“

„Nein! Es ist rein zufällig ein Radioteleskop.“

„Dieses   R a d i o t e l e s k o p   ist nun von uns gegangen?“

„Jap. … Weißt du überhaupt was ein Radioteleskop ist?“

„Ähmmmm, … Teleskope, die Radio hören … vielleicht?“

„Nun, damit bin ich zufrieden. Was ist denn ein Teleskop und was ist Radio?“

„Ein Teleskop habe ich hier zu Hause, da kann ich nachts reingucken und mit bisschen Glück sieht man auch Sterne … also nur nachts. Ein Radio ist ein Gerät, da kommt Musik raus.“

„Gut, richtig. Ich habe auch welche, vier Stück. Naja, dreieinhalb. Dein Auge sieht verschiedene Farben und im Regenbogen kann man die Farben ordnen. Schonmal fein, hast du eigentlich auch mal was von Infrarot oder Ultraviolett gehört? Zu Radios kommen wir noch später, wenn es ok ist.“

„Ja, ist ok für mich. Wird das jetzt eigentlich ein Interview?“

„Nein ja.“

Sichtlich verwirrt „ahm, ja, dagegen schützen wir unsere Haut mit der Sonnencreme, nicht wahr. Und Infrarotlichter kenne ich auch als Wärmestrahler fürs Terrarium. Aber was hat das jetzt mit unseren Teleskopen oder dem Radio zu tun?“

„Jou, gute Frage. Wenn du Infrarot sehen könntest, könntest du auch Farben sehen? Vielleicht auch andere Farben und andere Details?“

„Ja, denke schon.“

„Es geht noch weiter als Infrarotstrahlung. Infrarot ist infra rot, Ultraviolett ist ultra violett. Beide Wörter infra und ultra sind hier Gegensätze. Noch stärker in die andere Richtung von Rot oder Violett. Infra von Infrarot haben wir die Terahertzstrahlung, danach die Millimeterwellen, Zentimeterwellen, …“

„Moment, wieso Länge und wieso Welle?“

„Länge, weil wir hier von Wellenlängen reden. Licht kann auch als Welle dargestellt werden, da sich Licht u.a. beugen lässt. Je kleiner die Wellenlänge, desto höher die Frequenz und die Energien des Lichts. UV-Licht, also Ultraviolettes Licht kann zum Beispiel bei einem Sonnenbrand deine Haut eher schädigen als blaues oder rotes Licht.“

„Und es gibt dann also Radiowellen als eine Art Licht, oder was?“

„Ja, das ist vereinfacht gesagt wahr, jedoch sprechen wir nur von Licht zwischen UV und IR (Infrarot). Im Allgemeinen sprechen wir von Elektromagnetischer Strahlung. Radiowellen kommen dann nach den Dezimeterwellen. Zuvor sprechen wir nur von Mikrowellen.“

„Mikrowelle, das ist doch das Gerät in meiner Küche?“

„Die Mikrowelle erhitzt mit Mikrowellen dein Essen. Das macht sie, in dem sie eine Frequenz benutzt, die das Wasser in deinem Essen anregt. Da die niedrigste Resonanzfrequenz von Wasser 22,235 08 Gigahertz beträgt, benutzt die Mikrowelle diese Frequenz, um dein Essen zu erwärmen. Logisch?“

„Ja!“

„Nein.“

„Warum?“

„Die Dimension für Frequenz ist s hoch minus eins (s-1). Die Wellenlänge benutzt Meter (m). Die Geschwindigkeit, an die Licht gekoppelt ist, ist die Lichtgeschwindigkeit und ist genau 299 792 458 Meter pro Sekunde groß (m s-1).“

„Wow, woher weiß man das so genau?“

„Das hat man einfach so festgelegt, damit unsere Standardeinheiten absolut genau sind. Nennt sich auch SI, wenn man googeln will. Jedenfalls kann man damit herausfinden, was für eine Wellenlänge zu welcher Frequenz passt. 22,235 08 Gigahertz entspricht 1,348 286 Zentimeter. Weißt du warum diese Wellenlänge blöd zum Erhitzen meiner Speise ist?“

„Die Welle kommt vermutlich nur etwa 1,3 Zentimeter weit, weil die Wellenlänge sie begrenzt?“

„Ja, genau. Das erwärmt natürlich nur oberflächlich mein Essen. Was kann man also tun?“

„Die Wellenlänge erhöhen“. Ist über die Mimik des anderen erstaunt

„Genau.“

„Kann man das so einfach tun? Ich meine, dass es ja die spezifische Resonanzfrequenz für Wasser ist.“

Das Käse-Experiment aus der Mikrowelle mit drei deutlich sichtbaren geschmolzenen Streifen im Käse. Bildquelle: Prof. Michail Lemeshko, Bildquelle: https://youtu.be/0Ws-N1LleA8?t=227

„Klar, kann man einfach so tun. Weil die umgebenden Moleküle von Wasser im festen oder flüssigen Zustand direkt mit dem zu beobachtenden Wassermolekül interagieren, wird die zu erwartende Spektrallinie um diesen 22,235 08 Gigahertz bis zur Unkenntlichkeit verbreitert. Daher kann man auch die Frequenz erniedrigen, sagen wir mal 2,455 Gigahertz. Dann liegt die Wellenlänge bei ca. 12,21 Zentimeter und daher können auch große Speisen nicht nur oberflächlich erwärmt werden. Das ist auch warum, wenn man z.B. Käse ohne Drehteller mit der Mikrowelle in einer bestimmten Zeit erwärmen will und dann im Abstand von ca. sechs Zentimetern bemerken kann, dass es einen geschmolzenen Streifen gibt und einen, der nicht geschmolzen ist.“

„Wieso 6 Zentimeter?“

„Weil eine Welle eine Sinuskurve im Grunde ist: Sie geht zuerst von der Ausgangsposition zum Maximum bei einem Viertel, dann nominalisiert sie sich wieder bis zur Hälfte und im dritten Viertel ist die Kurve dann nun im anderen Maximum angekommen, bevor sie sich im letzten Viertel wieder nominalisiert. Wir haben also mehr oder weniger auch eine gute Hälfte, die bis auf den negativen Ausschlag identisch wäre.“

„Wow, puh. Was hat eigentlich geschmolzener Käse mit dem toten Arecibo zutun, kannst du auch davon sprechen ohne um den heißen Brei zu reden?“

„Ja, natürlich. Ich wollte bloß darstellen, dass es auch niederfrequentere elektromagnetische Strahlung gibt, die viel niederenergetischer als Sichtbares Licht ist und dass man das mit speziellen Teleskopen beobachten kann.“

„Was kann man denn im Radiowellenbereich so sehen, oder soll ich lieber hören sagen? Was für spezielle Teleskope braucht man denn?“

„Wowowow, das sind schon zwei Fragen. Zuerst die eine, dann die andere bitte. Also im Radiobereich kann man Radioquellen beobachten. Wirklich sehen oder hören kannst du sie nur durch Hilfsmittel, wie zum Beispiel den Computer, der die Signale dann zu akustischen Tönen und umgerechneten Bildern auf dem Display verarbeiten kann. Gut, Radioquellen war etwas plump. Grundsätzlich kann man alle Photonen mit bestimmten niedrigen Energien auffangen. Diese stammen von nicht sehr energiereichen Vorgängen. Es gibt aber auch wahre Radiostrahler. Zum Beispiel Planeten und Monde als Wärmestrahlung (planckscher Schwarzkörper), Sonneneruptionen, Pulsare, Supernovaüberreste und aktive Galaxienkerne, Radiogalaxien, beziehungsweise Quasare (helle ferne Galaxien(-kerne)). Interstellare Nebel im Zustand des Plasmas und Besitzer von Magnetfeldern können deren Elektronen und Ionen zwingen auf Spiralbahnen, um die Magnetfeldlinien zu laufen und strahlen daher tangential (vom Magnetfeld weg) kontinuierliche Synchrotronstrahlung ab. Diese ist regulär im Radiobereich und die Radiointensität nimmt mit der Frequent ab.“

„Wow, viel Input, das muss ich mir mal notieren.“ Notiert mit ausgefahrener Zunge und schaut mit einem leicht angestrengten, gesenkten Blick auf seine Notizen

(Er nochmal): „Und was ist mit diesen Teleskopen, wie kann man sich die vorstellen?“

„Das sind einfach Antennen. Die bekannten Radioteleskope sind Schüsseln, also Parabolantennen, die mit ihren Schüsseln viele Radiowellen auffangen können und dann an einen Empfänger weiterreflektieren. Ihre Schüsseln müssen zehnmal genauer poliert oder geschliffen werden als die zu beobachtende Wellenlänge.“

„Und Arecibo ist so ein Teleskop? Hat es etwas Besonderes, weil ich mein, so ein Radioteleskop hat ja fast jedes dritte Haus oder so im Kleinformat.“

Die 305-Meter-Parabolantenne von Arecibo am . Bildquelle: Mariordo (Mario Roberto Durán Ortiz), CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons; https://upload.wikimedia.org/wikipedia/
commons/1/13/Arecibo_radio_telescope_SJU_06_2019_6144.jpg

„Arecibos Schüssel, beziehungsweise dessen Empfänger waren zwar nur teilweise steuerbar, aber dafür eine riesige Schüssel im Durchmesser von 305 Metern! In der Nähe von Bonn steht ein Radioteleskop, welches vollbeweglich ist und 3200 Tonnen wiegt. Es hat dafür eine 100-Meter-Parabolantenne. Allein die Antennenplattform von Arecibo wog 900 Tonnen. Die Genauigkeit der Positionierung betrug 3 mm, beziehungsweise 5 Bogensekunden. Durch die sogenannte Apertur von 305 Metern konnte die Winkelauflösung bei einer Wellenlänge von zum Beispiel 21,1 Zentimetern nur ca. 2,4 Bogenminuten betragen. Das ist eine ähnlich große Leistung wie das menschliche Auge.“

„Wieso schafft ein 305-Meter-Radioteleskop nur eine Auflösung wie zwei 9-Millimeter-Augen?“

„Weil wir Wellenlängen von 380 Nanometern bis 750 Nanometern circa sehen können und das Radioteleskop 3 Zentimeter bis einen Meter. Elektromagnetische Strahlung kürzerer Wellenlängen sind energiereicher und schaffen also natürlich eine bessere Auflösung.“

„Wo befindet sich Arecibo?“

„Arecibo befindet sich auf Puerto Rico. Das ist eine kleine Insel in der Karibik und nordwestlich der Antillen, sowie östliche von Hispaniola, beziehungsweise der Insel von Haiti und Dominikanische Republik. Puerto Rico ist ein Außengebiet der USA und wirtschaftlich und politisch von den USA abhängig. So ist das Projekt auch von der National Science Foundation abhängig, welche wichtige Geldgeber und Betreiber für das Projekt sind.“

„Was waren Arecibos Aufgaben?“

„Ursprünglich war angedacht, dass das Arecibo-Observatorium nur ein Radioteleskop für die Ionosphäre sein sollte, weswegen es erst 1973 erweitert wurde. Arecibo hat für die Erforschung dieser Ionosphäre auch einen Sender, der aktiv Wellen verschicken kann, die dann wieder vom Teleskop aufgefangen werden können, wenn sie auf die Ionosphäre treffen. Nachdem auch Radioastronomie drin war, konnten sie mit Mikrowellenstrahlung die Planeten im Sonnensystem untersuchen, welche ein Echo zur Erde zurückwerfen, wenn das ursprünglich gesendete Signal stark genug war. Als 1973 auch der Sender erneuert wurde, wurde auch die berühmte Arecibo-Nachricht für die Außerirdischen 1974 in Richtung M 13 (bekannter Kugelsternhaufen im Sternbild Herkules) gesendet.“

„Was hat Arecibo entdeckt?“

Die erste große Erforschung mit Arecibo war April 1964 eine Bestimmung der Rotation von Merkur zu etwa 59 Tagen, und nicht wie früher gedacht, gezeitengebunden zur Umlaufszeit von 88 Tagen. 1968, 1974 und 1982 wurden wichtige Entdeckungen über Neutronensternen und Pulsare mit dem Arecibo-Radioteleskop getätigt, so zum Beispiel 168 wurde die Periodizität des Krebspulsars im M1 auf 33 Millisekunden bestimmt, 1974 der erste Pulsar-Doppelstern und 1982 auch der erste Millisekundenpulsar mit einer Periodizität von 1,558 Millisekunden (642 Hertz).
Später im Jahr 1990 wurden auch die ersten drei Exoplaneten von Aleksander Wolszczan entdeckt, eine polnische Astro-Ikone. Sie kreisen um Lich, einem Pulsar. 1980 beobachtete Arecibo zum ersten Mal einen Kometen, in diesem Fall den Kometen Encke. Ende August 1989 dann lichtete Arecibo zum ersten Mal überhaupt einen Asteroiden ab: (4769) Castalia.
1994 verwendete John Harmon das Arecibo-Teleskop, um die Verteilung des Eises in den Merkurpolarregionen zu studieren. In der Starburst-Galaxie Arp 220 wurde Methylenimin (CH2NH) und Cyanwasserstoff im Januar 2008 durch Radiospektroskopie-Messungen nachgewiesen.
Aleksander Wolszczan hat zwischen 2010 und 2011 wieder mit Arecibo gearbeitet und unter anderem Methanlinien im Radiospektrum eines Braunen Zwergs mit der Spektralklasse T6.5 (ca. 900 K) gefunden.“

„Wow, vielen Dank für diese ausführlichen Antworten gerade, genauso lange fragen kann ich allerdings nicht, deswegen kommen wir nun zum wichtigsten, und zwar warum nennst du Arecibo tot?“

Nachdem am 01. Dezember 2020 die Empfängerplattform vom Arecibo-Observatorium abgestürzt ist, hat es deutliche Schäden hinterlassen, wie man in der Luftaufnahme sieht. Bildquelle: Ricardo Arduengo/AFP; https://static.dw.com/image/55790516_403.jpg (1)

Und hier nochmal von einer anderen Perspektive Bildquelle: Ricardo Arduengo/AFP; https://www.nationalgeographic.de/wissenschaft/2020/12/puerto-rico-beruehmtes-radioteleskop-ist-eingestuerzt (2)

„Am 10. August 2020 brach ein Hilfskabel von Tower 4 der Anlage des Teleskops und stürzte auf den Parabolspiegel hinab und erzeugte eine 30-Meter-Schadensschneise. Es war unklar, ob das Versagen des Kabels noch vom zurückliegenden Tropensturm stammen. Die Anlage wurde geschlossen und Schadenskontrollen wurden durchgeführt.

Das Observatoriumsteam hatte bereits ein neues Kabel organisiert, jedoch brach am 07. November einer der zwei Kabeln der Hauptlast am Tower 4 und machte die Lage um die Stabilität der Instrumentenplattform langsam kritisch. Die Techniker und Ingenieure vor Ort erkannten, dass die Gefahr zu hoch wäre, die Kabel zu reparieren.
Die Betreiber (National Science Foundation) wollte das Teleskop kontrolliert außer Betrieb nehmen und gab am 19. November bekannt, dass sie Arecibo nun erstmal abbrechen und stoppen würden. Es wurden Schritte unternommen, die Lastverteilung der Seile für die Empfängerplattform besser zu verteilen.
Andere Pläne, wie zum Beispiel mit Hubschraubern die Plattform abzulassen oder zu heben, wurden als zu riskant eingestuft.
Es wurde festgestellt, dass jeden Tag ein oder zwei Drähte in den Kabeln reißen und ein Kollaps wahrscheinlich kurzbevorstünde. Am Wochenende vor dem Unglück waren die Drahtlitzen des Stützkabels auseinandergerissen und es gab weitere für den anbahnenden Kollaps. Am 01. Dezember um 07:53 Uhr Ortszeit (12:53 MEZ) war das zweite Hauptkabel von Tower 4 gerissen und noch bestehende Unterstützungskabel brachen nur Momente danach ebenso zusammen. Die Empfängerplattform bewegte sich nun seitlich nach unten und nahm Fahrt in die Parabolantenne des Teleskops auf. Die zerstörten Kabel des Tower 4 rissen auch noch die Spitze des Towers ab, an dem die Kabel befestigt waren. Auch an Tower 8 und 12 fehlte nun der Halt und die Kabel dessen Towers stürzten sich ebenso in die Antenne. Der Fall der Spitze des Towers 12 hinterließ kleinere Schäden an den in der Nähe sich befindlichen Gebäude des Observatoriums. Zum Glück wurde wenigstens niemand verletzt.
Das Radioteleskop des Arecibo-Observatoriums war für dessen Leistungen wohl bekannt und auch in der allgemeinen Gesellschaft nicht unbekannt: So spielte das Radioteleskop in einigen Filmen wie Contact oder GoldenEye (James-Bond-Reihe) eine Rolle, so wie in einigen Videospielen. Die totale Zerstörung von Arecibo hatte die weltweite Gemeinde der Astronomen und Astronominnen und Astrophysiker und Astrophysikerinnen zutiefst geschockt, da mit diesem Teleskop nun eine bedeutende Ressource in der Radioastronomie, besonders in der Radarastronomie verschütt gegangen ist.“

„Oh, wow. Mich als Interessierter der Astronomie packen diese Geschehen schon fast emotional. Da würde man gerne wissen, wie so ein Unglück überhaupt zustande kommen kann?“

„Ich denke es lag besonders an der chronischen Unterfinanzierung und Gelderkürzung durch die National Science Foundation, ferner noch die NASA.
Im Vorfeld war die NASA am Arecibo-Observatorium schon immer stark wegen ihrem Monitoring und Aufspüren der Potentiellen Erdnahen Objekte und einige weitere interessante Forschungsobjekte interessiert gewesen, hat jedoch ihre Gelder für das Teleskop seit 2001 bis 2006 auf null reduziert.
Die Betreiber National Science Foundation setzten ihren Beitrag von 2007 bis 2011 zur Finanzierung von 10,5 Millionen US-Dollar auf 4 Millionen US-Dollar je Jahr runter.
Zum Schutz des Teleskops gründeten Wissenschaftler und Forscher eine Organisation 2008. Die Regierung Puerto Ricos wurden weitere Beiträge von 3 Millionen USD gesichert und Wissenschaftler, Medien und Politiker übten auf den Kongress der Vereinigten Staaten aus und dies führte zu weiteren 3,1 Millionen USD pro Jahr in einem Act von 2009.
Die NASA stellte ab 2010 ihre Unterstützung auch wieder für ihre Beobachtungen mit 2 Millionen USD her und erhöhten ab 2012 auf 3,5 Millionen USD pro Jahr.
Im Jahr 2011 gab es rund um Organisationen in der NSF (National Science Foundation) ein paar Umstrukturierungen, welche wiederum mehr Freiheiten mit sich brachten.
2015 und 2016 kündigte die NSF an, wieder ihre Mittel weiterhin zu kürzen und dachte auch über Stilllegungen nach.
Ein Konsortium übernahm ab 2018 ein Teil der Finanzierung, sodass die NSF von 8 Mio. USD auf 2 Mio. USD heruntergehen konnte.
Durch die Unterfinanzierung und Unstetigkeit konnte das Teleskop nur ungenügend erhalten und gewartet werden, was schließlich zu dem üblen Zustand des Teleskops führte.“

„Oha. Ich frage mich dennoch ernsthaft, warum diese Mittel einfach nicht da sind. Während der Hochphase des Spacerace steckten doch die Amerikaner äußerst viel Geld in die Raumfahrt-Branche und allgemein Technologie und Entwicklung. Sind die Vereinten Staaten von Amerika nun in Unehre geraten, was ist da los?“

„Meiner Meinung nach sind die Vereinigten Staaten nachlässig geworden, gerade wenn es um Forschung und Entwicklung geht. Ich beobachte aus meiner Warte auch den Trend, dass nicht nur die NASA weniger Mittel bekommt, sondern auch die NASA, wobei es den Amerikanern in den 1960er und 1970er sehr viel um äußeren Prestige und die bessere, raffiniertere Technik ging. Auch sind die größeren Meinungsverschiedenheiten der letzten Regierungsperioden an Richtungswechsel ebenso teilschuld.“

„Nun zur Abschlussfrage für heute: Wie sieht die Zukunft für Arecibo aus, was ist schon geplant, was für Ideen gibt es?“

Ein direkter Vergleich der Teleskope Arecibo, FAST in China und RATAN-600 in Russland. Bildquelle: Cmglee, CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons; https://upload.wikimedia.org/
wikipedia/commons/8/83/Comparison_
FAST_Arecibo_Observatory_profiles.svg

„Es gibt große Stimmen, dass man zum Beispiel das Teleskop woanders aufbaut, aber auch, dass man Arecibo komplett saniert und erneuert oder doch nur repariert. Bislang ist jedoch noch wenig in der Richtung geschehen und so bleibt nur das Abwarten. Jedenfalls wäre es ein großer Verlust, wenn man es nicht baldig wieder er- oder einsetzen kann. Die Chinesen haben schließlich auch Radioteleskope, aber im Moment noch keine größeren mit Radar, obwohl das „FAST“-Radioteleskop schon größer und etwas moderner ist als Arecibo war. Lustig nur, dass das theoretisch größere Radioteleskop RATAN-600 (РАТАН-600) der Russen in Südrussland nahe dem Kaukasus auch nicht so die bessere Technik hat.

Quellen:

Kosmische Strahlung, Teil 2 von 2

Sonnenwind, wie und was genau?

Im vorigen Kapitel haben wir schon gehört, dass viel Kosmische Strahlung über den Sternenwind geht, deshalb wollen wir es nun in diesem Extra-Kapitel genauer erläutern.

Die Sonne ist eine riesige Kugel aus erregtem Gas, Plasma, welche vor rund 4,567 Mrd. Jahren in einem lokalen Verdichtungsevent des sogenannten Sonnennebels, welcher heute nicht mehr existiert, geformt wurde.
Die Sonne zog über 1,4 × 1029 Kilogramm oder etwa über 80 Jupitermassen an, um das einfache Wasserstoff, Protium genannt, bei einer Kerntemperatur von 3 Millionen Kelvin zum Fusionieren zu bringen. Wäre sie nicht schwerer als 80 Jupitermassen geworden, was nur etwa 7,6 Prozent einer Sonnenmasse ist, dann wäre sie als Brauner Zwerg verblieben, der nur genügend Kerntemperatur für die Deuteriumfusion hat, welche erst ab 13 Jupitermassen beginnt. Die Sonne besitzt etwa 1047 Jupitermassen.

Der pp-Prozess veranschaulicht.

In der Tat startet die Wasserstofffusion erst bei einer Temperatur von etwa 3 Millionen Kelvin und ist zur vierten Potenz temperaturabhängig. Das heißt, dass wenn wir die Temperatur verdoppeln, erhöht sich die Energieproduktion um den Faktor 24, also um das Sechzehnfache. Bei dieser sogenannten Proton-Proton-Reaktion, oder pp-Prozess, reagieren zweimal zwei Protonen unabhängig voneinander zu zwei getrennten Deuteriumkerne, sowie ein Positron und Elektronneutrino jeweils. Die beiden Deuteriumkerne fusionieren wiederum mit einem Proton, wobei sie zu einem Helium-3-Kern verschmelzen. Dabei entsteht jeweils ein Photon. Die zwei Helium-3-Kerne verschmelzen schließlich zusammen und zwei Protonen werden wieder freigesetzt und der Mutterkern ist nun ein Helium-4-Kern.

Der CNO-Zyklus veranschulicht.

In der Sonne ist noch ein Vorgang am Werk, der Energie produziert. Der sogenannte CNO-Zyklus oder auch der Bethe-Weizsäcker-Zyklus. Dieser startet erst ab ca. 6 ½ Millionen Kelvin, ist aber jedoch um die 17. Potenz temperaturabhängig, also viel temperaturgebundener als der einfache pp-Prozess, wenn man hier die Temperatur verdoppelt, wird die Energiefreigabe um den Faktor 217 erhöht, was das 131 072-fache wäre. Beim CNO-Zyklus reagiert ein Kohlenstoff-12-Kern mit einem Proton zu Stickstoff-13 und gibt dabei ein Photon ab. Der Stickstoff-13-Kern ist instabil und gibt im Beta-Plus-Zerfall ein Neutrino und ein Positron ab und wird zu Kohlenstoff-13. Dieser 13C-Kern reagiert mit einem Proton unter Abgabe von einem Photon zu Stickstoff-14. Dieser Kern reagiert mit einem weiteren Proton zu Sauerstoff-15 und verliert ebenso ein Photon. Unter einem Beta-Plus-Zerfall zerfällt der 15O-Kern zu Stickstoff-15 unter Abgabe von einem Neutrino und einem Positron. Danach reagiert das Stickstoff-15 wieder mit einem Wasserstoffkern, woraufhin gleich der Kern ein Alphateilchen (Helium-4-Kern) abgibt und wieder zu Kohlenstoff-12 wird. Dieser Prozess macht allerdings nur lediglich 2 % der Gesamtenergieerzeugung der Sonne aus, während der Rest nur der pp-Prozess ist. Das ist wegen der geringen Menge an schwereren Elementen in der Sonne im Vergleich zu Wasserstoff und Helium und wegen der dafür zu geringen Temperatur.

Diese Teilchen haben all ihre Energien, die sie durch ihre Temperatur und Geschwindigkeit und weitere Eigenschaften haben, und geben sie im Falle einer Reaktion weiter an die an der Reaktion beteiligten Teilchen. Falls sie vorher eine Bindung mit anderen Teilchen gehabt haben, wird die Bindungsenergie genauso übertragen. Kernfusion ist im Allgemeinen ein sehr langwieriger Prozess und hätte man ein Komposthaufen, der das gleiche Volumen wie die Sonne hat, würde im Komposthaufen mehr Energie freigesetzt werden.

Jedenfalls gehen diese ganzen Produkte wie diese Neutrinos, Protonen teilweise und Alphateilchen direkt aus der Sonne. Das Neutrino sogar sofort, da ihre Masse vermutlich unter einem eV/c2 liegt, aber meist Energien besitzen, die tausendfach stärker sind. So reagieren sie nur äußerst unwahrscheinlich mit einem Teilchen der Sonne, sodass sie die Sonne sofort verlassen können und nicht wie andere Materie und gewöhnliches Licht sich an den Teilchen in der Sonne entlangschlängeln muss.
Andere Materie, auch schwerere Partikel, verlassen die Sonne nicht unbedingt durch Kernfusionsreaktionen, sondern eher durch Eruptionen, Kurzschlüsse im Magnetfeld, welches das Plasma, also die Materie der Sonne allgemein, dann wegen dem Kurzschluss in eine Protuberanz leitet und dann von der Sonne sich abstößt, wenn die Ladungen quer stehen.
So verlassen etwa 1,84 × 1036 Neutrinos pro Sekunde insgesamt die Sonne und auch viele andere Teilchen. Diese sind die Hauptquelle für Neutrinos und generell Kosmische Strahlung auf der Erde.

Der Sternwind von besonders massereicheren und jungen Sternen führt besonders viel Energie mit sich und regt die H-II-Region (Nebel aus Staub und Gas) zum Leuchten durch Rekombination an. Rekombination ist, wenn ionisierte Materie in den Normalzustand zurückkehrt und Licht als Energie freigibt. Diese Nebel nennt man auch Emissionsnebel und der Stern „brennt“ oft eine Kugel in den Nebel hinein und löst diesen über die Zeit auf.

Was wir von der Kosmischen Strahlung messen können

Der Entdecker der Kosmischen Strahlen ist Victor Hess im Jahr 1912. Er unternahm ein Heißluftballonflug, um die Radioaktivität in der Höhe zu messen. Es war eine zufällige Entdeckung und er erwartete eigentlich, dass die Radioaktivität sinken würde, weil er einen größeren Abstand zum Erdkern einnimmt. Also man hatte an Radioaktivität, Strahlung, aus dem All nicht wirklich gedacht – bis dahin.

Die Partikelrate der Kosmischen Teilchen. Die x-Skala zeigt die Energien der Teilchen an, die y-Skala eine Art Wahrscheinlichkeit. Bei ca. 10^11 eV kommt zum Beispiel ein Teilchen pro Sekunde und Quadratmeter an.

Was tatsächlich zur Erde von der Kosmischen Strahlung kommt, ist die Höhenstrahlung. Wenn ein Teilchen, auch genannt Primärteilchen, der Kosmischen Strahlung in der Atmosphäre gelingt, dann trifft dieses Teilchen mit Sicherheit irgendwann auf ein Teilchen der Luft. In diesem Moment reagieren die beiden Teilchen und weil das Teilchen der Kosmischen Strahlung sehr viel Energie mitbringt, zerfallen beide Partikel in kleinere Stücke, die man dann Sekundärteilchen nennt. Diese Partikel haben in der Regel trotzdem noch äußerst viel Energie und spalten sich wieder mit anderen Luftteilchen auf. Weil so immer mehr Sekundärteilchen insgesamt entstehen, entsteht eine Kaskade, eine Kettenreaktion. Dieser Prozess wird deswegen auch „Teilchenschauer“ genannt.

Es gibt hauptsächlich vier moderne Arten die Höhenstrahlung zu messen: Mit Szintillatoren, Tscherenkow-Detektoren, Radiodetektoren und mit Lumineszenzdetektoren.

Das ist einer der Szintillatoren, als Testbau für IceCube (mehr weiter unten). Es nutzt Plastik als Szintillator und das einfallende Licht wird schnell über diese grünlichen Kabel an den Photomulitplier weitergeschickt.
Foto aus einer Werkstatt im KIT Campus Nord bei Leopoldshafen, Foto von ca. 05.03.2020

Szintillatoren sind Detektoren, dessen Moleküle von energiereichen Photonen und anderen Teilchen so angeregt werden, dass sie Photonen abgeben, wenn die energiereichen Partikel durch den Szintillator gehen.

Tscherenkow-Detektoren arbeiten auf der Basis von der Tscherenkow-Strahlung. Sie wird erzeugt, wenn energiereiche Teilchen durch ein Medium blitzen und dabei schneller sind als die spezifische Lichtgeschwindigkeit des Mediums. Die spezifische Lichtgeschwindigkeit eines Mediums ist immer geringer als die konstante Vakuumlichtgeschwindigkeit von 299 792 458 m/s, sodass Teilchen mit viel Energie zwischen beiden Lichtgeschwindigkeiten liegen. Durch geometrische Effekte wird von den Teilchen eine Art Energiestoß freigesetzt, welches ein bläulich schimmerndes Licht freigibt. Dieses wird von Photomultipliern eingefangen, welche das Signal verstärken. Das Licht eines einzelnen Teilchens der Kosmischen Strahlung hebt sich nur für einen kleinen Bruchteil einer Sekunde.

Mit Radioantennen kann man natürlich ebenso nach Partikeln Kosmischer Strahlung Ausschau halten. In dem Fall werden wohl nur elektrisch geladene Teilchen mit den Radiodetektoren aufgespürt.

Lumineszenz-Detektoren sind meistens Teleskope für das sichtbare Licht, welche in die Atmosphäre schauen. Wenn die Teilchen der Kosmischen Strahlung auf z.B. Stickstoff-Moleküle der Luft treffen (Stickstoff ist in der Luft eigentlich nur als N2 vorhanden), dann kommt es zu einer ganz sachten Lumineszenz, welche vermutlich durch ein Rekombinationsleuchten ausgelöst werden. Also wenn Stickstoff von einem höheren Energiezustand zu einem niedrigeren Energiezustand fällt und dabei ein ganz bestimmtes Licht abgeben. Da dieses Licht so schwach ist und auch sehr zeitabhängig ist, also dass das Licht sehr schnell wieder abebbt, muss es extra von lichtempfindlicheren Teleskopen beobachtet werden, die keine Probleme haben ein Licht, welches sich nur für Nanosekunden hebt, zu erfassen. Die Daten hieraus sind ziemlich genau, aber können nur etwa 13 % der Zeit eingesetzt werden, weil es tagsüber viel zu hell ist und ebenso, wenn der Mond scheint.

Die schon reagierten Sekundärteilchen sind durch die hohen Energien, die mit ins Spiel kommen, teilweise exotische Materie, wie die Mesonen, die aus einem Quark und einem Antiquark bestehen, wie zum Beispiel die Pionen oder die Kaonen. Auch exotische Leptonen werden gebildet. Myonen zum Beispiel. Daher gibt es beim Pierre-Auger-Observatorium Myonen-Detektoren auf Szintillator-Basis.

Wenn die Primärteilchen oder Sekundärteilchen auf z.B. Stickstoffmolekül treffen, kann zum Beispiel das Stickstoff ein Proton gestohlen bekommen und so das Kohlenstoff-14-Atom entstehen. Dieses Isotop nehmen die Pflanzen natürlicherweise bei der Photosynthese auf und tragen es über Tier oder direkt in der Nahrungskette zum Menschen.

Wie ich schon vorhin gesagt habe, gehen die Energien der höchstenergetischsten Teilchen der Kosmischen Strahlung bis zu etwa 1021 eV, was für ein einzelnes Teilchen schon sehr viel Energie ist. Man geht von etwa 1 000 Teilchen der Kosmischen Strahlung pro Quadratmeter und Sekunde aus, außer der Sonne und der Neutrinos.

IceCube, angerissen

Die Wohnkuppel von IceCube beim Südpol im Eis
…und jetzt unten drunter IceCube und auf der Oberfläche IceTop.

Ein Beispiel für eine Forschungsbasis für die Kosmische Strahlung ist IceCube. Es liegt direkt in der Antarktis, nur wenige Hundert Meter des Südpols und der Scott-Amundsen-Raumstation entfernt. Dort wird in einem Kubikkilometer unter der Oberfläche Neutrinos gemessen. Also sie haben nicht alles freigegraben, aber viele Hundert Röhren gebohrt, in denen viele Sensoren für die Neutrinos kommen. Auf der Oberfläche haben wir IceTop, welches ähnlich wie das Pierre-Auger-Observatorium mithilfe verschiedener Instrumente die Kosmische Strahlung einfängt. Da wir sie am Südpol laborieren, sind die menschlichen Faktoren kleingehalten.

Eine Übersicht des Standardmodells der Teilchenphysik.

Quellen:

Bildnachweis (gilt auch für den ersten Teil):

Kosmische Strahlung, Teil 1 von 2

Ich bin noch nicht ganz fertig mit dem Beitrag gewesen und etwas Audiovisuelles in ca. 42 Minuten Länge soll noch für YouTube kommen, da habe ich an frühere Zeiten von GSA gedacht und einfach beschlossen, dass ich nun erst den ersten Teil herausgebe und in wenigen Tagen den zweiten Teil und danach dann alles zusammen.

Ja, nun sind wir bei einem der großen Gebiete der Astroteilchenphysik, die aus Astro- und Teilchenphysik besteht, angekommen. Es ist ziemlich umfassend und ich habe daraus eine Präsentation gemacht, die ich hier auf YouTube noch darstellen werde. Anhand dieser Präsentation werde ich nun das Thema als GSA-Artikel verfassen.

Das Titelbild

Im Titelbild sehen wir 6 verschiedene Bilder, die alle etwas mit der kosmischen Strahlung zu tun haben. Im Hintergrund haben wir die Milchstraße als Sternenkarte der Gaia-Weltraumteleskop-Mission, oben rechts haben wir den Krebsnebel, der Supernova-Überrest, der auch Messier 1 heißt. Unten rechts haben wir die Sonne im Röntgenspektrum vermutlich und sehen, wie sie ihre Protuberanzen herausschleudert aufgrund von Magnetfeldkurzschlüsse. Unten links sehen wir das Sternbild Orion mit prächtigen Farben und Strukturen, die unser bloßes Auge so nicht sehen könnte und Oben links/mittig das Herz der Milchstraße zusammengelegt aus Röntgenaufnahmen, Aufnahmen des Infrarot- und sichtbaren Lichts. Oben mittig ca. sehen wir das Hubble Ultra Deep Field, eine Bildgebung aus Tausenden Sterneninseln, auch genannt Galaxien. Der Begriff Sterneninsel soll auf die äußerst große Anzahl der Sterne in einer Galaxie hinweisen.

Sie alle strahlen Kosmische Strahlung ab, so wollen wir also wissen, was Kosmische Strahlung denn eigentlich ist. Klar, es ist eine Strahlung und es kommt aus dem Kosmos, aber was steckt denn nun genau dahinter?

Was ist Kosmische Strahlung, aus was besteht sie?

Kosmische Strahlung ist plump gesagt eine Teilchenstrahlung, also eine Korpuskularstrahlung, aber auch Elektromagnetische Strahlung. Genauer betrachtet sind es aber viele verschiedene Teilchen. Teilchen, die man in jedem Atom und Atomkern findet, oder auch exotischere Materie. Aber zurück zum Einfachen.

Die Kosmische Strahlung kann aus Neutronen, Protonen und Elektronen, Neutrinos und Alphateilchen (Helium-4-Kern: 2 Protonen und 2 Neutronen zusammen) bestehen. Diese sind auch demnach elektrisch geladen und können verschiedene Energien neben ihre eigenen Ruheenergien, welche aber immer gleich sind, haben. Das wäre dann z.B. eine Geschwindigkeit, Druck bei Gas oder auch als Temperatur.

Diese Teilchen kommen aus verschiedenen Prozessen, z.B. aus radioaktiven Zerfällen. Da gibt grundsätzlich drei Varianten: Den α-Zerfall, bei diesem Zerfall wird ein Helium-4-Kern von einem Ausgangskern abgespalten und verlässt dann als Alphateilchen den Mutterkern, wobei der Mutterkern sich ebenfalls physikalisch und chemisch verändert. Es gibt auch zwei verschiedene β-Zerfälle, nämlich Beta-Minus und Beta-Plus. Bei einem Zerfall (Beta-Minus) wird ein Neutron in ein Proton, Elektron und Antielektronneutrino umgewandelt und beim Beta-Plus-Zerfall ein Proton in ein Neutron, Positron und ein Elektronneutrino. Schwerere Atome kommen aus der sogenannten spontanen Kernspaltung zustande, also wenn ein Neutron bewirkt, dass ein großes Atom aus Hunderten von Nukleonen (Teilchen im Atomkern) in zwei ungefähr gleichgroße mittelgroße Atome, sowie zwei oder drei Neutronen, gespalten werden.

Die Kosmische Strahlung oder deren Bestandteile können auch abgelenkt werden, z.B. Alphakerne, die ja doppelt positiv sind, werden von elektromagnetischen Feldern stärker angezogen als bloße Protonen, die nur einfach positiv sind. Auch Photonen also Licht können von Gravitationsfeldern durch ihre bloße Geschwindigkeit und die Raumzeit leicht abgelenkt werden.

Die Energie der einzelnen Teilchen wird oft mit der Einheit Elektronvolt gemessen, seine Abkürzung hierfür ist eV. Definiert ist sie nach der Energie, die ein Elektron bekommt, nachdem es mit einem Volt Beschleunigungsspannung beschleunigt wird. Die Umrechnung hierfür ist: 1 Joule (1 J) ist äquivalent zu etwa 1,6 × 1019 eV, also Elektronvolt. (Rund 160,2 EeV, bzw. Exaelektronvolt wären ein Joule).

Woher kommt die Kosmische Strahlung?

Wir wissen jetzt grob was die kosmische Strahlung ist und wissen aber noch nicht wirklich woher unsere Strahlung kommt. Wenn wir jetzt so nachdenken, was alles diese Protonen und Neutronen und den anderen Sermon freilässt, auf was könnten wir denn so kommen?

Genau! Unsere Sonne zum Beispiel erzeugt durch ihre Fusion eine Strahlung und dessen Material kann auch in der Photosphäre, die Oberfläche der Sonne, sich in den Magnetfeldlinien bewegen. Wenn die Magnetfeldlinien durch einen Kurzschluss sich von der Sonne abstoßen, kann eine große Wolke an Plasma von bevorzugt Wasserstoff und Helium entweichen. Dass sich die Magnetfeldlinien überhaupt kurzschließen können, liegt u.a. an der verschieden großen Rotation der Sonne, die am Äquator stärker als an den Polen ist, welche die Magnetfeldlinien dann mit sich herzieht, weil das Material als Plasma in der Sonne elektromagnetisch geladen ist. Dadurch verändern sich dort fortwährend die Magnetfelder und die Linien können sich so verändern. Das Material, und auch generell Material, was von der Sonne abstrahlt, wird kurz in der Korona der Sonne beschleunigt und kommt so frei. Das ist auch bekannt als Sonnenwind. Weil dies andere Sterne auch tun, ja die Sonne ist auch nur ein Stern, nennt man es generell Sternenwind. Schon haben wir die erste und auch die wichtigste Quelle der kosmischen Strahlung ausfindig gemacht: Es gibt ungefähr 300 Milliarden Sterne in dieser Galaxie, Galaxien sind Sterneninseln mit vielen Milliarden Sternen. Von den Galaxien gibt es wiederum auch so geschätzte 100 Milliarden bis einer Billionen Galaxien, womit wir insgesamt wohl bei um die 100 Trilliarden Sterne wären. Und wie man sich vorstellen kann, kommen da viele Aberillarden von Teilchen zustande.

Weitere Punkte sind Sternexplosionen und Sternimplosionen, wie Supernovae und Kilonovae (und allgemein Novae). In den wenigen Sekunden, für die sie einen solchen Zustand haben, produzieren sie dafür allerdings sehr viel Energie und damit auch viele auswärts wandernde Teilchen.

Auch sogar noch vom Urknall gibt es freie Teilchen, besonders die Neutrinos, denn sie haben im Vergleich zu ihrer Ruhenergie (ihre Teilchenmasse) sehr viel Energie und reagieren damit auch kaum mit gewöhnlicher Materie. Von ihnen sind etwa 343 Stück auf jedem Kubikzentimeter erhalten. Hört sich erstmal nicht sehr viel an, aber im Volumen der Erde befindet sich wiederum etwa 3,7 × 1029 Neutrinos, was viel mehr ist, als die Erde an Masse in Kilogramm besitzt.

Ferner sind auch Planeten Quellen von Kosmischer Strahlung. In ihren Planetenkernen befindet sich radioaktives Material, welches strahlt und damit ebenso Teilchen freisetzt. Hier sind die Energien und die Teilchenraten im Gesamtüberblick ein Witz und wird somit meist gar nicht beachtet.

Quellen:

Bildnachweis (gilt auch für den noch kommenden zweiten Teil):

Die Geschichte der Astronomie, Teil 33

Der erste „freie“ Astronom

Der erste „freie“ Astronom war auch Wissenschaftler und lebte in England, da dort die Wissenschaft, die „sieben freien Künste“, freier und besser gelehrt wurde als im restlichen Europa. So kam es, dass eine Generation von Astronomen noch im Siebzehnten Jahrhundert England eroberte. Zu Beginn war die Astronomie noch nicht mal in London großartig gelehrt, sondern war bisher eher eine Art „Nebenwissenschaft“. Sein Name war Jeremiah Horrocks und dann legen wir mal los.

Von Jeremiah Horrocks ist während seiner Lebens
selbst kein Gemälde erhalten. Bildquelle:
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/
c/cf/JeremiahHorrocks.jpg; William Richard Lavender (1877-1915),
Public domain, via Wikimedia Commons

Er lebte zwischen 1618 und 1641 und wurde in Liverpool geboren, einer Stadt, die für damalige Verhältnisse sehr modern war und nicht einmal 1 000 Einwohner zu der Zeit beherbergte, auch wenn die industrielle Revolution noch weit in den Kinderschuhen lag. Horrocks Eltern waren Puritaner, also Leute, die in England erst seit den 1620ern geduldet sind und zu dieser Zeit noch keine öffentlichen Ämter aufgrund deren Haltung zur anglikanischen Kirche ausüben dürfen. Aus diesem Grund waren die Puritaner zu der Zeit eher Händler und Handwerker, also die Leute, die ein wenig mehr Geld in der Tasche hatten. Der Vater seiner Mutter und der eigene Vater waren Uhrenmacher und handelten sie wahrscheinlich noch mit Handelshochburgen Europas, wie zum Beispiel Pest, Antwerpen oder Nürnberg. Seine Eltern nannten ihren 1621 geborenen Sohn Jonah, scheinbar haben sie eine Vorliebe für Propheten aus dem Alten Testament.

Er genoss wegen seinen Eltern und dem örtlichen Geistlichen Richard Mather eine exzellente Schulbildung, sodass er sogar ein Stipendiat mit 14 Jahren zum Emmanuel College in Cambridge aufgenommen wurde, es galt als das puritanischste College unter allen in Oxford und Cambridge. Er schrieb sich für Mathematik ein, was zu dieser Zeit, ähnlich wie die Astronomie, geringgeschätzt wurde und eher bei Händlern, Mechaniker und Kalendermachern im Gebrauch lag, als in Universitäten. Da das College nur sehr auf Theologie aufgelegt war, konnte sich in der Bibliothek nur mit Mühe Schriften über mathematischen Themen oder astronomischen Themen finden. Dennoch hatte er in seiner Zeit am College viele der astronomischen Neuveröffentlichungen studiert. Während seiner Zeit am College in Cambridge korrespondierte er sogar mit dem Londoner Professoren der Astronomie Herbert Gellibrand am Gresham College dort. Er empfahl ihm ein Buch des belgischen Astronoms Philip Lansberg, welches Horrocks kaufte. Mit den sogenannten Lansbergschen Tafeln versuchte er seine eigenen Planetenbeobachtungen in Einklang zu bringen, was allerdings nicht funktionierte.

1635 verließ er aus ungeklärten Gründen das College, es wird spekuliert, ob er wegen zu schlechten Leistungen das College verlassen musste oder ob vielleicht seine astronomischen Studien für ihn interessanter als das Studium wurden. Einige seiner Freunde am College begründeten später die Royal Society, wie zum Beispiel John Worthington und John Wallis. Im selben Jahr kehrte er wieder in seine Heimat zurück und besorgte sich astronomische Geräte, was ziemlich leicht war, da er sich mit Liverpool an einer Hafenstadt befindet.

Neben dem berühmtesten Astronom Omar Khayyam, welchen wir schon bereits behandelt haben, war auch Jeremiah Horrocks ein Dichter:

Göttlich ist die Hand, die zu Uranias Macht triumphierend die Trophäe hob,
die der Menschheit zuerst das wundersame und kunstvolle Rohr schenkte
und mit edlem Wagemut ihre sterblichen Augen lehrte, die entferntesten Himmel abzusuchen.
Ob der Mensch der Sonnenbahn folgen will oder die nächtliche Wanderung des hell leuchtenden Mondes beobachten;
noch nie zuvor wurde ihm solcher Führer von Jupiter gesandt, keine Hilfe, die im hellsten Licht solche Geheimnisse enthüllte.
Kein Mensch soll mehr mit angestrengten Augen vergebliche versuchen, die Sterne zu erfassen.
Gesegnet mit diesem Instrument sollst Du den Mond vom Himmel herunterholen
und unsere Erde und jeden Himmelskörper an seinem eigenen Platz verorten, wo er seine Bahn erhaben zieht.

Jeremiah Horrocks

Er schloss im Jahr 1636 eine Freundschaft mit dem Amateurastronomen William Crabtree. Er arbeitete in Broughton bei Manchester und empfahl ihm die 1628 veröffentlichten Rudolfinischen Tafeln des Johannes Keplers, die er bereits kannte. Sie waren wesentlich präziser und brachten schlussendlich auch den Erfolg. Es vergingen jedoch in diesem Zeitalter noch mindestens acht Jahre von der Veröffentlichung des Keplers bis zur Nutzung von den ersten Astronomen in Großbritannien.

Im Sommer des Jahres 1639 verließ Horrocks sein Haus in Toxteth, die Ortschaft nahe Liverpool, und zog aus ebenfalls ungeklärten Gründen Much Hoole, bestätigt dadurch, dass seine Briefe ab da an nach Much Hoole geschickt wurden. Es wird angenommen, dass ihm eine neue Stelle als häuslicher Lehrer oder vielleicht als Hilfspfarrer angeboten wurde. Much Hoole liegt ungefähr 29 km nördlich von Liverpool. Much Hoole war allerdings eher ein Bauersdorf, es sollen Hühner und Schweine rumgelaufen sein, die Häuser waren nur niedrig gebaut und Törföfen brannten in den Häusern.

Planetenbahnen studierte Horrocks jahrelang und stellte dabei fest, dass wenn die Venus in ihrer unteren Konjunktion (wenn die Venus etwa auf einer Linie zwischen der Erde und der Sonne steht), es auch zu einem Transit kommen kann, also dass die Venus vor der Sonne aus der Perspektive der Erde entlangläuft. Dies haben wir schon im letzten Eintrag genauer betrachtet. Jedenfalls berechnete Horrocks auch einen Venustransit für den 24. November 1639 (greg.: 04. Dezember) gegen 15 Uhr, wobei seine Berechnungen zeigten, dass der Venustransit vielleicht schon früher eintreten könnte. Deshalb begann er mit der Sonnenbeobachtung ab Mittag dem 03. Dezember. Doch am Vortag gab es keine Spur von der Venus also nahm er an, dass seine Berechnungen korrekt waren und er erst am Nachmittag des 04. Dezembers den Venustransit beobachten würde. Er kontaktierte William Crabtree und seinen Bruder, falls Wolken aufziehen.

Er wurde aufgrund dringender Angelegenheiten (unbekannt was genau für welche) für eine kurze Zeit verhindert und war somit erst etwa kurz nach 15 Uhr für den 04. Dezember wieder für die Observation da. Zu dem Zeitpunkt war bereits die Venus vor der Sonne und er konnte sie also auch gut als eine Art schwarzes und kreisförmiges Loch vor der Sonne wahrnehmen. Weil er Angst hatte, dass seine Beobachtungen als Sonnenfleck ausgelegt werden, hat er seine Beobachtungen äußerst detailliert beschrieben und Messungen des Winkeldurchmessers der Venus durchgeführt. Er schätzte ihn auf 72 Bogensekunden mit einer Fehlertoleranz auf etwa 4 bis 5 Bogensekunden. Der tatsächliche Winkeldurchmesser betrug laut Stellarium etwa 63 Bogensekunden. Er fertigte drei Zeichnungen für den Stand um 15:15, 15:35 und 15:45 an. Die Venus war immer noch nah am Rand der Sonne als Horrocks seine Beobachtungen wegen dem Sonnenuntergang abbrechen musste. Auch um 15:35 konnte William Crabtree in Broughton die Sonne mit der Venus für einige Minuten beobachten und so wertvolle Beobachtungen machen.

Jeremiah Horrocks benutzte diese Beobachtungen von den beiden und verfasste daraus einen Bericht und interpretierte seine Beobachtungen und berechnete die Umlaufbahn der Venus genauer als zuvor und schätzte den Winkeldurchmesser gut ab, wenn die Venus und die Erde sich am nächsten stehen. Basierend darauf, berechnete er die Entfernung Venus – Erde und versuchte daraus die Größe des bis dahin bekannten Sonnensystems zu berechnen. Dazu benutzte er noch die Daten des Merkurtransits von Pierre Gassendi.
Gassendi beobachtete am 07. November 1631 als vermutlich erster Mensch de Welt einen Planetentransit, genauer eben den Merkurtransit, der von Johannes Kepler selbst vorherberechnet war.

Eine komischere Leistung war seine Theorie, dass von der Sonne aus alle (bis dahin bekannten) Planeten denselben Winkeldurchmesser aufweist, wobei ihm selbst klar war, dass das mit dem Mars zum Beispiel nie funktionieren könnte, weil er erstens weiter von der Sonne ist als die Erde und zweitens sogar noch kleiner als die Erde ist.

Durch den Venustransit konnte Horrocks auch die Parallaxe der Sonne bestimmen. Die Parallaxe ist die scheinbare Verschiebung eines Objektes relativ zum Hintergrund durch eine eigene Bewegung. Also wenn z.B. ein naher Fixstern im Januar an einer Stelle relativ zu den anderen Fixsternen am Himmel steht, dann bewegt er sich relativ dazu um ein kleines Bisschen. Vermutlich hat er geprüft, was für eine Bewegung die Venus relativ zur Sonnenscheibe macht und dann, wie die der Sonne ist, oder über die Bewegung der Erde (scheinbar die Sonne) und die der Venus verglichen mit der Sonne. Oder vielleicht die Venus als bekannter bewegender Punk von zwei Orten auf der Welt verglichen mit der Sonne.
Er stellte seinen Wert mit den Werten von Astronomen vor ihm auf:

Es liegt übrigens an methodischen Schwierigkeiten, dass die Werte für die Sonnenparallaxe alle größer waren als heute, denn man hatte z.B. auch sehr oft geschaut wieviel Grad Abstand der Mond zur Sonne hat, wenn Halbmond ist, weil der Winkel kleiner als 90° sein muss, sonst wären wir unendlich weit von der Sonne weg. Da man aber durch die ganzen Gebirge und Krater auf dem Mond nicht genau ermitteln kann, wann exakt Halbmond ist, gibt es da einige Genauigkeitsprobleme mit dieser Methode.

Horrocks verstand, dass Ptolemäus seine Theorien über die Welt und das Sonnensystem sehr umständlich sind und sich damit höchstens Finsternisse erklären lassen. Horrocks entwickelte das Heliozentrische Weltbild maßgeblich weiter. Er begriff, dass die Planeten wie die Erde in Ellipsen, bzw. Kegelschnitte die Sonne umlaufen und dass das Erde-Mond-System genauso aufgebaut ist. Er berechnete die Mondbahn allerdings schon als Ellipse um die Erde, die allerdings von der Sonne gestört wird und somit alljährlich die Mondbahn einmal in alle Richtungen gezogen wird. Über ein Jahrhundert lang wurde diese Formeln für die Mondbahnberechnung genutzt und selbst der spätere Direktor der Royal Society, John Flamsteed, und seine Nachfolger nutzten sie.

Am 03. Januar 1641 starb er plötzlich und unerwartet. Er hinterließ viele Schriften, welche jedoch in den Wirren des britischen Bürgerkriegs 1641 bis 1649 zu einem großen Teil verloren wurden. 1662 konnte jedoch sein Bericht über den Venustransit posthum veröffentlicht werden.

Quellen:

Was sind Wolf-Rayet-Sterne?

Äußerst massereiche O-Sterne, die kurz vor der Supernovadetonation stehen.

Wolf-Rayet-Sterne sind, wie der Name schon sagt Sterne. Doch sind sie zwar Sterne, jedoch sind Sterne äußerst unterschiedlich: Vom Braunen Zwerg und dem Roten Zwerg über die G-Sterne bis hin zu den Blauen Hyperriesen gibt es einen Massenunterschied des über Zweitausendfachens. Die massereichsten Sterne existieren in ihrer ersten Lebensspanne, nämlich in der Hauptreihe, für nur knapp mehr als eine Millionen Jahre, das ist weniger Zeit als die Spanne, in der der Homo Sapiens Sapiens das Feuer zu kontrollieren wusste, wohingegen viel masseärmere Sterne für mehrere Dutzend Jahrbillionen. Auch hier ist die Spanne nicht nur bemerkbar, sondern nicht zu übersehen. Auch in Punkto Oberflächentemperatur unterscheiden sie sich: die allerwinzigsten Braunen Zwergen haben Oberflächentemperaturen von nur um die 100 K, da wären wir um tiefsten Y-Spektrum, bis hin zu Neutronensternen, Pulsare und Magnetare also, und andere O-Sterne, welche über 100 000 K an ihrer Oberfläche heiß sind. Das sind natürlich nur die Extremen. Der Großteil der Sterne variiert aber trotzdem beträchtlich. Jetzt wissen wir, warum die Frage sich zwar selbst beantwortet, aber dies in einer nur ungenügenden Qualität.

In der Bildmitte ist der Wolf-Rayet-Stern WR 22 im Carinanebel zu sehen. Bildquelle: ESO, CC BY 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by/4.0, via Wikimedia Commons; https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/
3/3e/Carina_Nebula_around_the_Wolf%E2%80%93Rayet_star_WR_22.jpg

Sterne strahlen Licht aus, senden also elektromagnetische Strahlung aus. Wenn man durch sein Glasprisma Licht durchlässt, dann zerlegt das Prisma das Licht in die Farben des Regenbogens, in das Spektrum. Durch einen geometrisch-optischen Effekt werden die längeren Wellenlängen anders als kürzere im Prisma gebrochen. Diese Technik in verfeinerte und moderne Form setzt man ein, um das Sternenlicht spektraltechnisch zu analysieren. Bei einigen sehr bestimmten Wellenlängen wird das Licht stark absorbiert und man kann solche Absorptionen klar zu bestimmten Elementen zuordnen. So kann man Sterne kategorisieren. Masse, Radius, Temperatur, Leuchtkraft und Spektrum von bestimmten Sternengruppen gehen meist einher. Den verschiedenen Kategorien haben die Astronomen Großbuchstaben zugeordnet: O-B-A-F-G-K-M. Die Wolf-Rayet-Sterne, oder auch WR-Sterne abgekürzt, 3 Sterne des Sternbild Schwans konnten die französischen Astronomen Georges Antoine Pons Rayet und Charles Joseph Etienne Wolf jedoch zu keinem Sternentypen einordnen und teilten sie deswegen einer von ihnen neu erdachten Kategorie „W“ ein. W wie Wolf-Rayet.

Wolf und Rayet und bisschen Geschichte

Deren ersten Zusammenarbeit fand bei der fotografischen Beobachtung der totalen Mondfinsternis am 04. Oktober 1865 statt.

Georges Antoine Pons Rayet wurde am 12. Dezember 1839 in Gironde bei Bordeaux geboren und besuchte keine Schule innerhalb der ersten 14 Jahre. Seine Familie zog nach Paris und er wurde mit seinem zwanzigsten Lebensjahr in eine École Normale Supérieur eingeschrieben, schon 1862 erhielt er sein Physik-Diplom und arbeitete kurz darauf am Pariser Observatorium für den Wetterdienst. Zu dem Zeitpunkt war Urbain J. J. Leverrier Direktor des Observatoriums und geriet nach fast einem Jahr mit Rayet in einen Streit über eine Vorhersage eines Sturms und infolgedessen wurde ihm, Rayet, gekündigt. Später wurde er wiedereingestellt. Ab 1876 wurde Rayet Professor für Astronomie und Observatoriumsdirektor von Bordeaux. 1879 wurde er Direktor des Obseravtoriums in Floriac (bei Bordeaux), welches durch u.a. eine Personalunion mit der Sternwarte von Bordeaux zusammenhing. Rayet verstarb am 14. Juni 1906 in Bordeaux.

Charles Joseph Etienne Wolf wurde am 09. November 1827 geboren und ebenfalls die École Normale Supérieur ab 1848 und schloss sein Studium 1851 mit dem Physik-Diplom ab. 1856 promovierte er an der Universität Montpellier über das Thema der Kapillarität als Funktion der Temperatur. Nach dem widmete er sich der Spektroskopie so wie oben angedeutet. Leverrier bot ihm ebenfalls eine Anstellung an seinem Observatorium an. Er untersuchte spektroskopisch die Nova von T CrB (Sternbild: Corona Borealis, Nördliche Krone) vom 20. Mai 1866. Dann entdeckte Wolf und Rayet zusammen drei Sterne im Schwan mit der 8. Größenklasse mit dem „W“-Spektrum. Er stellte später mit seinen astrometrischen Arbeiten einen Sternenkatalog der Sterne aus den Pleiaden an. 1883 wurde Wolf Mitglied der Pariser Akademie der Wissenschaften und 1898 sogar noch Präsident von deren. Am 04. Juli 1918 verstarb auch Wolf in Saint Servan, Ille-et-Vilaine.

Das Wesen der Wolf-Rayet-Sterne

WR-Sterne sind wirklich Giganten, sie sind sehr leuchtstark und haben viel Masse und haben unglaubliche Temperaturen, sogar auf der Oberfläche. Sie existieren aber auch nur für maximal 4 Millionen Jahre, was im Vergleich zur Sonne, die schon deutlich über 4 Milliarden Jahre noch nicht einmal zur Hälfte existiert hat, sehr kurz ist. Charakteristisch für WR-Sterne sind etwa 20 Sonnenmassen (ca. 4 × 1031 kg) und darüber. Teilweise haben sie sogar Massen von über 100 Sonnenmassen. Ihre Radien sind im Vergleich zur Sonne dahingegen geringer: von zwischen drei und 25 Sonnenradien ist meist die Rede. Ihre Oberflächentemperaturen liegen wirklich in der Extreme: die Temperaturskala für WR-Sterne beginnt erst bei 30 000 Kelvin bei ihrer Oberfläche. Sie strahlen also sehr viel im UV-Bereich ab und im sichtbaren Bereich nur stark bläulich. WR-Sterne sind das Endstadium der Sterne, die in der Hauptreihe den Spektraltyp O innehatten.

WR-Sterne zeigen bis zu 100 Å (10 nm) Einschnitte von Spektrallinien, also Emissionen, nahezu schon fast ganze Bänder. Der Ursprung der Emissionslinien liegt bei hochionisiertem Sauerstoff, Stickstoff, Kohlenstoff, Neon usw. Planetarische Nebel haben ähnlich Muster. Das liegt daran, dass die Emissionslinien von seinen expandierenden Hüllen kommen, deshalb werden sie auch des Öfteren Hüllensterne genannt. Diese Hüllen werden von der harten UV-Strahlung, nein Bestrahlung, vom Kern ionisiert und dabei zum Leuchten (Rekombinationsleuchten, Leuchten das bei der Rekombination entsteht) angeregt. Bei den meisten WR-Sternen kann man die Hüllen nicht direkt sehen. Tatsächlich ist jedoch jeder zehnte Wolf-Rayet-Stern das Zentrum eines Planetarischen Nebels.

Die Hüllen der WR-Sterne expandieren mit wenigen Tausend Kilometern pro Sekunde nach außen, werden dabei aber nicht nur von dem Strahlungsdruck der hochenergetischen Photonen nach außen befördert, sondern auch der Sternenwind des WR-Sterns. Dabei habe ich gerade massiv untertrieben, denn eigentlich ist es ein regelrechter Teilchensturm, diese Korpuskularstrahlung von den WR-Sternen, denn durch Sternenwind verlieren sie eine Sonnenmasse pro Hunderttausend oder Zehntausend Jahre. Sie rotieren auch sehr schnell. Trotz ihrer 3 bis 25fachen Sonnenradien Größe können sie einmal in 20 Stunden ungefähr um sich selbst rotieren. An der Oberfläche beträgt die Rotationsgeschwindigkeit auch somit bis zu 300 km/s, was immerhin 0,1 Prozent der Lichtgeschwindigkeit ist. Unsere Sonne bewegt sich einmal in ca. 25 Tage um sich (am Äquator schneller als an den Polen) und schafft somit ca. 2 km/s was sogar der Erde mit ihrer Rotationsgeschwindigkeit ähnelt.

Ihr Spektrum kann sich in drei Unterklassen einteilen, je nachdem welches Element im Spektrum überwiegt: WC (für Kohlenstoff), WN (für Stickstoff), WO (für Sauerstoff). In welche Unterklasse ein WR-Stern eingeordnet wird, hängt von seiner Masse ab. WC-Typen zwischen ca. 25 und 60 Sonnenmassen schleudern erst im Stadium des Helium-Brennens ihre Hüllen ab. Dieses Stadium ist vergleichbar mit Roten Riesensternen, die erst deswegen Rote Riesen geworden sind, da ihre Kerntemperatur dafür passte das Helium-Brennen mit einem Helium-Blitz zu beginnen. WN-Sterne haben Massen über 60 Mal der der Sonne und blasen bereits beim Wasserstoffbrennen im Kern ihre Hülle ab. WO-Sterne gibt es nur sehr selten und verlässliche Daten gibt es kaum, aber ihre Emissionslinien weisen auf hochionisierten Sauerstoff (O IV) hin.

File:Wr137 spc.png
Das Spektrum des Wolf-Rayet-Sterns WR 137, ein Stern des Typs WC7. Wellenlängen in Ångstroem gemessen (1 Å = 0,1 nm). Bildquelle: Gypaete at French Wikipedia, Public domain, via Wikimedia Commons; https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/d/d6/Wr137_spc.png

Ihr kurzes Dasein endet in einer Supernova vom Typ Ib oder Ic, also ihr Wasserstoff ist aufgebraucht (im Falle der WR-Sterne vom Sternenwind einfach weggeblasen) und der Kern erzeugt nicht mehr genügend Energie und die Massen außerhalb vom Stern krachen in den Kern, dann gibt es eine Schockwelle, bei der sehr viel Sternenmaterie freigesetzt wird, der Kern wird bei den Supernovae, die vorher WR-Sterne waren, sehr wahrscheinlich immer zu stellaren Schwarzen Löchern.
Zuvor verlaufen massereiche WR-Sterne das Stadium der Hauptreihe als Spektraltyp O und wenn ihr Wasserstoff nach wenigen Millionen Jahren im Kern aufgebraucht wird, wandeln sich diese Sterne ins LBV-Stadium ein (das steht für Leuchtkräftigen Blauen Veränderlichen) und nach Masseverlusten zu WN, danach zu WC und anschließend eine Supernova vom Typ Ic.
Für weniger massereiche O-Sterne, also etwa unter 30 Sonnenmassen sieht der Weg etwas anders aus: Nach dem die „kleinen“ O-Sterne die Hauptreihe verlassen gehen sie in das LBV-Stadium über, werden anschließend Rote Überriesen und danach zu einem WN-Stern und folgend die Supernova vom Typ Ib. WR-Sterne sind damit die Sterne die auch die meisten supernovagefährdet sind.

Beispiele

Man dachte ursprünglich, dass WR-Sterne nur Komponente eines Mehrfachsternsystems sein können. Das ist jedoch nicht korrekt, denn es gibt auch viele WR-Sterne mittlerweile, die nachweislich keinen Partner haben (oder man noch keinen Partner entdeckt hat). Also schauen wir uns mal 4 Beispiele von bekannten WR-Sternen an.

γ Velorum

γ Velorum ist ein Stern erster Größenklasse (1,8 mag) und ist auch bekannt als Regor und Suhail al-Muhlif, liegt also im Sternbild Vela (Segel) und liegt für die mittleren Breiten hier in Mitteleuropa nur um knapp 10 Grad zu tief, sodass er von uns aus nicht gesehen werden kann. Suhail ist ein optischer Doppelstern, welche zwei Komponente spektrografische Doppelsterne (also „echte“) sind. γ Vel A oder γ2 Vel besteht aus einem 30 Sonnenmassen schweren O7,5III~V-Stern, also ein Blauer Riese, mit einer Leuchtkraft wie 280 Tausend Sonnen und sein Partner der WR-Stern ist ein WC8-Stern mit 9 Sonnenmassen und 170 Tausend Sonnenleuchtkräften, wobei das Spektrum vom WC8-Stern (γ Vel AB) überwiegt. γ Vel B ist ebenfalls ein spektrografischer Doppelstern, wobei die Hauptkomponente ein Blauer Riese (B2III) mit einem bisher noch nicht direkt bestätigten Partner ist. Wobei A 1 120 Lichtjahre weit weg liegt und B 920 Lichtjahre.

WR 124

Datei: M1-67 & WR124.png
Der Nebel M1-67 umgibt den Stern WR 124. Der Nebel liegt in der Größenordnung von 6 Lichtjahren im Durchmesser und besteht aus hochionisierter Sternenmaterie, Sternenwind und ehemaliger Hülle, hauptsächlich Wasserstoff. Eine H-Alpha-Aufnahme. Bildquelle: Judy Schmidt, CC0, via Wikimedia Commons; https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/c6/M1-67_%26_WR124.png

Der WR-Stern WR 124 ist umgeben von einem Planetarischen Nebel, der aus seinen expandierenden Hüllen und Sternenwind stammt, örtlich begrenzt haben sich größere Klumpen im Nebel gefunden und der Nebel ist den Ursachen des Entstehens nach ein Rekombinationsnebel, der angetrieben vom krassen Sternenwind und der harten UV-Strahlung. Seine Entfernung zur Erde ist ungewiss, Schätzungen und Messungen zeigen eine Entfernung von fast 11 000 bis 41 000 Lichtjahre. Aufgrund dessen ist seine Leuchtkraft ebenso ungewiss, hier reichen die Schätzungen von 150 000 Sonnenleuchtkräfte bis zu einer Million. Das hängt auch von der nicht genau bekannten Entfernung zusammen. Er ist schon 8,6 Millionen Jahre alt und etwa 15 % Wasserstoff ist noch in ihm, seine Oberflächentemperatur beträgt etwa 39 800 Kelvin. Er ist ein Einfachstern und einer der hellsten Sterne der Milchstraße.

V444 Cygni

Das Doppelsternsystem V444 Cygni wurde 1937 entdeckt und ab 1940 von Gaposchkin als Doppelstern wahrgenommen. V444 Cygni ist ein Bedeckungsveränderlicher Doppelstern und in dem System umkreisen sich ein O6II~V und ein WN5 in 4 Tagen 5 Stunden und sechs Minuten, wobei 24 Stunden lang in einem Umlauf der O6-Stern vom WR-Stern bedeckt wird und somit die Helligkeit vom O6-Stern fehlt und dieser Stern bedeckt die Wolf-Rayet-Komponente für etwa 12 Stunden damit in einem Zyklus nochmals die Helligkeit kurzzeitig abfällt. Das System befindet sich ungefähr 4 400 LJ von uns entfernt und hat eine Helligkeit von ca. 8,0 mag.

WR 93b

Der Stern WR 93 b ist ein sehr seltener Stern des WO-Typs und liegt im Sternbild des Skorpions, genauer: WO3. Der Stern ist etwa 8 700 LJ entfernt, wobei die Unsicherheit hier im Bereich von 7 400 bis 10 600 Lichtjahren liegt. Bisher wurden nur 4 WO-Sterne in der Milchstraße entdeckt und 5 in anderen Galaxien, was insgesamt 9 bekannte WO-Sterne ergibt. Er besitzt ungefähr 8 Sonnenmassen, aber hat nur einen Radius von gerade mal 44 % der Sonne (!), er hat eine Temperatur von 160 000 Kelvin (!!) und eine Leuchtkraft von ungefähr 118 000 Sonnenleuchtkräften. Sein Licht wird vom Interstellaren Medium und Gas- u. Staubwolken zu etwa 99,75 % geschluckt, der Stern erscheint also im sichtbaren Licht etwa 6,5 mag dunkler als er eigentlich wäre. Er wäre ein Gamma-Ray-Burst-Kandidat bei seiner drohenden und anbahnenden Supernova, die vermutlich in den nächsten Hunderttausenden von Jahren passieren wird.

R136a1 ist übrigens auch ein WR-Stern, er hat ein Spektrum von WN5h und besitzt 215 Sonnenmassen, was eigentlich viel zu viel für die gängigen Massenobergrenz-Theorien bei Sternen ist, aber scheinbar trotzdem möglich ist. Er verliert durch den Sternenwind in etwa 5 000 bis 6 000 Jahren eine Sonnenmasse, was sehr extrem ist. Seit beginn soll er so schon 36 Sonnenmassen durch den Sternwind abgegeben haben.

Ihr Verbleib

Bis heute wurden schon über 300 WR-Sterne entdeckt und man schätzt, dass es insgesamt um die 2000 von ihnen in der Milchstraße verteilt sind, also sind Wolf-Rayet-Sterne sehr selten, da allein die Milchstraße schon mindestens 300 Milliarden Sterne beherbergt. Man hat also dennoch schon viele von ihnen vermutlich gefunden. Das liegt u.a. daran, dass WR-Sterne auch sehr hell sind, fast wie Leuchttürme in einem Ozean voller Sterne.

Quellen:

Schaut auch mal in das Video von Yggis Komos herein: https://www.youtube.com/watch?v=AIdE9ThtQhc